Ich habe bei Youtube ein Video eingestellt. Es beschreibt die momentane Situation. Ich habe natürlich längst angefangen, das Chaos zu dezimieren, aber es dauert jedes Mal Stunden, bis ein Raum einigermaßen hergerichtet ist. Und da das Problem länger besteht, ich mir aber gesagt habe, diesmal nehme ich keine fremde Hilfe in Anspruch und mache das selbst, ist mir ein Messiesong eingefallen. Die Melodie und der Text standen fest, das andere habe ich mit der Handykamera und dem Music Maker gemacht. Wie findet ihrs? Meine Schwester war begeistert, der Song ist punktgenau und selbstironisch.

Es hätte damals schon sehr geholfen, wenn ich jede Woche jemanden zu uns eingeladen hätte, am besten von den damaligen Helfern. Vor ca. 2 Jahren mussten die Heizlüftungsventile gewechselt werden. Ich hab einen megaschweren Migräneanfall gekriegt und gedacht: Das schaff ich nicht alleine. Darum haben sie mir geholfen, mit dem Ergebnis, dass sie alle Schraubenzieher (auch unsere) mitgenommen haben und nach einigen Monaten der alte Schlendrian wieder einkehrte. Wir haben sonst auch keine Freunde und verlassen die Wohnung, um jemanden zu treffen. Ich kenne nur Leute aus Selbsthilfegruppen, ich hab damals meine Freunde durch meine Krankheit verloren, weil ich Unsinn gemacht habe.

Jetzt habe ich mich informiert. Wenn wir das sowieso bezahlen müssen, kann ich auch gleich einen Sozialarbeiter beauftragen. Der ist emotional nicht involviert und kann auch praktische Tipps geben. Deshalb habe ich mich entschieden, mir von der Stadt direkt Hilfe zu holen.

Der meint, man müsste nur öfter was wegschmeißen. Er ist selber auch kein Ordnungsfanatiker und lässt Sachen auf dem Tisch liegen, sogar Tüten (die würd ich ihm am liebsten um die Ohren hauen ), und in seiner alten "Behausung" (Dachkammer) hat es eingeregnet. Da hat er den vollgeregneten Papierkorb mitsamt dem Müll in die Tonne geschüttet. Der Staub lag so hoch, dass Motten auf der Suche nach Gasmasken ausgeflogen waren, im Kleiderschrank war die Stange runtergebrochen auf Grund der zu schweren und zu vielen Anzüge, seit der Fehlermeldung im Staubsauger wurde auch nicht mehr gesaugt usw.

Er ist der Letzte, der mir Druck oder Vorwürfe macht. Darum sind wir ja auch zusammen geblieben. In der alten Wohnung (60 m² 2 Zimmer) hatten wir diese Problematik nicht. Da war schnell mal durchgesaugt und aufgeräumt. Aber jetzt fühle ich mich total überfordert. Aus Erfahrung weiß ich auch, dass, wenn man nach nem 8 Stunden Tag nach Hause kommt, man Erholung braucht und nicht noch in der Bude putzen will. Ich finde Hausarbeit grundsätzlich vertane Zeit. In der man was Schöneres machen könnte, Schwimmen gehen oder Fotografieren. Es ist auch Sisyphusarbeit. Man schiebt die Kugel hoch, verschnauft, die Kugel rollt wieder runter usw. Man saugt Staub, um 6 Tage später wieder Staub zu saugen, man fegt, um 3 Tage später wieder zu fegen usw. Eben Arbeiten, die man nicht würdigt und nicht sieht, aber wehe man macht den ganzen Putzkram nicht, dann sieht es jeder.

Auch mein Mann sammelt. Marathon-T-Shirts und Anzüge für die Arbeit. Und jede Menge Schuhe, von denen er sich nicht trennen will, wo er Gedichte darüber schreibt, wie er seine alten Hausschuhe entsorgt... Wenn wir eine Haushaltshilfe hätten, wären wir vermutlich keine Messies. Aber dazu fehlt uns das Geld, bzw. ich müsste wieder arbeiten gehen. Ich würde gerne wieder im Büro arbeiten und was tun, was ich wirklich kann, und dafür zuhause eine saubere aufgeräumte Wohnung haben. Bloß wer nimmt mich noch in dem Alter mit dem Übergewicht?

Nein, so nimmt nicht jeder ab. Und wenn, dann nur vorübergehend, bis die Lust auf Schokolade nicht mehr zu dämpfen ist, oder auf Eis. Ich esse jetzt oft Obst. Zu trinken gibt es nur ungesüßten Kaffee und Mineralwasser. Trotzdem nehme ich nichts ab.

Und: Es muss ja keiner bei uns wohnen. Dazu würden wir niemanden zwingen.

Jemand, der von diesen Problemen keine Ahnung hat, sollte sich zurückhalten. "Messiewohnung muss nicht sein" und "Übergewicht muss nicht sein", und "jeder kann das", solche Sprüche höre ich genug. Die kommen von Leuten, die davon nichts verstehen.