Gibt es offensichtliche Bipo-Eigenschaften selbst in der Stabilität?

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    • Gibt es offensichtliche Bipo-Eigenschaften selbst in der Stabilität?

      Hallo Ösi-Forum, [kommt das herablassend an? ist zumindest nicht so gemeint, Österreich ist toll ;)]

      kains Aufruf im D-Forum hat mich seit längerem mal wieder hierhin finden lassen und nun mein erster Beitrag.

      Zunächst ein paar Infos zu mir:

      - Europäer
      - Deutscher
      - 26 Jahre alt
      - Student der Germanistik, Geschichtswissenschaft und Soziologie
      - bipolar 1
      - Lithium
      - u.v.m.

      Meine Frage steht ja bereits in der Überschrift. Ich frage mich das schon lange, denn üblicherweise wird diese unsere Krankheit (die bipolare Störung) ja lediglich auf zwei Symptome reduziert: entweder hat man gerade keinen Antrieb oder eben viel zuviel.....
      alles andere ist dann "stabil".
      Das greift für meine Begriffe viel zu kurz, denn für mich handelt es sich in erster Linie nicht um eine bipolare, sondern um eine affektive, also alle Affekte betreffende, Störung. Die Aussage "stabil" scheint sich aber zunächst immer nur auf diese Antriebs"schiene" zu beziehen. Was aber ist mit den Affekten in "antriebsstabilen" Zeiten? Sind diese dann auch "stabil" im Sinne von "wie bei jedem anderen nicht-bipolaren" auch oder aber ist der Bipolare selbst in "stabilen" Zeiten immer als solcher zu erkennen, wenn man weiß, worauf man achten muss?
    • (Selbst-)reflektion und Bipolarität

      Hallo Kain,

      vielleicht gibt es ja doch eine besondere Eigenschaft von stabilen Bipolaren. Sie sind sich ihrer eigenen Extreme, also ihrer eigenen Abgründe und Erleuchtungsmomente zwangsläufig bewusst, wenn sie diagnostiziert und therapiert sind. Nicht-Bipolare haben diese Abgründe und Erleuchtungsmomente zwar auch, aber eben nicht so extrem, nicht in dem Maße, dass sie sich selbst einen Konttrollverlust eingestehen müssten/würden.

      Dieser Umstand, also die Extremerfahrung, wirkt sich doch auch auf stabile Zeiten aus, da bin ich mir mittlerweile sicher oder würdest Du sagen, dass Du nach der Diagnose noch exakt derselbe geblieben bist? Ich habe den Eindruck, dass sich stabile Bipolare einfach besser kennen als das viele, viele Nicht-Bipolare tun......
    • phantomas, auch diese krankheit macht keinen unterschied, egal ob männlich/weiblich, jung/alt, akademiker/nicht-akademiker usw... also ich merke keine gemeinsamkeiten.
      mit dir habe ich zwei sachen gemeinsam, das germanistikstudium und bin europäerin. das ist aber ein zufall.
    • vielleicht dass wir empfindlicher als andere sind und uns mehr für sachen begeistern können, als "normalos". allerdings ist die kreativität m.e. auch eine sache, die mit den starken emotionen zusammenhängen kann (so gesehen ist es kein blödsinn... damit will ich weder sagen, dass alle künstler bipolar sind, noch dass alle bipos künstler sind..). kay r. jamison hat das phänomen in ihrem buch "touched with fire" untersucht, ich habe es zu hause, ich sollte es mal lesen (es ist ein sehr dickes buch).
    • @emmi

      "Normalos", von mir im D-Forum abgeguckt? :scheinheilig: , aber naja egal.....


      @Phantomas

      Du darfst ruhig Ösi sagen ist keine Beleidigung und danke übrigens für das Kompliment für unser Land. :)

      Fang ma mal an

      -im Universum zuhause
      -Erdenbürgerin
      -Europäerin
      -Österreicherin
      -knapp 22
      -angehende Sozialbetreurin
      -bipolar oder vl auch was anderes, sagen wir mal generell "gaga" im Kop
      -keine Medikamente, dafür:
      -alternative Behandlungsmethoden für meine Birne und Co
      -über 100 000 Neurotransmittoren,von denen 90 Prozent defekt sind
      -DNA kaputt

      :banana: :banana: :banana:

      Mal Spaß beiseite....

      Also bei mir ist es so,dass ich eigentlich immer (auch wenn ich keine Phase habe) so bestimmte Spezialinteressen habe,auch ohne Hypomanie in gewissen Bereichen sehr kreativ bin, dass ich viel Humor habe oder auch manchmal ein wenig melancholisch bin,leider auch ein paar Teilleistungsschwächen, sowie chronische Konzentrationsstörungen vor allem was handwerkliche Geschicke angeht.
      Aber im Großen und Ganzen bin ich keineswegs doof! :biggrin:

      lg newbie
    • Schwer zu sagen. Wir sehen ja nur, dass manche Leute schreiben, dass sie stabil seien, nicht aber, ob sie es auch tatsächlich sind. Wie sollen sie es denn auch wissen? Gerade in einer Manie oder Hypomanie dürften sie ihren Zustand nur eingeschränkt beurteilen können, sofern sie nicht erfahren und auch sehr ehrlich mit sich sind.
      Ich finde, dass die Bipos insgesamt etwas stürmischer sind, oft über das Ziel hinausschießen und sich in Dinge hineinsteigern. Die Forschung meint, soweit ich weiß, dass da auch in normalen Phasen noch etwas zurückbleibt. Aber ob man Bipos deshalb als solche erkennen kann? Vielleicht, wenn man einen MD-ler über eine längere Zeit hinweg beobachtet. Einfach aus der Situation heraus wohl kaum, das Verhalten könnte ja zig Gründe haben.....
    • @Emmi: Wenn es "touched with fire" auch auf Deutsch gibt, werde ich es mir demnächst auch mal genauer ansehen. Es wird ja häufig (z.B. auf diversen Internetseiten) nur dieser Zusammenhang hergestellt und dann auf das Buch von Jamison verwiesen.

      @newbie: Konzentrationsstörungen kenne ich auch.....vor allem wenn ich keinen Bock auf Dinge habe. Ich glaube mein Lust/Unlust/Belohnungs-System ist stark geschädigt. Wenn ich gerade Lust darauf habe, könnte ich auch stundenlang Konfetti nach Farbe sortieren....habe ich keine Lust, würde ich sie in mein Tintenfass schmeißen und fertig is.....ALLE BLAU!

      @abcd und @all: Zitat: "oft über das Ziel hinausschießen und sich in Dinge hineinsteigern." Wenn man die Foren als Grundlage nimmt, dann könnte man das tatsächlich als gemeinsame Eigenschaft beobachten. Allerdings natürlich nicht nur was die eher "negativen Affekte" betrifft. ;)
    • jamison auf deutsch

      Phantomas schrieb:

      @Emmi: Wenn es "touched with fire" auch auf Deutsch gibt, werde ich es mir demnächst auch mal genauer ansehen. Es wird ja häufig (z.B. auf diversen Internetseiten) nur dieser Zusammenhang hergestellt und dann auf das Buch von Jamison verwiesen.


      hmmm, jamison auf deutsch... ob es touched with fire auf dt gibt, weiß ich nciht, aber die anderen zwei (an unquiet mind -- meiner ruhelose seele -- und when night falls -- wenn es dunkel wird, über suizid) sind schon längst vergriffen, bzw. auf amazon zu horrorpreisen zu ergattern. ich habe "meine ruhelose seele" vor langem aus der städtischen bücherei geholt, und vor kurzem auf englisch wieder gelesen (als übung, ich will wieder englisch lesen und dann hilft es als einstieg, etwas zu lesen, was ich vor einiger zeit schon auf dt gelesen habe). touched with fire haben wir auch auf englisch, ziemlich dick, das ding, und klein gedruckt... ich müsste mal damit beginnen.
    • Hi Phantom
      das betrifft sicherlich nicht alle, aber ich würde mal wild schätzen, daß überdurchschnittlich viele Bipos auch in stabilen Phasen eine gewisse Kompromisslosigkeit zu eigen haben - nicht in manischer Ausprägung, aber doch auffällig. Ich stelle mir das so vor, daß man eine etwas niedrigere Schwelle hat, die zu überschreiten ist, bis man den Eisenschädel schwingt oder auf die Barrikaden geht, je nach Situation und manchmal ohne Rücksicht auf Verluste

      Nur mein Eindruck, den ich durch die Foren gewonnen habe.
      Und von mir selbst im Realen, wie ich beispielsweise schnell rot sehe, wenn irgendjemand mich ohne wirklich triftigen Grund bevormunden will :D Gerade Beamte in Uniform habe ich ja gefressen! hihihi

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von kirrumsl ()

    • diese Kompromisslosigkeit würde ja dafür sprechen, dass sich Bipolare eigentlich ziemlich genau kennen, dass sie sich ihrer selbst eindeutig bewusst sind, dass sie wissen, was sie sich wünschen, was ihnen gut tut, was sie wollen, welche Umstände und Verhaltensweisen (anderer Menschen) ihnen eher schaden etc. und dass sie dieses Wissen in der Stabilität auch zumindest in die Tat umzusetzen versuchen.

      Sind stabile Bipolare vielleicht egozentrischer als andere? Oder trifft es achtsamer besser? ;)

      Das mit der niedrigeren Schwelle oder "das Stürmische" wie abcd es nannte, sehe ich an mir nur bedingt. An der Oberfläche vielleicht, ich kann schnell hochfahren, komme aber noch schneller wieder runter, bis in die Tiefe durchfahren mich die alltäglichen Dinge aber eher selten. Da muss schon wirklich 'ne heftige Hausnummer vor der Tür stehen. Und das erkläre ich mir dadurch, dass ich eben durch die Phasen ungewollt diese Extremerfahrungen gemacht habe. Ich kenne an mir einerseits den sprichwörtlichen Gesichtsverlust in Form von Lähmungserscheinungen und Wahrnehmungsstörungen in der Depression samt totaler Handlungsunfähigkeit und Willenlosigkeit, andereseits aber auch die Auflösung meines Ichs während der Psychose während der Manie. Auch wenn ich diese Eindrücke nicht ständig konkret vor Augen habe, scheinen sie aber doch immer präsent zu sein und dann erscheinen mir Alltagsprobleme in Anbetracht der schattenartigen Eindrücken manchmal winzig zu sein....und wenn ich mir dann noch anschaue, wie andere Leute auf diesselben oder noch harmlosere Dinge reagieren....mit Herzklabaster und Schnappatmung...pfff

      Kann aber auch an der allgemeinen Lithiumabstumpfung liegen. ;)
    • Hey Phamtom
      Mit 'niedrigere Schwelle' meinte ich eigentlich die zur Kompromißlosigkeit, nicht zum Aufbrausen. Die Schwelle, wo der Betonkopf entgültig einrastet sozusagen ((-: Das kann ja auch ganz leise geschehen. Ja, das klingt plausibel, daß es eine Art Achtsamkeit sein könnte, nachdem man sich gut kennengelernt hat und manches überhaupt GARnicht mehr tolerieren will, weil es sonst brodeln würde? Vielleicht sind da die Spielräume etwas enger bemessen und man verteidigt seine Grenzen? Andererseits gibt es die etwas übertriebene Kompromißlosigkeit, durch die viel erst zum Brodeln gebracht wird. Klingt vielleicht kryptisch ... aber wahrscheinlich muss es so sein - lieber sofort ordentlich aufkochen, als daß es später hinterrücks an falscher Stelle überschäumt

      blubb :rolleyes:

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    • Kontrollverlust

      Hi Kirre,

      auf das Überschäumen kann ich auch sehr gut verzichten. Ich brauche keine
      Phasen mehr, Depressionen sowieso nicht, in dem Punkt sind sich ja
      *komischerweise* auch wirklich ALLE einig; ich kann aber eben auch auf Manien
      sehr gut verzichten.

      Dass einige Bipolare das anders sehen oder insgesamt leichtfertiger damit
      umgehen und lieber mal Medikamente absetzen oder sie zumindest in Frage
      stellen, als "Respekt" vor der Manie, vor der Krankheit zu haben,
      erkläre ich mir durch die dann doch ziemlich weite Spannweite, was die
      Intensität von Manien betrifft. Mit ein bißchen mehr Geld ausgeben, etwas
      redseliger, kontaktfreudiger, insgesamt leichter und lockerer und vielleicht
      auch kreativ aktiv (etc.) zu sein, war es bei mir nämlich nicht getan. Im
      Prinzip waren diese Symptome bei mir, wenn überhaupt, dann nur Randphänomene.

      Der Höhepunkt meiner letzten Manie, der sich über mehrere Wochen hinzog, war
      psychotisch. Er begann mit außergewöhnlichen Naturerfahrungen. Es war Sommer
      und ich zog mit einem Rucksack, in dem ich hauptsächlich Wasserflaschen (ich
      hatte ständig Brand), eine Regenjacke und irgendwelchen Kleinkrams verstaut
      hatte, durch die Gegend - im Grunde genommen völlig planlos, die Hauptsache
      war: so wenigen Menschen wie möglich zu begegnen. Ich schlief auch ein paar
      Nächte draußen. Gegessen habe ich in der Zeit nichts, brauchte ich auch nicht.
      Ich lief einfach so umher...in Wäldern, über Feldwege, kleinen Wasserläufen
      entlang....und unterhielt mich dabei selbst und zwar bestens, dachte mir
      irgendwelche Geschichten aus und hatte dabei Spaß für zehn, lachte über mich
      selbst, krümmte mich manchmal sogar am Bode vor Lachen, mutterseelenallein,
      irgendwo auf einem Feldweg....

      Ich beobachtete die Natur, sah mir Schmetterlinge und Bienen von ganz
      Nahem an, wollte versuchen, ihre Sprache zu lernen, nicht als Mensch
      aufzufallen in ihrer Gegenwart...ich ahmte sie nach....watschelte Enten
      hinterher…..tja und irgendwann hatte ich es geschafft….ich fühlte mich dann
      tatsächlich eins mit ihnen und mit der Natur insgesamt. Dann kamen langsam die
      Allmachtsphantasien dazu, die Überzeugung ein Auserwählter zu sein....aufgrund
      dieser Naturerfahrungen...aber auch aufgrund von Selbsterfahrungen, z.B.
      kletterte ich Bäume hoch, bis ganz nach oben oder sprang über
      Steinkombinationen in einem dann doch etwas breiteren Fluss bis auf die andere
      Seite und wieder zurück…stundenlang, bis ich es blind konnte….die Überzeugung wuchs
      dabei und war dann irgendwann mit einem permanentem Kribbeln in meinem Genital
      (kein Witz) verbunden…. ich ejakulierte ständig....auf Pflanzen oder auf die
      Erde, egal, weil ich ja davon überzeugt war, EINS mit der Natur zu sein
      und darüber hinaus noch ein Auserwählter…. dann musste ich der Natur doch
      schließlich auch etwas zurückgeben von meinem kostbaren Nektar, damit sie gut
      gedeihen kann... jedenfalls beschränkten sich die Allmachtsphantasie und die
      Überzeugung des Auserwählt-Seins irgendwann nicht mehr alleine auf die
      Natur....ich meinte es eben auch unter den Menschen zu sein...ich wollte meine
      neuen Erkenntnisse erproben….

      Damit begann dann der zweite Abschnitt der Psychose....ich
      verließ die Natur und ging zurück in die Stadt...dort bildete sich dieser
      Gedanke heraus, ich sei ein Nachfahre Karls des Großen und hätte aufgrund alter
      Verträge (mit dem Heiligen Stuhl und sowas alles) noch Anspruch auf alles
      Mögliche...vor allem natürlich auf MACHT....Ich ging also in Kirchen und suchte
      dort nach Beweisen, auch wenn die ja eigentlich gar nicht notwendig waren, für
      mich jedenfalls nicht, ich wusste es ja, musste aber auch noch andere davon
      überzeugen...ich suchte in Inschriften (die ich gar nicht mehr lesen konnte,
      die Buchstaben tanzten bereits)...in Büchern etc.....meine Überzeugung wurde
      dabei immer stärker bis sie zum festen Glauben wurde. Im gleichen Maße bildete
      sich ein paranoider Wahn heraus....DIE ANDEREN wollen verhindern, dass
      herauskommt, dass ich ein direkter Nachfahre Karls des Großen bin....und dann
      war eben jedes Auto, das mir kurz folgte oder sonst irgendwie auffällig war,
      vom BND und Menschen auch....ich habe teilweise Menschen herumhuschen gesehen,
      von denen ich heute WEIß, dass sie nicht dort waren, nicht dort gewesen sein
      konnten...bei jedem Moslem, der mir begegnete, hatte ich angst, dass er mich in
      die Luft sprengen wollte, ich hab große Bögen um bestimmte Menschen gemacht,
      bin teilweise weggelaufen und sowas alles...hatte Angst, teilweise Panik…..Fernsehen
      ging eigentlich gar nicht mehr....Zeitung auch nicht....überall Verbindungen zu
      mir und meinem Geheimnis....deshalb tat ich es dann doch...

      TROTZDEM (und das ist fast schon das faszinierende finde ich heute) konnte ich
      mich im Kontakt mit anderen Menschen immer noch einigermaßen zusammenreißen,
      wenn's denn sein MUSSTE. Im Kopf lief das zwar alles ununterbrochen weiter,
      aber ich dachte mir, es sei besser, wenn ich mein WISSEN vor ihnen verstecke.
      Zumindest solange bis ich dann die Beweise hatte.... Deren Unwissenheit brachte mich innerlich zum Lachen, musste mir auch das verkneifen....Das klappte aber eigentlich
      recht gut. Im Endeffekt kann ich sagen, dass ich in meiner Manie niemandem
      geschadet habe, außer mir selbst. Das hat sich alles nur in meinem Kopf
      abgespielt, andere waren eigentlich nicht direkt betroffen.....

      .....und ich habe in der Zeit sogar weniger Geld ausgegeben als sonst.... ;)

      Ich denke, wer EINMAL so einen Trip durchgemacht hat und wieder davon
      runtergekommen ist, der will nicht, dass sich das noch mal wiederholt. Wer das
      will, ist dann wirklich geisteskrank. Deshalb kann ich manchmal über diese
      "Pipifax-Geschichten" nur schmunzeln, so was wie „ich rede ein bisschen mehr als
      sonst, bin ich manisch?“ oder „Hilfe, ich bin verliebt. Ist das eine Hypomanie?“ oder auch die ganzen Trennungs- und Beziehungsgeschichten. Das gibt's ja schließlich alles auch im nicht-bipolaren Leben und zwar exakt genauso, dass sich Leute trennen, dass sie sich überschulden, dass sie gewalttätig werden etc.

      (Ich weiß aber natürlich, dass sowas alles auch zur Krankheit gehört.)

      -----

      Irgendwann war mein Kopf dann übrigens „alle“, fast von einem auf den anderen
      Tag, einfach so: schnipp! und wurde plötzlich zum Stein (aber das muss man ja
      eigentlich nicht erwähnen, weil das ja zwangsläufig so ist).

      Das meinte ich mit Auflösung des ICHs. Das will ich nicht mehr. Weiß wie es ist. Das reicht für ein Leben.
      Werde ich nicht vergessen. Die Erinnerungen daran, die noch da sind, schwammig, schattenartig, lassen andere Problemchen schrumpfen und die Bedeutung von Lithium wachsen. Für mich.

      Gute Nacht
      Fantomas

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Phantomas ()

    • @phantomas, @kirres: Dass die Kompromisslosigkeit letztlich eine Form von Achtsamkeit ist, könnte schon sein. Ich denke auch, dass diese Kompromisslosigkeit mit den vielen Vorurteilen zu tun hat, die Erkrankten entgegen gebracht werden und gesellschaftlichen Konventionen, die mit der Erkrankung manchmal eben nicht sonderlich gut vereinbar sind. Denn meistens wird das Aufbrausen ja dadurch ausgelöst, dass jemand zum x-ten Mal mit einer Forderung, mit einer Kritik, mit einer Meinung, mit einem Vorurteil etc. um die Ecke kommt und man immer allergischer darauf reagiert.

      @phantomas: Ich muss gestehen, dass ich doch als relativ stürmisch wahrnehme. Aber vermutlich auch, weil ich eher introvertiert und zurückhaltend bin und sowieso in der Regel die depressive Seite der bipolaren Störung mitbekomme. Was auch sein könnte, dass bipolare Männer vielleicht noch etwas
      stürmischer sind als Frauen. Testosteron auf Manie und Östrogen auf
      Manie ist wahrscheinlich doch noch mal etwas anderes. Bei Frauen geht's
      vielleicht in eine andere Richtung? Oder kommt es auf das
      Grundtemperament an?

      Ist schon krass, dass Du das alles verstecken konntest...... Man kann ja die härtesten Suizidgedanken verstecken, aber eine Psychose?!

      Die Spannbreite der Manien und Depressionen ist vermutlich wirklich zu breit, als dass man da auch unter Kranken den anderen vollständig verstehen könnte. Du fragst Dich, warum sich einige mit sehr leichten Maniesymptomen von diesen überhaupt irritieren lassen. Und ich frage mich bei Extremmanikern, ob sie eigentlich so richtige Depressionen kennen bzw. das kennen, was ich unter Depressionen verstehe. Irgendwie reden sie so selten von Suizidgedanken, und ein niedriges Selbstbewusstsein haben sie weiß Gott nicht. Aber vielleicht kennen sie auch die Mischphasen nicht (da rennt man dann auch durch den Wald, aber eben mit verzweifelten Gedanken und einer Waffe), sondern eben die Depressionen mit Bewegungsunfähigkeit und völliger Willenlosigkeit, die dann auf eine andere Art ziemlich besch... sind?
      Die Leute sind natürlich auch verschieden empfindlich. Und manche haben Angst (und sind dann natürlich schneller zu irritieren) und andere nicht (das muss dann schon eine Psychose kommen).

      Ob man stürmisch ist oder nicht, kann man vermutlich auch nicht richtig beurteilen, weil man jeden Affekt erst einmal zu rationalisieren versucht. Erst ist da dieses Gefühl, und dann legt man sich alle möglichen "logischen" Gedanken zurecht, die schlüssig beweisen, dass man sich genau so extrem fühlen muss bzw., dass man das heftige Gefühl zwingend braucht, um irgendein Vorhaben durchzusetzen oder eine Meinung darzulegen oder was auch immer. Und schon ist man sich selbst auf den Leim gegangen. Dabei hat man doch so verdammt logisch gedacht. Nur ist das (so genial!) Durchdachte auf einmal verblüffend unwichtig, wenn das Gefühl verschwindet......

      Außerdem haben Wörter wie "aufbrausend", "stürmisch" und "kompromisslos" ein riesiges Bedeutungsspektrum. Man gebe das mal ins Woxikon ein: Da reichen dann die Synonyme von jähzornig über ungehobelt und empfindlich bis neurasthenisch. Alles Gefühlsschattierungen, die miteinander verwandt, die aber auch ziemlich verschieden sind.
    • Guten Morgen,

      ich muss jetzt gleich los und einen kleinen Vortrag halten, deshalb nur kurz, heute Abend dann ausführlich.

      Ich finde unsere Krankheit ist noch viel zu undifferenziert erforscht, z.B. was die Geschlechterfrage betrifft und wird auch viel zu undifferenziert diagnostiziert, was vielleicht auch daran liegt, dass diese Krankheit eigentlich nur durch Sprache des Betroffenen erkannt wird und zwar verbal wie nonverbal, aber eben nicht über ein 'objektives' Röntgenbild oder Messergebnisse. Diese Sprache der Krankheit muss man dann aber auch lesen können, als Arzt/Therapeut, aber auch als Betroffener. Wenn ich mir aber z.B. die Tests und Fragebögen vergegenwärtige, die ich selbst habe machen müssen in der Klinik oder wenn ich mir manche Ratgeber zur Krankheit anschaue, dann finde ich, dass dort die Sprache nicht das Spektrum der Krankheitssprache abdeckt. Das hast Du vollkommen richtig erkannt. Ich sehe das genauso.

      "Fühlen sie sich niedergeschlagen?" Öhhhmmmm...heute hat mir zumindest noch keiner eins mit einem Miniatur-Mailänder-Dom aus Bronze übergebraten....Also: NEIN! Trotzdem will ich mich umbringen.

      Die Sprache der Wissenschaft ist häufig standardisierend und dabei zu sehr festgeschrieben auf ganz bestimmte, scheinbar eindeutige und 'verallgemeinerbare' Assoziationen und Konnotationen, geht aber am Einzelfall häufig vorbei.

      Lieben Gruß
      Fantomas

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Phantomas ()

    • Phantomas schrieb:

      Wenn ich mir aber z.B. die Tests und Fragebögen vergegenwärtige, die ich selbst habe machen müssen in der Klinik oder wenn ich mir manche Ratgeber zur Krankheit anschaue, dann finde ich, dass dort die Sprache nicht das Spektrum der Krankheitssprache abdeckt. Das hast Du vollkommen richtig erkannt. Ich sehe das genauso.

      das beste war mal ein manie-test. da kamen fragen vor, wie "hat es zeiten gegeben, als sie sich stärker geschminkt haben, als sonst?" und "...als sie öfter ausgegangen sind, als sonst?"
      ich habe mich als junges mädchen stärker geschminkt und bin öfter ausgegangen, aber deswegen kann ich nicht sagen, dass ich vom meinem 15. bis zum 20. lebensjahr dauermanisch war...
      eine bessere formulierung wäre vielleicht "...als sie sich so schrill geschminkt haben, dass die umgebung darauf verwundert/negativ reagiert hat". aber ich halte diesen punkt dennoch für einen blödsinn, sich stark zu schminken muss nciht unbedingt ein manisches symptom sein. außerdem nehmen maniker in der zeit der manie die kritik oft gar nicht wahr und im nachhinein wissen sie gar nicht, wie die umgebung reagiert hat...

      ich finde, es ist sehr schwer, manien mittels tests festzustellen. noch dazu beziehen sich diese tests oft nur auf die letzten zwei wochen (ich habe mal auch so einen ausgefüllt). wenn man dann die fragen mit nein beantwortet, dann werden manien generell ausgeschlossen, auch wenn der patient vor einem monat hochmanisch war. ich finde, eine (hypo)manie kann man am besten festellen, wenn man zu dieser zeit zum arzt geht, das ist aber meistens nicht der fall, die leute gehen eher zum arzt, wenn sie depressiv sind...

      "niedergeschlagen" finde ich allerdings auch ein schwaches wort... und die frage mit dem umbringen beantworten viele nicht ehrlich, weil sie angst haben, gleich in der klinik bleiben zu müssen.
    • @Fantomas

      hehehe :biggrin: :biggrin:

      Ich hatte ähnliche Delusionen, war aber nicht ganz so heftig bei mir.
      Ich bildete mif zb öfters für eine Weile ein ich hätte irgendwo Vorfahren aus bestimmten Ländern oder sei wiedergeboren worden und glaubte nur ich wisse in meiner Familie Bescheid,kenne das Geheimnis und müsste da Näheres rausfinden. :)
      Allerdings habe ich damit jetzt keinen Schaden angerichtet. :)

      Einmal glaubte ich auch wegen meines Nachnamens adelige Ahnen zu haben und hätte bald einen Ahnenforscher beauftragt...

      Was mich aber immer wieder verwundert ist, dass ich tatsächlich oft diese Gefühle habe dass ich schon mal in bestimmten Ländern oder Zeitaltern gewesen bin,dass mich normale Dinge die ich wahrnehme irgendwie daran "erinnern". :verwirrt:

      Bin mir selbst manchmal ziemlich unheimlich! :sterbekrank:

      lg newbie

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von newbie ()

    • doch, es scheint symptome bipolarer erkrankungen auch ausserhalb von phasen zu geben.

      auch in der euthymen (keine depression, keine manie) phase finden sich im vergleich zu "gesunden kontrollen" im durchschnitt oft signifikante veränderungen mehrerer bereiche (im durchschnitt heisst in diesem fall ganz wesentlich, dass NICHT ALLE bipolar diagnostizierten so sein müssen, aber ein trend besteht).

      und zwar betrifft dies unter anderem:

      -kognitive Leistungen
      -Erkennung von Emotionen

      davon abgesehen ist ein häufiges problem, daß nicht so wenige bipolar diagnostizierte oft keine volle remission (rückbildung aller symptome) erreichen, sondern zB über lange zeit hinweg eigentlich subdepressiv sind (aber als "remittiert" gelten).