Sind Autos überlebenswichtig, Investmentfonds unverzichtbar? Die
indische Umweltaktivistin Vandana Shiva, ausgezeichnet mit dem alternativen
Nobelpreis, plädiert im Interview mit SPIEGEL ONLINE dafür, neue Prioritäten zu
setzen - und Bäume zu pflanzen.
SPIEGEL ONLINE: Frau Shiva, haben Sie als Umweltaktivistin und
Feministin Verständnis dafür, dass viele Menschen in Deutschland gerade die
Frage umtreibt, wer die Wahl zu "Germany's Next Topmodel" gewonnen hat?
Vandana Shiva: Nein, was diesen Teil des Lebens anbelangt, bin ich
wirklich ignorant. Top-Models könnten an mir vorbeilaufen, und ich würde sie
nicht erkennen. Nach Super-Models zu suchen, während das Klima und die
Weltwirtschaft im Chaos versinken, ist so, als würde Nero fiedeln, während Rom
brennt.
[Blockierte Grafik: http://www.spiegel.de/img/0,1020,1531188,00.jpg]
Vandana Shiva: Die Umweltaktivistin und alternative Nobelpreisträgerin zu
Besuch beim 32. Deutschen Evangelischen Kirchentag in
Bremen
SPIEGEL ONLINE: Welchen Eindruck haben Sie von
Deutschland?
Shiva: Ich war schockiert, dass die Regierung - um die sogenannte
Wirtschaft am Laufen zu halten - den Menschen 2500 Euro Unterstützung zahlt,
damit sie ihr Auto zerstören, damit die Industrie weiter Autos bauen kann. Aber
woher kommt das Aluminium für diese Autos? Ich arbeite mit Gemeinden in Indien,
die gegen Aluminium-Erz-Minen und gegen neue Stahlwerke kämpfen.
SPIEGEL ONLINE: In Deutschland ist die Stahlindustrie in der Krise
...
Shiva: ... bei uns wird Stahl hergestellt, auf unserem Ackerland. Wenn
ich hier grüne Landstriche sehe, muss ich an ehemals schöne Gegenden in Indien
denken, die zerstört wurden, um die Konsummaschinerie am Laufen zu halten.
SPIEGEL ONLINE: Wie lässt sich dieser Prozess Ihrer Meinung nach
aufhalten?
Shiva: Wir können Schlimmeres verhindern, wenn wir uns entscheiden,
bewusst und verantwortungsvoll zu leben. Wenn wir unser Verhalten nicht ändern,
wird unser Planet weiter zerstört. Den Menschen werden die Lebensgrundlagen
entzogen, die Gesellschaft kommt ins Wanken. Die meisten Konflikte, wie in Sri
Lanka oder im Swat-Tal, sind Nebeneffekte unseres Wirtschaftmodells, das so
gierig nach Rohstoffen ist, dass es anderen die Ressourcen stiehlt. Und die
Bestohlenen werden sich erheben. Man hat eine ökologische Zeitbombe und die
ökonomische - und man weiß nicht, welche zuerst explodiert.
SPIEGEL ONLINE: Martin Luther wird das Zitat zugeschrieben: "Wenn ich
wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute ein Apfelbäumchen
pflanzen." Haben Sie schon einen Apfelbaum gepflanzt?
Shiva: Ich habe schon viele Pflanzensamen gesammelt. Und je
verzweifelter ich werde, umso mehr Samen sammele ich und setze sie ein. Und
eines ist sicher: Der Drang in mir, biologische Vielfalt zu wahren, örtliche
Landwirtschaft zu schützen und den ärmsten Menschen ihre Lebensgrundlagen zu
sichern, wächst proportional mit der Zerstörungswut der globalen Wirtschaft.
SPIEGEL ONLINE: Sehen Sie die Gefahr, dass die ökologische Krise jetzt
wegen der ökonomischen Krise vernachlässigt wird?
Shiva: Wir konzentrieren uns sicherlich zu sehr auf die ökonomische
Krise - natürlich auch, weil die Regierungen und die Automobilindustrie sie als
den Anfang vom Ende darstellen. Als würde die Welt ohne Banken und Autobauer
zusammenbrechen. Dabei verkauft die Automobilindustrie zu viele Wagen, die
keiner wirklich braucht, und die Banken spekulieren ständig mit neuen Papieren.
Statt das zu korrigieren, wird alles getan, um rettend einzugreifen. Das ist so,
als hätte ein Luftballon ein Loch, und man pustet trotzdem weiter Luft hinein.
Aber ein kaputter Ballon ist kaputt.
SPIEGEL ONLINE: Wir müssen uns also von Limousinen und
Investment-Fonds verabschieden?
Shiva: Die Krise zeigt uns, das stetige Anhäufen von
materiellen Dingen ist vorbei. Nun kann man entweder in Panik geraten oder man
kann sagen, gut, dass das vorbei ist - nun kann ich mich darauf konzentrieren,
ein wirklich glückliches Leben zu führen.
SPIEGEL ONLINE: Die Krise als - letzte - Chance? DDP
Shiva: Genau, aber Regierungen und Unternehmen sind zu schwerfällig,
um Alternativen zu entwickeln. Es ist wie bei einer schweren Maschine, die
einmal in Gang ist. Es sind die einfachen Bürger, die andere Ideen haben und
sich für diese einsetzen müssen.
SPIEGEL ONLINE: Und wie könnte das Engagement der Bürger aussehen?
Shiva: Gärtnern kann die Welt retten. Wir sind an einem Punkt, an dem
Gartenarbeit viel ändern kann - materiell, emotional und politisch. Jeder sollte
gärtnern. Für die Menschen, die keinen Platz haben, müssten die Gemeinden dafür
öffentlichen Raum schaffen - statt neuer Parkplätze. Im Krieg wurden hier in
Deutschland auch an den Rändern der Städte große Gärten angelegt, damit sich die
Menschen ernähren konnten.
SPIEGEL ONLINE: Ihre Kritiker nennen das naiv - genau wie die
"Erd-Demokratie", für die Sie kämpfen, die eine Form des gleichberechtigten
Zusammenlebens für Mensch, Tier und Pflanze vorsieht.
Shiva: Das ist nicht naiv, das ist die Art, wie unser Planet
funktioniert. Andere Lebewesen schaffen die Grundlagen für unser Leben, darum
haben sie ein Recht auf Gleichberechtigung. Bäume beispielsweise geben uns den
lebensnotwendigen Sauerstoff und haben ein Recht auf Wasser. Es ist dumm und
arrogant, zu sagen, der Boden, das Wasser, die Luft - all das gehört den
Menschen. Denn damit zerstören wir unsere Lebensgrundlagen. Besonders Männer mit
Macht sind gut darin - sie haben uns auch in die momentane Krise gebracht.
SPIEGEL ONLINE: Unterstützen Sie also die These, wenn Frauen die Welt
regierten, gäbe es weniger Kriege?
Shiva: Eine kategorische Ersetzung von Männern durch Frauen
ist nicht die Lösung. Man könnte hundert Margret Thatchers haben und hätte mehr
Kriege als jetzt. Was wir brauchen, ist eine bessere Verbindung eher weiblicher
Kompetenzen wie zum Beispiel Fürsorglichkeit mit der Politik. Die Fähigkeit,
sich zu kümmern, ist bei Frauen besser ausgebildet, aufgrund der vorherrschenden
Arbeitsteilung. Wir brauchen Frauen, die sich diese Qualität erhalten haben und
dadurch Entscheidungen anders treffen. Wir brauchen Menschen an der Macht, die
sich um die Umwelt, die Menschen und die Gesellschaft kümmern.
SPIEGEL ONLINE: Inzwischen nehmen Frauen zunehmend politische
Führungspositionen ein, wie Angela Merkel oder Hillary Clinton. Verändern die
Frauen die Politik oder verändert die Politik die Frauen?
Shiva: Bisher hat die Politik die Frauen verändert. Die Strukturen
bestimmen zu stark, was eine Person in einer bestimmten Position tut. Frauen,
die an die Macht gekommen sind, konnten das nicht ändern, aber Frauen an der
Basis können daran rütteln. Das Engagement von Frauen ist die stärkste
politische Kraft, die wir im Moment auf der Welt haben.
SPIEGEL ONLINE: Obwohl Sie wirklich viel leisten, stehen andere Frauen
stärker im Rampenlicht, beispielsweise Michelle Obama oder Oprah Winfrey. Ist
das nicht ungerecht?
Shiva: Das ist kein Problem für mich. Schließlich tötet Oprah Winfrey
nicht unsere Bauern - sie hat nur eine Talkshow. Es wäre aber nett, wenn sie in
ihrer Talkshow über die Selbstmorde von indischen Bauern in Verbindung mit
Monsantos patentiertem Saatgut bringen würde.
SPIEGEL ONLINE: Ihr Kampf für eine andere Gesellschaftsordnung scheint
aussichtslos - was treibt Sie trotzdem immer weiter an?
Shiva: Mein Herz treibt mich, mein Bewusstsein, mein Geist.
Was ich tue, tue ich nicht aus irgendeinem unechten Grund, sondern weil es
einfach zwingend notwendig ist. Und dann fließt automatisch die ganze Energie
des Universums hinein. Außerdem binde ich meinen Widerstand an kreative
Alternativen, die täglich umgesetzt werden können. Samen wachsen zu sehen und
sagen zu können, wenn ich morgen nicht mehr da bin, wachsen sie trotzdem weiter
- das ist befriedigend.
SPIEGEL ONLINE: Gibt es etwas, worauf Sie verzichten müssen, um sich
mit diesem Einsatz für Ihre Vision zu engagieren?
Shiva: Ich bin von Beruf Physikerin und musste diese Leidenschaft
opfern, um mein jetziges Leben zu führen. Auch ich muss Grenzen akzeptieren -
der Tag hat nur 24 Stunden und mein Körper hat ein Limit. An manchen Tagen
vermisse ich die Physik, das intellektuelle Spiel. Aber es wäre schrecklich
egoistisch, mich in meinen Lieblingsgedankenspielen zu verlieren, während die
Welt untergeht.
"
Vandana Shiva wurde
1952 im nordindischen Dehradun geboren. Die studierte Physikerin verzichtete auf
eine wissenschaftliche Karriere und machte sich einen Namen als
Umweltschützerin, Bürgerrechtlerin und Feministin. Ihr Fokus liegt auf dem Kampf
für Artenvielfalt und gegen Biopatente. 1993 wurde sie mit dem Alternativen
Nobelpreis ausgezeichnet.
Tolle Frau, finde ich....
Eule4
indische Umweltaktivistin Vandana Shiva, ausgezeichnet mit dem alternativen
Nobelpreis, plädiert im Interview mit SPIEGEL ONLINE dafür, neue Prioritäten zu
setzen - und Bäume zu pflanzen.
SPIEGEL ONLINE: Frau Shiva, haben Sie als Umweltaktivistin und
Feministin Verständnis dafür, dass viele Menschen in Deutschland gerade die
Frage umtreibt, wer die Wahl zu "Germany's Next Topmodel" gewonnen hat?
Vandana Shiva: Nein, was diesen Teil des Lebens anbelangt, bin ich
wirklich ignorant. Top-Models könnten an mir vorbeilaufen, und ich würde sie
nicht erkennen. Nach Super-Models zu suchen, während das Klima und die
Weltwirtschaft im Chaos versinken, ist so, als würde Nero fiedeln, während Rom
brennt.
[Blockierte Grafik: http://www.spiegel.de/img/0,1020,1531188,00.jpg]
DDP
Vandana Shiva: Die Umweltaktivistin und alternative Nobelpreisträgerin zu
Besuch beim 32. Deutschen Evangelischen Kirchentag in
Bremen
SPIEGEL ONLINE: Welchen Eindruck haben Sie von
Deutschland?
Shiva: Ich war schockiert, dass die Regierung - um die sogenannte
Wirtschaft am Laufen zu halten - den Menschen 2500 Euro Unterstützung zahlt,
damit sie ihr Auto zerstören, damit die Industrie weiter Autos bauen kann. Aber
woher kommt das Aluminium für diese Autos? Ich arbeite mit Gemeinden in Indien,
die gegen Aluminium-Erz-Minen und gegen neue Stahlwerke kämpfen.
SPIEGEL ONLINE: In Deutschland ist die Stahlindustrie in der Krise
...
Shiva: ... bei uns wird Stahl hergestellt, auf unserem Ackerland. Wenn
ich hier grüne Landstriche sehe, muss ich an ehemals schöne Gegenden in Indien
denken, die zerstört wurden, um die Konsummaschinerie am Laufen zu halten.
SPIEGEL ONLINE: Wie lässt sich dieser Prozess Ihrer Meinung nach
aufhalten?
Shiva: Wir können Schlimmeres verhindern, wenn wir uns entscheiden,
bewusst und verantwortungsvoll zu leben. Wenn wir unser Verhalten nicht ändern,
wird unser Planet weiter zerstört. Den Menschen werden die Lebensgrundlagen
entzogen, die Gesellschaft kommt ins Wanken. Die meisten Konflikte, wie in Sri
Lanka oder im Swat-Tal, sind Nebeneffekte unseres Wirtschaftmodells, das so
gierig nach Rohstoffen ist, dass es anderen die Ressourcen stiehlt. Und die
Bestohlenen werden sich erheben. Man hat eine ökologische Zeitbombe und die
ökonomische - und man weiß nicht, welche zuerst explodiert.
SPIEGEL ONLINE: Martin Luther wird das Zitat zugeschrieben: "Wenn ich
wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute ein Apfelbäumchen
pflanzen." Haben Sie schon einen Apfelbaum gepflanzt?
Shiva: Ich habe schon viele Pflanzensamen gesammelt. Und je
verzweifelter ich werde, umso mehr Samen sammele ich und setze sie ein. Und
eines ist sicher: Der Drang in mir, biologische Vielfalt zu wahren, örtliche
Landwirtschaft zu schützen und den ärmsten Menschen ihre Lebensgrundlagen zu
sichern, wächst proportional mit der Zerstörungswut der globalen Wirtschaft.
SPIEGEL ONLINE: Sehen Sie die Gefahr, dass die ökologische Krise jetzt
wegen der ökonomischen Krise vernachlässigt wird?
Shiva: Wir konzentrieren uns sicherlich zu sehr auf die ökonomische
Krise - natürlich auch, weil die Regierungen und die Automobilindustrie sie als
den Anfang vom Ende darstellen. Als würde die Welt ohne Banken und Autobauer
zusammenbrechen. Dabei verkauft die Automobilindustrie zu viele Wagen, die
keiner wirklich braucht, und die Banken spekulieren ständig mit neuen Papieren.
Statt das zu korrigieren, wird alles getan, um rettend einzugreifen. Das ist so,
als hätte ein Luftballon ein Loch, und man pustet trotzdem weiter Luft hinein.
Aber ein kaputter Ballon ist kaputt.
SPIEGEL ONLINE: Wir müssen uns also von Limousinen und
Investment-Fonds verabschieden?
Shiva: Die Krise zeigt uns, das stetige Anhäufen von
materiellen Dingen ist vorbei. Nun kann man entweder in Panik geraten oder man
kann sagen, gut, dass das vorbei ist - nun kann ich mich darauf konzentrieren,
ein wirklich glückliches Leben zu führen.
SPIEGEL ONLINE: Die Krise als - letzte - Chance? DDP
Shiva: Genau, aber Regierungen und Unternehmen sind zu schwerfällig,
um Alternativen zu entwickeln. Es ist wie bei einer schweren Maschine, die
einmal in Gang ist. Es sind die einfachen Bürger, die andere Ideen haben und
sich für diese einsetzen müssen.
SPIEGEL ONLINE: Und wie könnte das Engagement der Bürger aussehen?
Shiva: Gärtnern kann die Welt retten. Wir sind an einem Punkt, an dem
Gartenarbeit viel ändern kann - materiell, emotional und politisch. Jeder sollte
gärtnern. Für die Menschen, die keinen Platz haben, müssten die Gemeinden dafür
öffentlichen Raum schaffen - statt neuer Parkplätze. Im Krieg wurden hier in
Deutschland auch an den Rändern der Städte große Gärten angelegt, damit sich die
Menschen ernähren konnten.
SPIEGEL ONLINE: Ihre Kritiker nennen das naiv - genau wie die
"Erd-Demokratie", für die Sie kämpfen, die eine Form des gleichberechtigten
Zusammenlebens für Mensch, Tier und Pflanze vorsieht.
Shiva: Das ist nicht naiv, das ist die Art, wie unser Planet
funktioniert. Andere Lebewesen schaffen die Grundlagen für unser Leben, darum
haben sie ein Recht auf Gleichberechtigung. Bäume beispielsweise geben uns den
lebensnotwendigen Sauerstoff und haben ein Recht auf Wasser. Es ist dumm und
arrogant, zu sagen, der Boden, das Wasser, die Luft - all das gehört den
Menschen. Denn damit zerstören wir unsere Lebensgrundlagen. Besonders Männer mit
Macht sind gut darin - sie haben uns auch in die momentane Krise gebracht.
SPIEGEL ONLINE: Unterstützen Sie also die These, wenn Frauen die Welt
regierten, gäbe es weniger Kriege?
Shiva: Eine kategorische Ersetzung von Männern durch Frauen
ist nicht die Lösung. Man könnte hundert Margret Thatchers haben und hätte mehr
Kriege als jetzt. Was wir brauchen, ist eine bessere Verbindung eher weiblicher
Kompetenzen wie zum Beispiel Fürsorglichkeit mit der Politik. Die Fähigkeit,
sich zu kümmern, ist bei Frauen besser ausgebildet, aufgrund der vorherrschenden
Arbeitsteilung. Wir brauchen Frauen, die sich diese Qualität erhalten haben und
dadurch Entscheidungen anders treffen. Wir brauchen Menschen an der Macht, die
sich um die Umwelt, die Menschen und die Gesellschaft kümmern.
SPIEGEL ONLINE: Inzwischen nehmen Frauen zunehmend politische
Führungspositionen ein, wie Angela Merkel oder Hillary Clinton. Verändern die
Frauen die Politik oder verändert die Politik die Frauen?
Shiva: Bisher hat die Politik die Frauen verändert. Die Strukturen
bestimmen zu stark, was eine Person in einer bestimmten Position tut. Frauen,
die an die Macht gekommen sind, konnten das nicht ändern, aber Frauen an der
Basis können daran rütteln. Das Engagement von Frauen ist die stärkste
politische Kraft, die wir im Moment auf der Welt haben.
SPIEGEL ONLINE: Obwohl Sie wirklich viel leisten, stehen andere Frauen
stärker im Rampenlicht, beispielsweise Michelle Obama oder Oprah Winfrey. Ist
das nicht ungerecht?
Shiva: Das ist kein Problem für mich. Schließlich tötet Oprah Winfrey
nicht unsere Bauern - sie hat nur eine Talkshow. Es wäre aber nett, wenn sie in
ihrer Talkshow über die Selbstmorde von indischen Bauern in Verbindung mit
Monsantos patentiertem Saatgut bringen würde.
SPIEGEL ONLINE: Ihr Kampf für eine andere Gesellschaftsordnung scheint
aussichtslos - was treibt Sie trotzdem immer weiter an?
Shiva: Mein Herz treibt mich, mein Bewusstsein, mein Geist.
Was ich tue, tue ich nicht aus irgendeinem unechten Grund, sondern weil es
einfach zwingend notwendig ist. Und dann fließt automatisch die ganze Energie
des Universums hinein. Außerdem binde ich meinen Widerstand an kreative
Alternativen, die täglich umgesetzt werden können. Samen wachsen zu sehen und
sagen zu können, wenn ich morgen nicht mehr da bin, wachsen sie trotzdem weiter
- das ist befriedigend.
SPIEGEL ONLINE: Gibt es etwas, worauf Sie verzichten müssen, um sich
mit diesem Einsatz für Ihre Vision zu engagieren?
Shiva: Ich bin von Beruf Physikerin und musste diese Leidenschaft
opfern, um mein jetziges Leben zu führen. Auch ich muss Grenzen akzeptieren -
der Tag hat nur 24 Stunden und mein Körper hat ein Limit. An manchen Tagen
vermisse ich die Physik, das intellektuelle Spiel. Aber es wäre schrecklich
egoistisch, mich in meinen Lieblingsgedankenspielen zu verlieren, während die
Welt untergeht.
"
Vandana Shiva wurde
1952 im nordindischen Dehradun geboren. Die studierte Physikerin verzichtete auf
eine wissenschaftliche Karriere und machte sich einen Namen als
Umweltschützerin, Bürgerrechtlerin und Feministin. Ihr Fokus liegt auf dem Kampf
für Artenvielfalt und gegen Biopatente. 1993 wurde sie mit dem Alternativen
Nobelpreis ausgezeichnet.
Tolle Frau, finde ich....
Eule4
"So sehr die Gegenwart sich um den Beweis ihrer Alternativlosigkeit auch bemüht, wird sie dennoch von der Zukunft abgelöst."
Felix Kriwin
Felix Kriwin