Neues Psychologengesetz 2013: Schnellschuß ins Knie

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Neues Psychologengesetz 2013: Schnellschuß ins Knie

      In Österreich steht ganz unmittelbar die Verabschiedung eines neuen Gesetzes bevor.

      Dieses betrifft die Regelung der Befugnisse und Pflichten von PsychologInnen und ist hier nachzulesen:
      parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/ME/ME_00538_65/index.shtml



      Es gibt diesbezügliche mehr als eine heftige Kontroverse.

      Vorgesehen ist nämlich, wenn ich es richtig verstehe, daß in Zukunft PsychologInnen, die im Rahmen ihrer Ausbildung ein Minimalwissen

      über psychischer Erkrankungen vermittelt bekommen, jedoch keinerlei (lies: NULL) Wissen über Medizin besitzen,

      in Zukunft sozusagen die "Alleinherrschaft" über die Diagnose von psychiatrischen Erkrankungen, deren Begutachtung und Therapie (!)
      bekommen sollen.



      PsychologInnen können sehr wertvolle Ergänzungen zur Therapie und/oder Diagnostik bei psychiatrischen Erkrankungen sein.
      Die wenigsten haben jedoch JE wirklich mit psychiatrisch Erkrankten zu tun gehabt. Sie haben im Studium praktisch keinerlei Wissen bezüglich der naturwissenschaftlichen Grundlagen (begonnen mit Chemie, Anatomie, Physiologie, Biochemie, Pharmakologie) vermittelt bekommen.

      Es wäre mehr als fahrlässig, dieser Berufsgruppe die Bürde der Diagnostik, Differenzialdiagnostik (so simple Sachen wie: ja, Kortison KANN Manien auslösen, bis hin zu schwierigen Fragen wie zB: hier ist eine GENAUE Labordiagnostik notwendig; davon haben Psycholgogen - und müssen und sollen sie auch nicht - NULL Ahnung), und Therapie (Psychopharmaka sind ein wirklich SCHWIERIGES Spezialkapitel innerhalb der Pharmakologie) zuzumuten.

      Dies ist für PsychologInnen selbst, aber umso mehr für Betroffene, FAHRLÄSSIG.



      Ich brauche nichteinmal zu erwähnen, daß VIELE "psychische" Erkrankungen organisch bedingt sind, also ANDERS behandelbare körperliche Ursachen haben, die KEIN(E) Psychologe(In) jemals kennen kann.



      SOLLTE das österreichische Parlament das "durchwinken", droht eine unglaubliche Schlechtstelllung und Mißachtung von Menschen mit psychischen Symptomen.
    • Das ist in der Tat heftig. In Deutschland dürfen Heilpraktiker (gibts die bei Euch auch?) Psychotherapie anbieten, fragt sich mit welchem Wissen. Eine Mandantin hat Ausbildung und Prüfung an einem (!) Wochenende gemacht. Es wird Gesetzeskunde abgefragt. Und es geht noch weiter, die dürfen durchaus invasiv tätig sein und sie verzögern oder verhindern den Zugriff der Schulmedizin auf anfänglich beherrschbare Probleme. Ich finde das skandalös und dass die Kassen so einen Sch... auch noch bezahlen, ist unfassbar. Mit Bachblüten kann man nunmal nicht alles heilen und mit Homöopathie nie. Es ist für mich auch ein Ding, dass es Tatoostudios gibt, das sind invasive Eingriffe mit allen damit verbundenen Risiken. - In Deutschland geht es immer nur darum, ob Heilkunde ausgeübt wird, nur dafür braucht man eine Erlaubnis. Ist das Ziel dagegen die Verschönerung ist nahezu alles erlaubt, auch wenn die Risiken dieselben sind. - Wie vieles: Quatsch
    • Heißt es auch, dass keine ÄrztInnen in der Zukunft diagnostizieren dürfen, sondern die PatientInnen zu PsychologInnen zwecks Diagnosenfindung schicken müssen? Das fände ich arg...
      "Perhaps this final act was meant, to clinch a lifetime's argument
      That nothing comes from violence and nothing ever could
      For all those born beneath an angry star
      Lest we forget how fragile we are..." (Sting)
    • psmmg schrieb:


      PsychologInnen können sehr wertvolle Ergänzungen zur Therapie und/oder Diagnostik bei psychiatrischen Erkrankungen sein.
      Die wenigsten haben jedoch JE wirklich mit psychiatrisch Erkrankten zu tun gehabt.

      ....
      ....

      SOLLTE das österreichische Parlament das "durchwinken", droht eine unglaubliche Schlechtstelllung und Mißachtung von Menschen mit psychischen Symptomen.
      Verstehe die Aufregung der Ärzte sehr gut, is wirklich der Hammer.

      Aber zu deinem Argument --- "die wenigsten haben jedoch JE wirklich mit psychiatrisch Erkrankten zu tun gehabt".

      Laienfrage: Müssen die klinischen Psychologen um die es dabei wahrscheinlich geht, nicht ein Pflichtpraktium/Turnus oder so ähnliches auf einer
      psychiatrischen Station im Krankenhaus erfüllen.
      Wenn, ja würde mich die Dauer interessieren.

      Bin da aus eigener Erfahrung eher bei Psychotherapeuten skeptisch bezüglich Erfahrungen und Wissen über psychiatrische Erkrankungen,
      sind ja sehr viel auch aus anderen Quellberufen wie Lehrer usw. unter den Psychotherapeuten, die damals noch schnell vor der Reform
      ihren Schnellabschluss bezüglich Psychotherapie gemacht haben.

      Grüße Chiron

      Laut Zeitungsbericht Standart wurde im Gesetzesentwurf unklar formuliert und es wird auf alle Fälle nachgebessert.
      *****************************************************************************
      Wall von Kristall allüberall ~ schliesse Dich rings um mich
      schliesse ein mich im Sein ~ überwölbe mich
      überforme mich ~ lass nichts herein
      als Liebe, Licht, Leben allein
      So ist es und so soll es sein.

      *****************************************************************************
    • Meine Schwester wird klinische Psychologin und hat von psychischen Erkrankungen Erwachsener m.E. nur wenig Ahnung... wäre interessant, wie sie mich diagnostizieren würde...
      Außerdem kann man z.B. eine bipolare Störung nur ganz schwer mittels Tests diagnostizieren... man kann sie höchstens ausschließen oder von Persönlichkeitsstörungen abgrenzen -- aber selbst ein vierstündiger Test gibt nicht so viel Informationen, wie viele ein Arzt bekommt, wenn er den Patienten längere Zeit kennt... ich kann nur den Kopf schütteln...
      Gelten jetzt eigentlich noch die Diagnosen, die von einem Arzt gestellt worden sind? Oder muss man sie dann von einer Psychotante "überprüfen und bestätigen" lassen, die gerade mal einige Stunden hat, den Patienten kennen zu lernen?
      "Perhaps this final act was meant, to clinch a lifetime's argument
      That nothing comes from violence and nothing ever could
      For all those born beneath an angry star
      Lest we forget how fragile we are..." (Sting)
    • Was Ärzte dürfen und müssen , ist im Ärztegesetz geregelt und nicht im Psychologengesetz.....Aufregung daher eher überzogen, auch wenn ich zugeben muss, dass der
      Entwurf des Psychologengesetzes saublöd formuliert ist.

      Eher ärgerlich finde ich die Tatsache, dass Psychotherapeuten mit jahrelanger Ausbildung damit plötzlich als minderqualifiziert dargestellt werden, weil sie den
      klinischen bzw. Gesundheitspsychologen nicht beantragt haben bzw. wollten.

      Bis vor etwa 20 Jahren wurden Gesetzesentwürfe von ausgewählten Vertretern der Notariatskammer und der Rechtsanwaltskammer sowie allenfalls betroffenen Berufsgruppen überprüft, bevor sie ins Parlament kamen. Keine Ahnung, warum das nicht mehr so ist, denen ist so ein Mist sofort aufgefallen und der Entwurf musste solange korrigiert werden, bis er passte.

      Übrigens gab es in den 80er Jahren kurzfristig mal eine Diskussion in Salzburg, ob nicht auch ein Psychologe die Stationsführung übernehmen könnte/sollte. Hat sich auch schnell totgelaufen.....zum Glück.
    • Zum Glück wurden jetzt, aufgrud der vielen zu diesem Gesetzt geäußerten Bedenken, praktische alle von den Betroffenen Änderungen vorgenommen.
      zb die Ergänzung

      :(4) Durch dieses Bundesgesetz wird der durch das Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, durch das Musiktherapiegesetz, BGBl. I Nr. 93/2008, oder durch das Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990, geregelte Berechtigungsumfang nicht berührt. Ebenso werden durch dieses Bundesgesetz Tätigkeiten von Psychologinnen und Psychologen in jenem Umfang nicht berührt, als für diese Tätigkeiten besondere gesetzliche Regelungen bestehen.

      usw.




      ohne derartige zusätze wäre ein grosses tohuwabohu zu befürchten gewesen.
    • Heißt es, dass Ärzte weiterhin das Recht haben, zu diagnostizieren? (eigentlich war meine größte Befürchtung, dass dies in der Zukunft nur noch PsychologInnen tun dürfen...). Die PsychologInnen führen stundenlange Tests durch, um dann irgendeine kombinierte Persönlichkeitsstörung, nicht näher definiert, festzustellen und es kommt meistens keine handfeste Diagnose raus -- der Arzt hingegen kennt den Patienten oft schon sehr lange, und seine geübten Augen können eine (Hypo)manie oder eine Depression schnell erkennen... Ich war einmal schwer depressiv bei einem Psychologen (man konnte die depressive Verstimmung gut sehen und ich habe auch davon berichtet), und musste dann zig Formulere mit Depressionsskalen ausfüllen, um zu bestätigen, dass ich depressiv bin...
      "Perhaps this final act was meant, to clinch a lifetime's argument
      That nothing comes from violence and nothing ever could
      For all those born beneath an angry star
      Lest we forget how fragile we are..." (Sting)
    • Ja, das heißt es, ohne den Zusatz wäre das aber anders gewesen!

      . Zum Glück wurde hier dann zuletzt doch nicht "aus der Hüfte geschossen", sondern den Bedenken der verschiedenen betroffenen Gruppen Platz eingeräumt. Mir liegt die volle jetzige Version nicht vor, es wird aber berichtet, daß weitgehend alle beanstandeten Stellen "verbessert" worden sind.
    • Stimmt und stimmt nicht: nämlich für alle, die im "Hiatus" - der Zwischenzeit - auf ein OGH-Urteil warten müssen.

      Und das kann bekanntlich dauern.

      Ausserdem empfinden es womöglich zurecht einige Menschen als bedauerlich und bemerkenswert zugleich, sollten Gesetze beschlossen werden, die schon bei erster Betrachtung sehr wahrscheinlich vor dem OGH landen müssen...., oder?
    • Gute Nachricht, dass das doch noch repariert wurde !

      Husch, Pfusch Gesetze vor der NR-Wahl, sollten hoffentlich ausbleiben.
      *****************************************************************************
      Wall von Kristall allüberall ~ schliesse Dich rings um mich
      schliesse ein mich im Sein ~ überwölbe mich
      überforme mich ~ lass nichts herein
      als Liebe, Licht, Leben allein
      So ist es und so soll es sein.

      *****************************************************************************
    • na wenigstens ein Minimalwissen

      Hallo Moritz,

      es ist ja toll das jetzt wenigstens gesetzlch ein Minimalwissen vorgeschrieben wird. Es ist nämlich toll wenn du eine Gesprächstherapeutin hast und ihr etwas von deiner Erkrankung erzählst und du das Gefühl hast sie versteht nur Bahnhof - na wie denn auch sie hat diesbezüglich ja keine Ausbildung - also wie soll sie dir denn helfen?