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    • Fazit: Nix genaues weiß man nicht und die Medikamente sind ebenfalls nicht besser geworden.

      Das wird so auch nie etwas werden, wenn man den Blickwinkel immer nur auf einen krankhaften Vorgang verengt. Meine Meinung hierzu will ich nicht nochmal breittreten, nur soviel: Was ist, wenn der Bipolare völlig normal ist und nur die Umwelt nicht mehr zu ihm passt, weil er für eine andere konstruiert ist?
    • Anmerkungen zu dem Vortrag von Prof. Simhandl

      Hi,
      obwohl sich Prof. Simhandl in seinem Vortrag um ein vorsichtiges, abgewogenes Urteil bemüht, eine Verabsolutierung der medikamentösen Therapie tunlichst vermeidet, deren Unerlässlichkeit jedoch medizinisch indiziert sieht, nährt sein Vortrag meine Skepsis weit mehr, als dass er sie zerstreute. Ich will nicht gleich von einem Widerspruch reden, aber eine Unstimmigkeit haftet seinen Ausführungen doch an, wenn er (ab Min. 04:00), darlegt, dass bei bis zu 75% der stationären bipolaren Patienten eine Umstellung der Medikation erforderlich ist, weil bei bis zu 50% die Medikamente wirkungslos bleiben, bei weiteren 25% gravierende Nebenwirkungen dazu zwingen. Damit ist noch nichts darüber gesagt, wie oft aus diesen Gründen ein Medikamentenwechsel vorgenommen werden muss. Das ist auch insofern von Relevanz, als - wie Simhandl gegen Ende des Vortrages (ca. ab Min. 23:40) feststellt - jeder Medikamentenwechsel eine Belastung für das Gehirn ("unser Hirnkastl") darstellt, ohne dass die dadurch bedingten Schädigungen spezifiziert werden. Die daraus abzuleitende therapeutische Anweisung, Medikamentenwechsel so wenig wie möglich, ist jedoch angesichts der zuvor genannten Häufigkeit einer nicht zu vermeidenden Umstellung der Medikation gar nicht zu realisieren. Nach den von ihm selbst herangezogenen Kriterien hat es auf diesem Gebiete in den letzten 10 Jahren keinerlei Fortschritte gegeben.

      Am Ende plädiert Prof. Simhandl dafür, neben der medikamentösen Therapie die "verschiedenen Ebenen der bipolaren Erkrankung zu bearbeiten", also die Gesamtheit der Persönlichkeit, des familialen und sozialen Umfeldes, Lebensgeschichte und -rhythmus usw. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang aus meiner Sicht sein Rückgang auf die Philosophie des 19. Jahrhunderts, welche die "Depression als eine Zeiterkrankung" begriffen hatte. Notabene: gemeint ist gerade nicht die Depression als eine Erkrankung einer bestimmten historischen Epoche, sondern als ein Leiden an der Zeit. Das entspricht meiner Zeiterfahrung während der Depression, die ich als eine vollkommene Abstraktheit empfinde. Vielleicht ließe sich auch sagen, die Reduktion der Zeit auf ihre pure physikalische Herrschaft über das menschliche Leben. Dieser inne zu werden, könnte eine psychische Reaktion in Gang setzen, wie sie ähnlich geschieht, wenn man sich in einem radikalen Sinne der Endlichkeit des menschlichen Lebens bewusst wird. Vor einigen Wochen hat Heike diese Frage mit der Unterscheidung von Depression, Melancholie und Trauer aufgeworfen. Die umstandslose Reduktion der Depression (und Manie) auf eine medikamentös zu beherrschende Affektstörung verkennt die Differenz zum Begriff der Gestimmtheit, welche in der älteren, nicht-biologistischen Psychiatrie von zentraler Bedeutung war. Nicht von ungefähr erwähnt Simhandl in diesem Kontext den Heidelberger Psychiater Hubert Tellenbach. Die Österreicher scheinen hier weiter zu sein als die Mehrheit ihrer deutschen Fachkollegen, zumindest derjenigen, welche in der DGBS zusammengeschlossen sind. Auf die rheinische Frohnatur Prof. Manfred Lütz, der erklärtermaßen selbst dem religiösen Wahn verfallen ist, würde ich dabei nicht viel setzen. Diese Umkehrung von Normalität und Wahn, Krankheit und Gesundheit ist wohlfeil, lässt sich freilich vortrefflich in die klingende Münze eines Bestsellers verwandeln.

      Gruß
      Laci
      "Tief im Herzen haß ich den Troß der Despoten und Pfaffen, Aber noch mehr das Genie, macht es gemein sich damit." (Hölderlin)

      "Nun müssen diejenigen, welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch möglich sein?" (Aristoteles)
    • Sehr schöner Beitrag, der vieles enthält, was ich mir so noch nicht klar gemacht hatte,

      lieber Laci,

      jedenfalls viel interssanter als der Vortrag selbst, der eigentlich sogar für den informierten Laien nix Neues bietet.

      Über den Aspekt "Zeit" muss ich nochmal nachdenken, dazu habe ich (noch) keine Meinung. Wenn Du mit Zeit, Zeitgeist oder damit zusammenhängende Lebensumstände meinst, bin ich bei Dir.

      Ernüchternd ist, wie im Klinikalltag mit den Medikamenten herumgekaspert wird, als wären es Smarties. Wer sich dort einmal umschaut, sieht sich lauter Kollateralschäden gegenüber, nämlich den Nebenwirkungen, die aus Menschen Zombies machen.

      Ein Meilenstein in die falsche Richtung war die Aufgabe der Unterscheidung zwischen exogenen und endogenen Depressionen. Für mich liegt es auf der Hand, dass man Depressionen, die auf äußeren Umständen beruhen, nicht medikamentös behandeln kann (man tut es dennoch, eine Mitpatientin mit Liebeskummer war mir vier Neuroleptika behandelt worden und hatte davon einen Schiefhals), sondern nur durch eine Veränderung eben dieser Umstände und das wiederrum kann ein Psychiater gar nicht leisten. Diese Sucht der Ärzte für alles und jedes eine Antwort haben zu müssen, ist verhängnisvoll. Wenn man nichts weiß, einfach mal die Klappe halten (Nuhr).

      Lütz kommt sicher etwas launisch um die Ecke, er versteht sich ja zum Teil auch als Kabarettist. Was mir aber gefällt, dass er die "Kirche im Dorf" lässt und nicht zur Dramatisierung neigt. Niemandem ist gedient, wenn der eigene Arzt genauso hilfsbedürftig wirkt wie sein Patient. Diese Dramatisierung ist auch ein Fehler, den viele Psychiater machen, man bekommt als erstes eingehämmert, wie schlimm es um einen steht, bis man es selbst glaubt - Self Fulfilling Prophecy. - Psychologen können das im übrigen auch prima, bekommen in aller Regel aber nicht einmal ihr eigenes Leben auf die Kette, wobei ich mir immer die "Huhn-Ei-Frage" gestellt habe, nämlich: Hat sie der Beruf zu dem gemacht, oder ist diese Hilflosigkeit Eingangsvoraussetzung für den Beruf.
    • Sehr guter Beitrag

      Hi Jannis,

      Du sprichst mir aus der Seele.

      Bei den Tabletten die man bekommt - möchte man gar nicht erst durch sie geheilt werden.

      Gruß Cine

      Ps: Vorallem wen man weis welchen Schaden sie anrichten können.
      Ich sehe die Bipolarität nicht als Krankheit, sondern mehr als Evolution des Menschen an.

      Es zeigt sich gerade an Leuten wie uns, dass die Natur mit dem Menschen immer noch Experimentiert.

      Wir sind also nicht Vollkommen und somit nicht die Krönung der Schöpfung.

      Das ist an all die gerichtet, die sich für etwas besseres halten !
    • Bei Lütz blicke ich nicht ganz durch - so sympathisch sein Buchtitel "Wir behandeln die Falschen" auch ist, habe ich ihn vor etlichen Jahren auch mal im TV als
      recht reaktionären katholischen Psychiater erlebt.
      Leider weiss ich nicht mehr welcher Sender und worums da ging, aber er fiel mir als ziemlich extrem "rechtskatholisch" auf damals...
      Entweder irre ich mich oder er hat sich gewandelt seither (ca. 10-15 Jahre her).....

      lg
      eule4
      "So sehr die Gegenwart sich um den Beweis ihrer Alternativlosigkeit auch bemüht, wird sie dennoch von der Zukunft abgelöst."


      Felix Kriwin
    • Keine Ahnung Eule, vor 10 - 15 Jahren habe ich ihn noch nicht wahrgenommen. Sollte er damals tatsächlich reaktionär gewesen sein, weiß ich auch weshalb. Seine Konfession interessiert mich nicht, so etwas halte ich für eine Privatangelegenheit. Ich selbst habe mich von jeglicher Zughörigkeit verabschiedet, weil alle Religionen eins gemeinsam haben: Sie verraten laufend ihre Ideale und pervertieren das, wofür sie gedacht waren: "Seid lieb zueinander!" - Hätte völlig ausgereicht, das ist der Kern aller Weltreligionen.

      Es steht nirgendwo etwas im Koran, dass man mit gecharterten Flugzeugen in fremder Leute Hochhäuser fliegen darf und es steht auch nichts in der Bibel davon, dass Hexen unbedingt verbrannt werden müssen.

      Schon die zehn Gebote sind ein Zuviel an Geschwafel, von den ganzen, teils grenzdebilen Gleichnissen will ich gar nicht erst anfangen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Jannis ()

    • Jannis schrieb:

      nd es steht auch nichts in der Bibel davon, dass Hexen unbedingt verbrannt werden müssen.


      Doch, lieber Jannis DAS steht so in der Bibel !

      Beispiel: " Da verstellte sich Saul und kleidete sich in andere Kleider und ging, er und zwei Männer mit ihm; und sie kamen nachts zu der Frau. Er sagte nun: „Wahrsage mir bitte durch Verkehr mit Geistern, und bringe mir den herauf, den ich dir bezeichnen werde.“ Die Frau sprach jedoch zu ihm: „Siehe, du selbst weißt wohl, was Saul getan hat, wie er die Geistermedien und die berufsmäßigen Vorhersager von Ereignissen vom Land abgeschnitten hat. Warum also handelst du wie einer, der meiner Seele eine Falle stellt, um mich zu Tode bringen zu lassen?“ (1. Samuel 28:8,9)

      Dann gibts noch " "Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen" (Ex 22,17)."

      galt aber auch für "Zauberer und Hexer", finde nur all die Stellen auf die Schnelle nicht, sorry....

      lg
      eule4
      "So sehr die Gegenwart sich um den Beweis ihrer Alternativlosigkeit auch bemüht, wird sie dennoch von der Zukunft abgelöst."


      Felix Kriwin
    • ich bin als "Protestant" geboren, obwohl ich damals gar nicht protestiert habe dagegen.
      Mein Geist dachte wohl, dass 5 Jahre nach der allgemeinen Menschenrechtserklärung der UN man sich nun relativ gefahrlos at Terrae bewegen könnte, was natürlich ein Irrtum war, da ja heute immer noch nicht die Menschenrechte eingehalten werden, weder in Drittweltländern noch in gewissen Polizeirevieren wie Fulda oder
      Darmstatt...
      So kann man sich täuschen im interstellaren Raum - nächstes Mal lasse ich mir mehr Zeit !

      Aber was solls - ist ja auch irgenwie "lustig" hier: Immer die Jungen haben den "grössten Plausch", weil die Alten ja nicht mal mehr die Sprache verstehen... :thumbsup:

      ich vertraue denen...

      lg
      eule4
      "So sehr die Gegenwart sich um den Beweis ihrer Alternativlosigkeit auch bemüht, wird sie dennoch von der Zukunft abgelöst."


      Felix Kriwin