"
Nun ist es amtlich: Der legendenumwobene Kultporno "Deep Throat" wurde
jahrelang mit allen Mitteln vom FBI verfolgt. Der vergebliche Kampf der
Bundesbehörde gegen den Sittenverfall.
Nun ist es aktenkundig, eine der ganz großen Operationen des FBI in den
Siebzigern war gegen einen Film gerichtet: "Deep Throat", von Gerard
Damiano mit Linda Lovelace, einer der legendenumwobenen Kultpornos der
amerikanischen Filmgeschichte. Wie intensiv man beim FBI darauf
hinarbeitete, den Film und seine Verbreitung abzuwürgen, machen Akten
deutlich, die nun veröffentlicht wurden. Ein Zeichen wäre das gewesen,
dass man den allgemeinen Sittenverfall, der Amerika drohte, durchaus
noch hätte stoppen können. Zumal man bereits damals schon ziemlich
sicher war, dass die Mafia ihre schmutzigen Finger auch im
Pornobusiness hatte.
Es war vergeblich, wie man heute weiß. "Deep Throat" schaffte an die
600 Millionen Dollar Einspiel, und wurde zum Mythos - setzte
seinerseits ein Zeichen, dass im Porno die Zukunft des Kinos lag,
kommerziell wie künstlerisch. Intellektuelle wie Norman Mailer
entdeckten seine ästhetisch-revolutionäre Kraft, und in einer Zeit, die
das Selbermachen auch im Kino propagierte, bot sich das billige Genre
wie von selbst an.
Der letzte Japser
498 Seiten hat Associated Press sich aus dem Archiv vorlegen lassen,
unterschiedliches Material, viele Passagen geweißt, aus der FBI-Akte
über Gerard Damiano, den Regisseur des Films - eine Akte, die insgesamt
über 4800 Seiten zählt. Quer durchs ganze Land wurden Kopien des Films
beschlagnahmt, Negative in Labors untersucht, alle Beteiligten befragt
- Produzenten, Akteure, Techniker, selbst die Boten, die die Kopien
auslieferten. Ein Aufwand, der verrät, für wie zersetzend die
J.-Edgar-Hoover-Behörde damals diesen Film hielt. Noch Jahre nach dem
Start des Films in den Kinos versuchte das FBI, Vorführungen zu
verhindern und Prozesse zu initiieren.
"Heute können wir uns gar nicht mehr vorstellen", erklärt der
Rechtshistoriker Mark Weiner, "dass Behörden auf jeder Ebene in
Untersuchungen über Unzuchtsfälle dieser Art verwickelt sein könnten.
Die Geschichte von 'Deep Throat' ist der letzte Japser jener Kräfte,
die sich gegen die kulturelle und sexuelle Revolution formiert hatten -
mit ihr ist Pornografie im Mainstream angekommen."
Eine Aura
des Kriminellen bekam "Deep Throat" dann durch die Aussagen seines
Stars Linda Susan Boreman, die als Linda Lovelace mit dem Film berühmt
wurde. Sie sei von ihrem ersten Ehemann Chuck Traynor mit vorgehaltener
Pistole zum Pornoakt gezwungen worden, erklärte sie 1986.
Auf einigen der Papiere taucht auch der Name W. Mark Felt auf, damals
der zweite Mann im FBI. Er hat sich vor ein paar Jahren als jener
Informant geoutet, der die entscheidenden Hinweise lieferte für die
Aufdeckung des Watergate-Skandals durch die Washington Post. Er lief
damals, wie bekannt, unter dem Decknamen Deep Throat.
"
sueddeutsche.de/,ra4m1/kultur/601/473119/text/
lg
Eule4
Nun ist es amtlich: Der legendenumwobene Kultporno "Deep Throat" wurde
jahrelang mit allen Mitteln vom FBI verfolgt. Der vergebliche Kampf der
Bundesbehörde gegen den Sittenverfall.
Nun ist es aktenkundig, eine der ganz großen Operationen des FBI in den
Siebzigern war gegen einen Film gerichtet: "Deep Throat", von Gerard
Damiano mit Linda Lovelace, einer der legendenumwobenen Kultpornos der
amerikanischen Filmgeschichte. Wie intensiv man beim FBI darauf
hinarbeitete, den Film und seine Verbreitung abzuwürgen, machen Akten
deutlich, die nun veröffentlicht wurden. Ein Zeichen wäre das gewesen,
dass man den allgemeinen Sittenverfall, der Amerika drohte, durchaus
noch hätte stoppen können. Zumal man bereits damals schon ziemlich
sicher war, dass die Mafia ihre schmutzigen Finger auch im
Pornobusiness hatte.
Es war vergeblich, wie man heute weiß. "Deep Throat" schaffte an die
600 Millionen Dollar Einspiel, und wurde zum Mythos - setzte
seinerseits ein Zeichen, dass im Porno die Zukunft des Kinos lag,
kommerziell wie künstlerisch. Intellektuelle wie Norman Mailer
entdeckten seine ästhetisch-revolutionäre Kraft, und in einer Zeit, die
das Selbermachen auch im Kino propagierte, bot sich das billige Genre
wie von selbst an.
Der letzte Japser
498 Seiten hat Associated Press sich aus dem Archiv vorlegen lassen,
unterschiedliches Material, viele Passagen geweißt, aus der FBI-Akte
über Gerard Damiano, den Regisseur des Films - eine Akte, die insgesamt
über 4800 Seiten zählt. Quer durchs ganze Land wurden Kopien des Films
beschlagnahmt, Negative in Labors untersucht, alle Beteiligten befragt
- Produzenten, Akteure, Techniker, selbst die Boten, die die Kopien
auslieferten. Ein Aufwand, der verrät, für wie zersetzend die
J.-Edgar-Hoover-Behörde damals diesen Film hielt. Noch Jahre nach dem
Start des Films in den Kinos versuchte das FBI, Vorführungen zu
verhindern und Prozesse zu initiieren.
"Heute können wir uns gar nicht mehr vorstellen", erklärt der
Rechtshistoriker Mark Weiner, "dass Behörden auf jeder Ebene in
Untersuchungen über Unzuchtsfälle dieser Art verwickelt sein könnten.
Die Geschichte von 'Deep Throat' ist der letzte Japser jener Kräfte,
die sich gegen die kulturelle und sexuelle Revolution formiert hatten -
mit ihr ist Pornografie im Mainstream angekommen."
Eine Aura
des Kriminellen bekam "Deep Throat" dann durch die Aussagen seines
Stars Linda Susan Boreman, die als Linda Lovelace mit dem Film berühmt
wurde. Sie sei von ihrem ersten Ehemann Chuck Traynor mit vorgehaltener
Pistole zum Pornoakt gezwungen worden, erklärte sie 1986.
Auf einigen der Papiere taucht auch der Name W. Mark Felt auf, damals
der zweite Mann im FBI. Er hat sich vor ein paar Jahren als jener
Informant geoutet, der die entscheidenden Hinweise lieferte für die
Aufdeckung des Watergate-Skandals durch die Washington Post. Er lief
damals, wie bekannt, unter dem Decknamen Deep Throat.
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sueddeutsche.de/,ra4m1/kultur/601/473119/text/
lg
Eule4
"So sehr die Gegenwart sich um den Beweis ihrer Alternativlosigkeit auch bemüht, wird sie dennoch von der Zukunft abgelöst."
Felix Kriwin
Felix Kriwin