"LSD gegen Kopfschmerzen, Ecstasy gegen Psychotrauma, Magic Mushrooms
gegen Alkoholsucht – in den USA testen Ärzte halluzinogene Drogen als
Heilmittel. Und kommen zu erstaunlichen Ergebnissen."
tagesanzeiger.ch/wissen/medizi…/story/13661719#kommentar
"
Der Psychiater John Halpern provoziert gern. Wenn er, Haare zerzaust,
Anzug ein wenig schief, über den Hof des McLean-Krankenhauses in Boston
schlendert, zieht er manchmal einen altmodischen Telefonhörer aus
seiner Jackentasche und beginnt hineinzusprechen. Der Hörer ist über
Funk mit Halperns Handy verbunden, aber wer im Hof einer psychiatrischen
Klinik einen Mann in einen losen Telefonhörer sprechen sieht, zieht
womöglich andere Schlüsse. Und viele Mediziner dürften auch für verrückt
halten, woran Halpern forscht: Er untersucht, ob er das Leid
krebskranker Menschen am Ende ihres Lebens mit Ecstasy mildern kann.
Der
Psychiater gehört zu einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern, die
eine ungewöhnliche Substanzklasse für die Medizin wiederentdeckt haben:
halluzinogene Drogen. Über Jahrzehnte waren die Stoffe tabu, wurden kaum
erforscht. Nun untersucht eine neue Generation von Wissenschaftlern die
psychedelischen Drogen – und die Forscher kommen zu erstaunlichen
Ergebnissen.
Ein Gefühl von Sicherheit
Mit Ecstasy zum Beispiel. Im
Juli des vergangenen Jahres gab der amerikanische Psychiater Michael
Mithoefer das Ergebnis einer klinischen Studie mit der Partydroge
bekannt. Er hatte 20 Menschen behandelt, die unter einer
Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) litten. Die meisten von ihnen
waren Frauen, die Opfer sexueller Gewalt geworden waren, einer war
Soldat im Irak-Krieg. Alle durchlebten sie ihr Trauma immer wieder,
hatten Schlafprobleme, Angstzustände, Selbstmordgedanken.
In der
gängigen Therapie wird versucht, die Erinnerungen zu meistern, indem sie
in einer sicheren Umgebung hervorgeholt werden. Der Patient soll
lernen, die Erfahrungen zu überdenken, ohne von den Ängsten und
Emotionen des Augenblicks übermannt zu werden. Mithoefer gab einigen der
Patienten vor ihren Therapiesitzungen MDMA – den Inhaltsstoff von
Ecstasy –, anderen ein Scheinmedikament. Zwei Monate später litten nur
noch 17 Prozent der MDMA-Patienten unter den Symptomen. In der
Kontrollgruppe waren es 75 Prozent. «MDMA gibt Menschen ein Gefühl von
Sicherheit. Die Droge nimmt den Erinnerungen ihre Schärfe», sagt der
britische Psychiater und Drogenforscher David Nutt.
Ecstasy ist nicht die einzige Droge, für die sich Mediziner
interessieren. LSD gegen Kopfschmerzen, Magic Mushrooms gegen
Alkoholsucht, Ketamin gegen Depressionen – all diese Möglichkeiten
werden zurzeit untersucht. Was auf den ersten Blick erstaunlich scheint,
ist im Grunde naheliegend. Das Besondere an psychedelischen Drogen wie
Ecstasy ist, dass sie in die feine Balance von Botenstoffen im Gehirn
eingreifen. Nur deswegen können sie das «High» vermitteln, das
Partygänger suchen. Aber auch Psychiater und Neurologen wollen in den
Stoffwechsel des Gehirns eingreifen. «Das sind ungeheuer mächtige
Substanzen», sagt Nutt. «Leider hat ihr Verbot 50 Jahre lang die
Forschung behindert.»
Bemühen um seriösen Ruf
Halpern kommt eigentlich aus der
Suchtforschung. Ein Freund seines Vaters erzählte ihm von Versuchen in
den 60er-Jahren, Alkoholabhängigkeit mit psychedelischen Drogen zu
behandeln. «Ich habe zu ihm gesagt: Und die Ergebnisse waren schlecht?
Und er sagte: Nein, sie waren sehr gut, aber niemand hat weiter daran
geforscht.»
Halperns Büro ist ein schmaler Raum, eine wilde
Ansammlung von Stühlen, Büchern und Papierstapeln. Während er redet,
fallen ihm Kleinigkeiten ein, die er unbedingt zeigen will, zum Beispiel
eine Ampulle, in der einmal 100 Milligramm LSD waren. Er bemüht sich
aber auch, keine Zweifel aufkommen zu lassen: Er will das Potenzial der
Drogen seriös erforschen. Seine Ecstasy-Studie an Krebspatienten, von
der es noch keine Ergebnisse gibt, ist nur die jüngste einer ganzen
Reihe von Drogenstudien.
Zunächst interessierten Halpern vor allem
die Risiken. So untersuchte er Mitglieder der indianischen
Peyote-Religion. Die etwa 300'000 Anhänger dieser Kirche konsumieren in
ihren Gottesdiensten den Peyotekaktus, der das Rauschgift Meskalin
enthält. «Das waren die perfekten Menschen, um die Langzeitwirkung so
einer Droge zu untersuchen: Sie haben sie über Jahre einmal im Monat zu
sich genommen. Ihre Religion verbietet ihnen aber andere Drogen wie
Alkohol.» Halpern liess die Indianer psychologische Tests machen und
verglich ihr Abschneiden mit dem zweier anderer Gruppen: ehemaliger
Alkoholabhängiger und Menschen, die kaum Alkohol oder andere Drogen zu
sich nehmen. Das Ergebnis: Die Peyote-Indianer schnitten so gut ab wie
die Kontrollgruppe – bei den Alkoholikern waren klare Folgen ihrer Sucht
festzustellen.
Und die Nebenwirkungen?
Dass der Umgang mit Drogen
Risiken birgt, zeigt der Fall Garri R. Der Berliner Arzt hatte am 19.
September 2008 in einer «Therapiesitzung» zehn Patienten ein Amphetamin
namens Neocor und später Ecstasy gegeben. Vorher hatte er selbst LSD
genommen. Das traurige Ergebnis: Zwei Patienten starben an dem
Drogencocktail, ein weiterer lag wochenlang im Koma. «Das war ein
Scharlatan», sagt Halpern sichtlich erregt. «Diese sogenannte Therapie
ist nicht zugelassen. Er hat seinen Patienten einen kaum untersuchten
Stoff gegeben und dann auch noch um das Zehnfache überdosiert.»
Aber
auch ohne Überdosis kann Ecstasy schwere Nebenwirkungen haben, sagt
Rainer Thomasius vom Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf. Der
Psychiater erforscht die dunkle Seite der Droge: epileptische Anfälle,
Hirnblutungen, Herzinfarkte. «Das alles kann im Einzelfall passieren,
aber wir wissen nicht, wie häufig», sagt er. Ausserdem komme es bei
manchen Menschen zu einer extremen Temperaturerhöhung. «Ecstasy
verursacht eine massive Ausschüttung des Botenstoffes Serotonin – und
manche Menschen reagieren darauf gewissermassen allergisch. Ihre
Körpertemperatur steigt in kurzer Zeit auf bis zu 43 Grad Celsius.»
Nicht ohne Hintergedanken
Zu Halperns Forschung sagt
Thomasius: «Diese Forschung ist immer ein bisschen verharmlosend, so,
wie die Forschung über Risiken immer ein Stück weit dramatisiert.»
Tatsächlich steht hinter mancher Studie zu LSD & Co. auch die
Absicht, die Drogen wieder salonfähig zu machen. So werden Halperns
Untersuchungen und auch die PTBS-Forschung von Mithoefer von einer
Organisation namens Maps unterstützt. Die setzt sich für die
wissenschaftliche Untersuchung psychedelischer Substanzen ein. Nicht
ohne Hintergedanken: «Die Wissenschaft ist der beste Hebel, um
psychedelischen Drogen wieder zu Akzeptanz zu verhelfen», sagt der
Vorsitzende Rick Doblin. Einige Drogenforscher sehen deshalb inzwischen
ein Glaubwürdigkeitsproblem. «Es ist wichtig, dass sich jetzt auch
andere Wissenschaftler mit dem Thema beschäftigen – nicht nur die, die
sowieso daran glauben», sagt etwa Nutt.
Ohnehin endet die
medizinische Forschung vermutlich nicht bei den psychedelischen
Substanzen selbst. John Halpern hat vor kurzem eine Studie mit Menschen
durchgeführt, die unter Cluster-Kopfschmerzen leiden. Diese Schmerzen
sind so stark, dass sie auch als Selbstmord-Kopfschmerzen bezeichnet
werden. Einige Patienten nehmen zur Linderung LSD. Zusammen mit Torsten
Passie von der Medizinischen Hochschule Hannover testete Halpern
deswegen die Substanz 2-Brom-LSD, ein LSD-Molekül, an das ein Bromatom
angehängt ist, an fünf Patienten.
«Der Effekt war enorm. Einige
der Patienten, die vorher täglich Attacken hatten, hatten monatelang
keine», sagt Halpern. Das Besondere an 2-Brom-LSD ist, dass es im
Gegensatz zu LSD keine Halluzinationen hervorruft. «Wir wollten zeigen,
dass der Effekt auf die Kopfschmerzen nicht unbedingt mit der
halluzinogenen Wirkung zusammenhängt», sagt Halpern.
Moleküle für Pharmaindustrie
Psychedelische Drogen
könnten Forschern also auch dazu dienen, den Weg zu neuen Medikamenten
zu weisen. Auch Franz Vollenweider, der an der Universität Zürich Drogen
erforscht, sieht hier die Zukunft: «Ich glaube, dass auch die
Pharmaindustrie sich am ehesten für neue Moleküle interessiert, die
nicht so psychedelisch sind, aber die gleichen Hirnmechanismen
anwerfen.»
Oder, wie Nutt, ehemals Drogenberater der britischen
Regierung, es ausdrückt: «Wir sollten Substanzen wie Ecstasy nicht
verbieten, sondern Pharmafirmen dazu bringen, besseres, sichereres
Ecstasy herzustellen.»
gegen Alkoholsucht – in den USA testen Ärzte halluzinogene Drogen als
Heilmittel. Und kommen zu erstaunlichen Ergebnissen."
tagesanzeiger.ch/wissen/medizi…/story/13661719#kommentar
"
Der Psychiater John Halpern provoziert gern. Wenn er, Haare zerzaust,
Anzug ein wenig schief, über den Hof des McLean-Krankenhauses in Boston
schlendert, zieht er manchmal einen altmodischen Telefonhörer aus
seiner Jackentasche und beginnt hineinzusprechen. Der Hörer ist über
Funk mit Halperns Handy verbunden, aber wer im Hof einer psychiatrischen
Klinik einen Mann in einen losen Telefonhörer sprechen sieht, zieht
womöglich andere Schlüsse. Und viele Mediziner dürften auch für verrückt
halten, woran Halpern forscht: Er untersucht, ob er das Leid
krebskranker Menschen am Ende ihres Lebens mit Ecstasy mildern kann.
Der
Psychiater gehört zu einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern, die
eine ungewöhnliche Substanzklasse für die Medizin wiederentdeckt haben:
halluzinogene Drogen. Über Jahrzehnte waren die Stoffe tabu, wurden kaum
erforscht. Nun untersucht eine neue Generation von Wissenschaftlern die
psychedelischen Drogen – und die Forscher kommen zu erstaunlichen
Ergebnissen.
Ein Gefühl von Sicherheit
Mit Ecstasy zum Beispiel. Im
Juli des vergangenen Jahres gab der amerikanische Psychiater Michael
Mithoefer das Ergebnis einer klinischen Studie mit der Partydroge
bekannt. Er hatte 20 Menschen behandelt, die unter einer
Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) litten. Die meisten von ihnen
waren Frauen, die Opfer sexueller Gewalt geworden waren, einer war
Soldat im Irak-Krieg. Alle durchlebten sie ihr Trauma immer wieder,
hatten Schlafprobleme, Angstzustände, Selbstmordgedanken.
In der
gängigen Therapie wird versucht, die Erinnerungen zu meistern, indem sie
in einer sicheren Umgebung hervorgeholt werden. Der Patient soll
lernen, die Erfahrungen zu überdenken, ohne von den Ängsten und
Emotionen des Augenblicks übermannt zu werden. Mithoefer gab einigen der
Patienten vor ihren Therapiesitzungen MDMA – den Inhaltsstoff von
Ecstasy –, anderen ein Scheinmedikament. Zwei Monate später litten nur
noch 17 Prozent der MDMA-Patienten unter den Symptomen. In der
Kontrollgruppe waren es 75 Prozent. «MDMA gibt Menschen ein Gefühl von
Sicherheit. Die Droge nimmt den Erinnerungen ihre Schärfe», sagt der
britische Psychiater und Drogenforscher David Nutt.
Ecstasy ist nicht die einzige Droge, für die sich Mediziner
interessieren. LSD gegen Kopfschmerzen, Magic Mushrooms gegen
Alkoholsucht, Ketamin gegen Depressionen – all diese Möglichkeiten
werden zurzeit untersucht. Was auf den ersten Blick erstaunlich scheint,
ist im Grunde naheliegend. Das Besondere an psychedelischen Drogen wie
Ecstasy ist, dass sie in die feine Balance von Botenstoffen im Gehirn
eingreifen. Nur deswegen können sie das «High» vermitteln, das
Partygänger suchen. Aber auch Psychiater und Neurologen wollen in den
Stoffwechsel des Gehirns eingreifen. «Das sind ungeheuer mächtige
Substanzen», sagt Nutt. «Leider hat ihr Verbot 50 Jahre lang die
Forschung behindert.»
Bemühen um seriösen Ruf
Halpern kommt eigentlich aus der
Suchtforschung. Ein Freund seines Vaters erzählte ihm von Versuchen in
den 60er-Jahren, Alkoholabhängigkeit mit psychedelischen Drogen zu
behandeln. «Ich habe zu ihm gesagt: Und die Ergebnisse waren schlecht?
Und er sagte: Nein, sie waren sehr gut, aber niemand hat weiter daran
geforscht.»
Halperns Büro ist ein schmaler Raum, eine wilde
Ansammlung von Stühlen, Büchern und Papierstapeln. Während er redet,
fallen ihm Kleinigkeiten ein, die er unbedingt zeigen will, zum Beispiel
eine Ampulle, in der einmal 100 Milligramm LSD waren. Er bemüht sich
aber auch, keine Zweifel aufkommen zu lassen: Er will das Potenzial der
Drogen seriös erforschen. Seine Ecstasy-Studie an Krebspatienten, von
der es noch keine Ergebnisse gibt, ist nur die jüngste einer ganzen
Reihe von Drogenstudien.
Zunächst interessierten Halpern vor allem
die Risiken. So untersuchte er Mitglieder der indianischen
Peyote-Religion. Die etwa 300'000 Anhänger dieser Kirche konsumieren in
ihren Gottesdiensten den Peyotekaktus, der das Rauschgift Meskalin
enthält. «Das waren die perfekten Menschen, um die Langzeitwirkung so
einer Droge zu untersuchen: Sie haben sie über Jahre einmal im Monat zu
sich genommen. Ihre Religion verbietet ihnen aber andere Drogen wie
Alkohol.» Halpern liess die Indianer psychologische Tests machen und
verglich ihr Abschneiden mit dem zweier anderer Gruppen: ehemaliger
Alkoholabhängiger und Menschen, die kaum Alkohol oder andere Drogen zu
sich nehmen. Das Ergebnis: Die Peyote-Indianer schnitten so gut ab wie
die Kontrollgruppe – bei den Alkoholikern waren klare Folgen ihrer Sucht
festzustellen.
Und die Nebenwirkungen?
Dass der Umgang mit Drogen
Risiken birgt, zeigt der Fall Garri R. Der Berliner Arzt hatte am 19.
September 2008 in einer «Therapiesitzung» zehn Patienten ein Amphetamin
namens Neocor und später Ecstasy gegeben. Vorher hatte er selbst LSD
genommen. Das traurige Ergebnis: Zwei Patienten starben an dem
Drogencocktail, ein weiterer lag wochenlang im Koma. «Das war ein
Scharlatan», sagt Halpern sichtlich erregt. «Diese sogenannte Therapie
ist nicht zugelassen. Er hat seinen Patienten einen kaum untersuchten
Stoff gegeben und dann auch noch um das Zehnfache überdosiert.»
Aber
auch ohne Überdosis kann Ecstasy schwere Nebenwirkungen haben, sagt
Rainer Thomasius vom Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf. Der
Psychiater erforscht die dunkle Seite der Droge: epileptische Anfälle,
Hirnblutungen, Herzinfarkte. «Das alles kann im Einzelfall passieren,
aber wir wissen nicht, wie häufig», sagt er. Ausserdem komme es bei
manchen Menschen zu einer extremen Temperaturerhöhung. «Ecstasy
verursacht eine massive Ausschüttung des Botenstoffes Serotonin – und
manche Menschen reagieren darauf gewissermassen allergisch. Ihre
Körpertemperatur steigt in kurzer Zeit auf bis zu 43 Grad Celsius.»
Nicht ohne Hintergedanken
Zu Halperns Forschung sagt
Thomasius: «Diese Forschung ist immer ein bisschen verharmlosend, so,
wie die Forschung über Risiken immer ein Stück weit dramatisiert.»
Tatsächlich steht hinter mancher Studie zu LSD & Co. auch die
Absicht, die Drogen wieder salonfähig zu machen. So werden Halperns
Untersuchungen und auch die PTBS-Forschung von Mithoefer von einer
Organisation namens Maps unterstützt. Die setzt sich für die
wissenschaftliche Untersuchung psychedelischer Substanzen ein. Nicht
ohne Hintergedanken: «Die Wissenschaft ist der beste Hebel, um
psychedelischen Drogen wieder zu Akzeptanz zu verhelfen», sagt der
Vorsitzende Rick Doblin. Einige Drogenforscher sehen deshalb inzwischen
ein Glaubwürdigkeitsproblem. «Es ist wichtig, dass sich jetzt auch
andere Wissenschaftler mit dem Thema beschäftigen – nicht nur die, die
sowieso daran glauben», sagt etwa Nutt.
Ohnehin endet die
medizinische Forschung vermutlich nicht bei den psychedelischen
Substanzen selbst. John Halpern hat vor kurzem eine Studie mit Menschen
durchgeführt, die unter Cluster-Kopfschmerzen leiden. Diese Schmerzen
sind so stark, dass sie auch als Selbstmord-Kopfschmerzen bezeichnet
werden. Einige Patienten nehmen zur Linderung LSD. Zusammen mit Torsten
Passie von der Medizinischen Hochschule Hannover testete Halpern
deswegen die Substanz 2-Brom-LSD, ein LSD-Molekül, an das ein Bromatom
angehängt ist, an fünf Patienten.
«Der Effekt war enorm. Einige
der Patienten, die vorher täglich Attacken hatten, hatten monatelang
keine», sagt Halpern. Das Besondere an 2-Brom-LSD ist, dass es im
Gegensatz zu LSD keine Halluzinationen hervorruft. «Wir wollten zeigen,
dass der Effekt auf die Kopfschmerzen nicht unbedingt mit der
halluzinogenen Wirkung zusammenhängt», sagt Halpern.
Moleküle für Pharmaindustrie
Psychedelische Drogen
könnten Forschern also auch dazu dienen, den Weg zu neuen Medikamenten
zu weisen. Auch Franz Vollenweider, der an der Universität Zürich Drogen
erforscht, sieht hier die Zukunft: «Ich glaube, dass auch die
Pharmaindustrie sich am ehesten für neue Moleküle interessiert, die
nicht so psychedelisch sind, aber die gleichen Hirnmechanismen
anwerfen.»
Oder, wie Nutt, ehemals Drogenberater der britischen
Regierung, es ausdrückt: «Wir sollten Substanzen wie Ecstasy nicht
verbieten, sondern Pharmafirmen dazu bringen, besseres, sichereres
Ecstasy herzustellen.»
"So sehr die Gegenwart sich um den Beweis ihrer Alternativlosigkeit auch bemüht, wird sie dennoch von der Zukunft abgelöst."
Felix Kriwin
Felix Kriwin