Das MONARCA Projekt: geniale Früherkennung und/oder "1984"?

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    • Das MONARCA Projekt: geniale Früherkennung und/oder "1984"?

      monarca-project.eu/
      Hier eines der ersten Themen, welches am Bipolar-Symposium in Innsbruck dieses Jahr behandelt wurde.
      Und es erfüllt den Anspruch eines "kontroversiellen" Themas, denke ich, sehr gut.

      Es wurde von Prof. Haring (Hall/Tirol) vorgestellt, der bereits die ersten Erfahrung mit Testpersonen sammeln konnte.

      Das MONARCA Projekt ist ein EU-Projekt, welches entworfen wurde, um bipolaren PatientInnen ein zusätzliches "Werkzeug" in die Hand zu geben,
      um ihre Phasen zu monitorisieren. Das heißt, es ist eine Art "Stimmungskalender 2.0".

      Das ganze basiert vor allem auf Smartphone-Technologie (Die ersten Probanden erhielten als Anreiz zum mitmachen ein Smartphone, das sie dann auch behalten durften - was spontan beim Publikum etwas Neid erzeugte ;) - aber Spaß beiseite, hier berichte ich, worum es geht:

      Per Smartphone werden nicht nur die üblichen täglichen "Stimmungsfragen" abgefragt und eingegeben.
      Es werden auch Bewegungsmuster erstellt, die Anzahl der umgebenden möglichen "Bluetooth"-Verbindungen gescreent (das ist zB ein Indikator dafür, ob man sich gerade in einer dicht besiedelten Gegend oder irgendwo in der Natur aufhält).

      Die (derzeit noch nicht verwendete) Vollversion sieht noch mehr vor:
      - "fühlende Socke" mit Hautwiderstandsmessung (Streßindikator) und Pulsmessung,
      - "Armbanduhr" zur Aktivitätsmessung
      - fallweise EEG

      Durch diese kontinuierliche Messungen soll eine Art Profil erstellt werden, welches dann eventuell mit affektiven Phasen korreliert.

      Ein möglicher Einsatz ist natürlich auch die Früherkennung von beginnenden manischen/depressiven/gemischten Phasen.

      Natürlich kommen bei dieser Form des "monitorings" auch sehr schnell Gefühle einer "Orwellianischen Überwachung" auf.
      Dieses Thema wurde durchaus kritisch und besorgt von Vortragenden und von Pubikum diskutiert.
      Eine bei uns in Österreich aus diesem Grund gewählte Einschränkung stellt zB ein Sicherheitsmechanismus dar, der jeden Tag abfragt, ob für diesen Tag die erhobenen Daten auch wirklich gespeichert/übvermittelt werden sollen.

      Die ersten Testpersonen haben, laut Bericht, positive Rückmeldungen gegeben.


      Was meint ihr?
    • Das klingt ein bisschen unheimlich für mich... misst das System also vieles von sich selbst, ohne Eingabe, oder? Heißt es dann, wenn man sich zu viel in dicht besiedelten Gegenden befindet, dass man evtl. manisch wird, weil man zu viel ausgeht?
      "Perhaps this final act was meant, to clinch a lifetime's argument
      That nothing comes from violence and nothing ever could
      For all those born beneath an angry star
      Lest we forget how fragile we are..." (Sting)
    • ok. die Armbanduhr lässt sich überlisten......rauf auf die couch und ein bisschen mit dem Arm pendeln, schon hast ne Aktivität (die dämlichen Schrittzähler am Arm funktionieren auch so *grins*)

      Und ansonsten muss ich gaaaaaanz dringend ein paar ernsthafte Worte mit den schönen Chr. reden..........:-)))))

      PS: und fürs EEG legt man sich das Samrtphone auf die Birne?????????
    • Vielleicht kann man einfach die "NSA" in den USA befragen, die haben doch eh alle Daten über uns... Nachdem mein Rechner abgeschmiert war, habe ich die auch um eine Kopie meiner Festplatte gebeten.

      Aber Spaß beiseite, man wird dann endlich die beruhigende Wirkung einer Fixierung feststellen können, der Probant bewegt sich nicht, tätigt keine unnützen Geldausgaben, also ist alles im grünen Bereich.
    • interessant

      Wenn ich freiwillig und gut informiert an einem med. Projekt teilnehme,
      dann kann man wohl nicht von >abhören< und >bespitzeln< reden.
      Ein bestimmtes Urvertrauen in die ausführenden Personen muss halt
      gegeben sein.

      Kann man das dann bei jedem Arzt machen lassen oder nur bei bestimmten?

      Angenommen es kündigt sich eine manische Phase an und das wird
      auch registriert, kommt dann jemand vorbei um zu helfen?

      *bisserldummbin*

      Glg bl
      Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit,
      nur beim Universum da bin ich mir nicht so sicher...
      A.Einstein
    • Blattlaus schrieb:


      Angenommen es kündigt sich eine manische Phase an und das wird
      auch registriert, kommt dann jemand vorbei um zu helfen?
      Glg bl


      Genau Blattlaus,
      es kommt schlussendlich NUR darauf an, WIE das ganze umgesetzt wird - ..je nach dem ob es ein reines Forschungsprojekt oder tatsächlich eine adäquate Hilfestellung für Betroffene ist..

      Das kann ich nicht beurteilen - der Link funktioniert bei mir nicht.

      Allerdings ist wieder meine Kritik (ich fürchte ich wiederhole mich;-)), dass derartige Studien keinen Anspruch an "erklärende Zusammenhänge" zwischen der Evidenz und der zu beweisenden Hypothese stellen können.

      Also als "Hilfsmittel" für Betroffene und konkretes Projekt mit anschließender Evaluation kommt es mir sinnvoll vor - aber ich fürchte, dass das Ganze wieder mal eine sinnlose EU-Studie ist, die den Betroffenen nicht viel nutzen, sond. nur wieder ein paar Ärzte irgendwelche Daten publizieren und unseriös mit Schein-Korrelationen auf populistische "Erklärungen" kommen.

      lg j&n

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von jeder & niemand ()

    • ich glaube zwar nicht, dass das...

      besonders viel bringt ( ausser ein bisschen Geld in bestimmte Kassen), aber als ein "1984" würde ich es auch nicht sehen, dafür ist der Personenkreis dann doch zu begrenzt...

      lg
      eule4
      "So sehr die Gegenwart sich um den Beweis ihrer Alternativlosigkeit auch bemüht, wird sie dennoch von der Zukunft abgelöst."


      Felix Kriwin
    • Da muss ich widersprechen. Genau diese Begrenzung des Personenkreises, also das besondere Vorgehen für eine (x-beliebig definierte) Minderheit IST ja ein möglicher Kritikpunkt.

      Mit viel Paranoia gesagt (bitte nicht wörtlich nehmen, ich spiele hier den advocatus diaboli und überzeichne bewußt )

      -Als psychisch erkrankt diagnostizierte Menschen werden per hochtechnologischer Verfahren monitorisiert.
      -Bei Registrierung von "möglicherweise" abweichendem Verhalten kommt die "automatische" Meldung und werden "zuständige Instanzen" informiert, die dann
      - irgendwelche - Konsequenzen ziehen.
      - auf die Spitze der Paranoia gebracht: die psychisch erkrankt Diagnostizierten sind soundso in irgendeiner elektronischen Krankenakte erfaßt. Es könnte nicht zu 100% garantiert werden, daß diese Daten nicht soundso von eigenen und fremden erkennungsdienstlichen Behörden mitgelesen werden. Schon jetzt sind die üblichen äußeren Daten wie Bewegungsmuster etc. über Handy damit prinzipiell und theoretisch verknüpfbar. Im Extremfall könnte dies (bitte wieder mit einer RIESENPORTION Salz zu lesen, aber diese Fragen sollten diskutiert werden) dazu führen, daß man, wenn einmal als "krank" erfaßt, dann ein "auffälliges Bewegungsmuster" und "auffälllige Kontakte", zB kein Zug- oder Flugticket mehr bekommt, da irgendein automatisiertes System Gefahr signalisiert.





      So ein Setting ist einerseits ja geradezu der "Urstoff" für Überwachung/Verschwörungstheorien.

      Gut genutzt, könnte auf der anderen Seite natürlich wirklich eventuell ein gutes Werkzeug für Früherkennung und Prävention entstehen.

      Ich finde, daß die aktuelle Datenschutzdiskussion rund um die erkennungsdienstlichen Aktivitäten der USA und EU einen ziemlich aktuellen Bezug bietet,
      derartige neue Technologien und deren mögliche Verwendung genauso zu diskutieren, wie den möglichen Mißbrauch.
    • Im schlimmsten Fall wird es zu einer "elektronischen Fussfessel" für psychisch Kranke/Auffällige.

      Im besten Fall: Unterstützt es einem beim Selbstmanagment der eigenen Erkrankung und
      man hat weniger Rückfälle und braucht weniger Medikamente und Arztbesuche.

      Große Spannungsbreite, wie bei vielen Sachen.

      Aufgrund der schon etwas angeheizten leichten Paranoia Richtung Überwachungsstaat
      würde ich darauf verzichten.
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      Wall von Kristall allüberall ~ schliesse Dich rings um mich
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    • Paranoid finde ich die Bedenken nicht gerade. Auf der anderen Seite findet die Stigmatisierung ja schon jetzt statt. In meinem sozialen Umfeld hat allein die Tatsache, dass ich damals zwangseingewiesen war, für viele bedeutet: Der ist verrückt, also brechen wir den Kontakt ab, darüber sind etliche Freundschaften zerbrochen. Als wenn das Faktum der Zwangseinweiung die Richtigkeit der Diagnose beweist.

      So eine Information geht halt rum wie ein Lauffeuer (ich bin bekannt wie ein bunter Hund), meine Kollegen haben sich darüber verständigt, es ist sogar bis zu allen meinen Mandanten weitergetragen worden.

      Das war ganz schön schwer, die im nachhinein davon zu überzeugen, dass ich keineswegs verrückt bin. Sogar der OLG-Präsident (Aufsichtsbehörde) ist genauso verständigt worden wie die Anwaltskammer. Mit einer solchen Diagnose in den Akten ist ja nicht einmal mehr der Wechsel in eine presiwertere private KV mehr möglich.

      Die Psychiater haben sich in keiner Weise an ihre Schweigepflicht gehalten und jedem trotz meines ausdrücklichen Verbots (schriftlich in der Patientenakte) Auskunft erteilt, der sich gemeldet hat. Und dann telefonierte noch ein völlig durchgeknallter Berufsbetreuer hinter mir her, den ich aber auf Abstand halten konnte. Und das alles weil ein Orthopäde (!) bei mir eine BS diagnostiziert hatte, was von allen Nachbehandlern, auch den psychiatrischen, einfach nur noch nachgeplappert worden ist, eine Differatialdiagnostik gab es nicht.
    • "Ist der Ruf erst ruiniert, lebt's sich gänzlich ungeniert."

      or in english

      "Once your reputation is ruined, you can stop worrying about what other people think?"




      Vorsicht - Sarkasmus !
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    • Zitat: "in the present study there might be basis for extending the use of the system to treatment of patients with bipolar disorder in clinical practice in General"

      ...klingt alles sehr nett - fast wie ein Maturaprojekt :whistling: ...aber viel mehr nicht. Klar ist der Datenschutz immer ein Problem - ...aber das haben wir doch ohnehin schon längst in allen Bereichen. Und in diesem Fall weiß der Patient ganz genau, dass er Daten von sich öffentlich macht. Soll jeder für sich selbst entscheiden.

      Viel schlimmer finde ich den UMGANG mit den bereits jetzt stets von jedem Arzt/Klinik erhobenen Daten. Zu denen hat ja fast jede Putzfrau freien Zugang. :thumbdown:

      lg j&n