Bipolar und "Allergie gegen Kuhmilchproteine"

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    • Bipolar und "Allergie gegen Kuhmilchproteine"

      Quelle:Bipolar disorders. Immune activation by casein dietary antigens in bipolar disorder
      Emily G Severance1, Didier Dupont2, Faith B Dickerson3, Cassie R Stallings3, Andrea E Origoni3, Bogdana Krivogorsky1, Shuojia Yang1, Willem Haasnoot4, Robert H Yolken1Article first published online: 22 DEC 2010

      DOI: 10.1111/j.1399-5618.2010.00879.x



      Eine Studie verglich die Anzahl und Art von Antikörpern gegen bovines Kasein (Kuhmilchprotein) bei Bipolaren im Vergleich zu gesunden.
      Interessanterweise zeigte sich, dass bei den Bipolaren die Immmunreaktion gegen bovines Kasein stärker ausgerpägt war, das heisst: mehr Betroffene hatten Antikörper dagegen als das bei psychisch Gesunden der Fall ist.

      Interessanterweise war der zusammenahng besonders groß für Manie, sowie für psychotische Symptome ind der Geschichte. Auch war die Art der Antikörper etwas anders. Auch nicht uninteresssant: Bipolar Typ II PatientInnen zeigten diees Muster nicht (allerdings ist die Aussagekraft durche eine noch recht kleine Fallzahl etwas limitiert.)

      Es gibt mehrere Erklärungsmöglichkeiten. Es könnte natürlich sein, daß Kuhmilchprodukte bei Bipolaren im Körper "anders" behandelt werden, die Reaktion anders/heftiger/ungünstiger ausfällt. Die dadurch getriggerten Veränderungen in der Immunreaktion könnten ihrereseits wiederum dazu beitragen, die Stoffwechselsituation insgesamt ungünstiger zu machen (zB erhöht eine immunbedingte, entzündliche Reaktion das Risiko für Störungen im Neurotransmitterhaushalt und für Erkrankungen wie Diabetes, Übergewicht und Kerzkreislauf/-gefäßerkrankugen).
      Es könnte aber auch sein, daß bereits primär einfach daß Immunsystem heftiger reagiert (gar nicht auf Kuhmilch spezifisch), und somit dieser Befund einfach nur ein Beipordukt eines größeren Geschehens ist.

      Für die Zukunft sind deshalb größere Untersuchungen, auch mit anderen Antigenen geplant, bzw. eine längerfristige Untersuchungen, ob die gemessenen Veränderungen stabil sind oder nur punktuell auftreten.

      Bitte aber nicht mißverstehen: diese Untersuchung sagt keinesfalls, dass Bipolare grundsätzlich kein Kuhmilchprotein vertragen oder dieses für sie schlecht ist. Es gab auch viele Betroffene, die diesbezüglich völlig normale Werte hatten!
    • Stress und Imunsystem

      Hallo psmmg,

      vor ein paar Jahren hatte ich bei einem Vortrag eines Arztes vernommen, dass zum Beispiel Autoimunkrankheiten gerade bzgl. der Schilddrüse bei Menschen mit Bipolarität erhöhrt ist und dies auch auf den Streßfaktor zurückgeführt.

      Wenn jetzt eher von der Seite angegangen wird, dass man Ereger oder andere Proteine sucht, die bei Bipolaren häufiger vor kommen als Gesunden, kann es doch auch durch den niedrigen Streßschwellenwert bei Bipolaren zur Imunabschwechung kommen. Als ich letztes Jahr auf mein neues Medikament eingestellt wurde, erlebte ich ein heftiges Auf- und Ab, also es ging mir 2-3 Tage gut, sah endlich wieder das Licht am Horizont und dann knallte ich im Sturzflug wieder für 2-3 Tage in die Tiefe. Diese Wechsel waren für mich dermaßen anstrengend, so dass ich mich fragte, ob eine gleichbleibende, bzw. nur langsam sich veränderte Depression für mich besser war, als dieses Hin und Her. In dieser Zeit fühlte ich mich auch körperlich nicht wirklich fit. Ich könnte mir vorstellen, dass ich in dieser Zeit sicherlich anfälliger auf Viren reagiert hätte, als in der Zeit davor oder danach, bzw. mein Körper seine Imunabwehr vielleicht deshalb umbauen musste.

      Ich weiß nicht, ob es Sinn macht, immer nur einzelne Aspekte heraus zu suchen, da doch alles ineinander übergreift, da es ein vernetztes System ist, wo feinste Abweichungen, gleich eine Palette an Reaktionen auslösen kann, entweder durch negative Rückkopplungen, um einen Missstand auszuräumen oder durch etwas aus dem Ruderlaufenden positiven Rückkopplungen.

      In wie weit weiß man denn heute, wie alle Vorgänge im Körper individuell ineinander zahnen und wo was bewirkt wird, auch Zeitverzögert? Vielleicht mag ja eine Erhöhung einer irgendwie geartete Konzentration eines Stoffes eher eine Maßnahme des Körpers zu sein, um sich selbst zu helfen, vielleicht nicht da, wo man es erwartet, sondern auf Umwegen?

      Viele Grüße Heike
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).
    • Aus heutiger Sicht sieht es so aus, in einfachen Worten:

      Einerseits weiss man, dass
      1. eine gewisse genetische Komponente besteht, die a) mit dem Immunsystem zussamenhängt und b) das Risiko für psychische Krankheiten erhöht
      2. dass aber eben die gleichen genetischen faktoren auch ´bei menschen vorkommen können, die keine psychische erkrankung entwickeln (daraus schliesst man, dass es umweltbedingte schutzfaktoren gibt, die die "schlechte anlage" wettmachen können)
      3. dass es auch menschen gibt, die ebendiese gleichen "schlechten" genetischen anlagen nicht haben, und trotzdem eine psychische krankheit entwickeln (daraus schliesst man, dass umweltbedingte faktoren unter umständen auch wirken, selbst wenn man primär keine anlage hat).

      für naturwissenschaftlich versierte menschen, denen das wort "epigenetik" etwas sagt, eine selbstverständlichkeit, die eben genau nicht GEGEN genetik oder GEGEN umwelt spricht, sondern vielmehr den enormen wissenszuwachs, den die letzten jahrzehnte der forschung hier gebracht haben, rechnung trägt.

      gene sind extrem wichtig. aber niemand von uns ist ihnen "hilflos" und "ohne ausrede" ausgeliefert.... was sowohl trost, also auch zum teil unangenehme wahrheit ist.
    • Hallo hatsche,

      der war obercool!

      Hallo psmmg,

      naja, so ein bisschen meine ich eher:

      "man sieht vor lauter Kühen, Genen, Viren, Bakterien, Entzündungen und Eiweißen, den Menschen nicht mehr. Es kann an allem und nichts liegen, Daten über Daten, aber vielleicht braucht es etwas ganz einfaches nur.

      Viele Grüße Heike
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).
    • *hmm* Heike... - was meinst du mit "einfach"?? - ich glaube eher es ist komplexer, als es durch unsere Sinnesorgane unserer Wahrnehmung zugänglich ist.

      ...mir gefällt dieser Ansatz von Joachim Bauer nicht schlecht - seine Kernbotschaft: Lebewesen mitsamt ihren Genen sind keine steuerlos auf dem Fluss der Erdgeschichte treibenden Objekte, sondern Akteure der Evolution. Als deren Grundprinzipien erweisen sich Kooperation, Kommunikation und Kreativität.

      dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/859622/

      ...allerdings ist auch Prof. Bauer mit Vorsicht zu genießen, da er von sich selbst erst kürzlich in einem Vortrag von sich behauptete eine "wertfreie Wissenschaft" zu betreiben. Eine derartige Aussage ist per se unmöglich und daher idenditfiziere ich auch hinter seiner "Ideologie" wiederum eine "radikale Sicht" - aber dennoch: superinteressant!

      lg punkt
    • Was glauben wir als Erfahrene, was verantwortlich an unserer Störung sein kann? 4
      1.  
        Kindheitserfahrungen/Biographie (3) 75%
      2.  
        genetische Disposition (3) 75%
      3.  
        Kind psychisch erkrankten Elternteils (2) 50%
      4.  
        Umweltfaktoren (2) 50%
      5.  
        Streß (2) 50%
      6.  
        Sonstiges (1) 25%
      Hallo Punkt,

      ich bestreite nicht, dass es komplex ist, wahrscheinlich noch komplexer als man es sich vorstellen kann, es greifen soviele Dinge ineinander, dass man sicherlich Studien für jedes Molekühl, jedes Eiweiß etc. vollführen kann. Eben durch deine zweite Frage: "Wie kommt man auf die Allergie von Kuhmilch", bin ich auch darüber gestolpert.

      Komplexität meistert man meistens nicht, in dem man Kolonnenweise Daten erzeugt, denn dann verliert sich das ganze, dann kann man das System "Mensch" nicht mehr erkennen. Komplexität meistert man eher durch Unschärfe, wirkliche Schlüsselfaktoren heraussuchen, die nicht alles beinhalten müssen, aber das Muster erkennen lassen. Wie stehen die Dinge in Beziehung und das ist schon komplex genug. Es irritiert mich halt.

      Viele Grüße Heike
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Heike ()

    • Hallo punkt,

      danke für den Hinweis, habe ich jetzt geändert ;-).
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).