Ronald D. Laing und das anti-psychiatrische Experiment der 60er/70er Jahre

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    • psmmg schrieb:

      Wo soll der Weg hingehen?
      Derzeit bauen die forensischen Psychiatrien (nicht mehr Teil der Krankenhäuser, sondern des Justizsystems) aus!
      Tja, das ist die Frage der Fragen: In Deutschland werden die forensischen Einrichtungen derzeit ebenfalls sehr stark ausgebaut. Wenn diese Einrichtungen vorhanden sind, werden sie auch gefüllt werden, das zeigt die Erfahrung. Es ist zwar richtig, dass die Forensik Teil des Justizsystems ist, richtig ist aber auch, dass dort natürlich auch Psychiater tätig sind und sich auf diese Weise am System, das teils sehr unschöne Züge hat, um es mal ganz vorsichtig zu sagen, beteiligen. Aus anwaltlichem Erleben kann ich nur sagen, dass die dortigen Insassen bei weitem rechtloser gestellt sind als der handelsübliche Knacki.

      Ich persönlich finde es gut, dass zu diesem Thema endlich mal was Dampf in der Bude ist!
    • Anmerkung zu einem wissenschaftstheoretischen Selbstmissverständnis

      Hi,
      Moritzens Empörung, in die Nähe des Auschwitz-Arztes Dr. Dr. Mengele gerückt zu werden, verstehe ich sehr gut. Auch ich würde dringlich an Jannis appellieren, diese Assoziation zu überdenken, und zwar nicht aus Gründen höflicher Umgangsformen, dies auch, vor allem aber, weil es der Sache nach ganz und gar irreführend ist. Die heutige Psychiatrie ist etwas anderes als die auf das rassistische Paradigma Rassenhygiene. Gerade wenn man die Geschichte der Medizin, der Psychiatrie im NS ernst nimmt, sollte man hier sehr gründlich und genau unterscheiden-, um der Sache, aber auch der daran beteiligten Personen willen. Wenn du hingegen meinst, deine Zuschreibung sei sachlich geboten, dann, Jannis, musst du das auch in einer Form vorführen, die das Argument erkennen lässt. Ein bloßes Ressentiment lässt sich zurückweisen, aber schlecht diskutieren.

      Es tut mir leid, Moritz, aber deine Vorstellung von Falsifikationismus und einer falsifizierbaren Hypothese ist vollkommen überholt. Spätestens seit der Debatte um das großartige Buch von Thomas S. Kuhn, Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, dt. Suhrkamp, 1967, und der anschließenden Forschungen des Wissenschaftsphilosophen Wolfgang Stegmüller zur Theoriendynamik, seit immerhin annähernd 50 Jahren, wird nicht einmal der hartgesottenste Popperianer einen Satz wie deinen verteidigen können und wollen
      Es ist das einfache Spiel von Wissenschaft.
      zB: habe ich eine prinzipiell falsifizierbare Hypothese?
      Wenn nein, auf den Müll damit.
      Wenn dem so wäre, das hat die wissenschaftstheoretische Debatte der letzten Jahrzehnte hinlänglich herausgearbeitet, hätte es überhaupt keinen Erkenntnisfortschritt gegeben, ein Begriff der ohnehin und noch ganz andere Schwierigkeiten bereitet. Allein zu explizieren, was eine "prinzipiell falsifizierbare Hypothese" ist, würde dich, das garantiere ich dir, in Teufels Küche bringen. Hier zeigt sich das, was ich deine szientistische Borniertheit nenne, die außerdem, aber das folgt aus der bornierten Einstellung, mit einer gehörigen Portion Arroganz durch die Welt stolziert. Ein bisschen mehr Respekt vor der intellektuellen Leistung anderer täte dir ganz gut.

      Gruß
      Laci
      "Tief im Herzen haß ich den Troß der Despoten und Pfaffen, Aber noch mehr das Genie, macht es gemein sich damit." (Hölderlin)

      "Nun müssen diejenigen, welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch möglich sein?" (Aristoteles)
    • Es tut mir leid, Laci, aber ich bleibe dabei: Nichtfalsifizierbares ist Müll.

      (Gaaaanz basal und simpel gemeint: Nichtfalsifizierbar im Sinn von: "Es gibt keinen Gott". Das ist nicht beweisbar, nicht widerlegbar (meines Wissens nach), und bringt einen Nirgendwohin.)

      Und ja, ich habe tatsächlich eine wirkliche Geringschätzung gegenüber Menschen, die sich theoretisierend die Hirnwindungen verbiegen und Meinungen verbreiten, ohne jemals auch nur irgendwie selbst für die Folgen Verantwortung zu tragen.

      Denn: in der Psychiatrie arbeitend ist man mit völlig anderen "Tatsachen" konfrontiert.
      Zuweisung, bipolar-depressiv, Bauchschnitt in suizidaler Absicht, glaubt, daß unsichtbare Fäden von der Decke hängen und bei jeder Berührung jemand sterben muss.

      Zuweisung: bipolar-manisch/psychotisch. 470.000 EUR durchgebracht. Job verloren . Auto (auf Kredit gekaufter Porsche) im Straßengraben, zwei Schwerverletzte. FS-Entzug. HIV eingefangen. Anklage wegen Morddrohung an Nachbarin (weil diese über den Kaktus am Balkon Befehle an die NSA erteilt).



      Zuweisung: Manie.

      Frau verletzt (Nasenbeinbruch). Weggewiesen. Will nicht bleiben, fühlt sich nicht krank, will keinerlei Medikamente; schimpft, spuckt, schlägt, beißt und attackiert andere Patienten auf der Station. Frau hat Todesängste.



      Das ist der echte Alltag. Der alltägliche Alltag einer "Nicht-Erkrankung" ....?

      Es gibt Menschen, die FÜR derartig ERKRANKTE Menschen argumentieren, und auch nach dem vierten, fünften und sechsten Mal wieder neu den Versuch einer Therapie wagen.



      Viele der Angehörigen haben sich schon längst verabschiedet.
      Arbeitsplatz ist unter diesen Bedingungen undenkbar.
      Für Invaliditätspensionen ist (angeblich) kein Geld mehr da.



      Das ist der Alltag, und genau so sieht es aus.
      Es macht die Sache nicht leichter, wenn man dann von genau diesen Leuten als Feind behandelt wird.
      Dennoch ist das völlig normal und "gehört dazu".

      Es ist aber sehr viel schwieriger, so eine Behandlung von Menschen zu erfahren, von denen man annimmt, daß sie derzeit NICHT gerade akut depressiv/manisch/psychotisch sind.
    • Hallo Jannis,

      also sollten die Ärzte aus reiner Selbstlosigkeit ihre Tätigkeit unentgeldlich erbringen? Wie ist es eigentlich mit der Zunft der Rechtsanwälte? Die wollen kein Geld erwirtschaften aus den Nöten der Klienten?

      Viele Grüße Heike
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).
    • Ich verdiene gleich viel Geld, wenn meine Station so gut wie leer ist, wie wenn sie mit Notbetten belegt ist. Im ersteren Fall habe ich aber "weniger Arbeit".

      Logische Denker würden vermuten, daß ich - und andere - PsychiaterInnen, nicht gerade darauf aus sind, ihre Arbeit ohne finanziellen Nutzen zu vermehren. Nur so nebenbei.

      Ich kenne die Situation in D nicht, kann aber mit Sicherheit sagen, daß hier in Salzburg jeder Psychiater/jede Psychiaterin im Krankenhaus heilfroh um eine (gut gelaufene, nicht mehr wieder zurück zugewiesene) Entlassung ist.

      Soviel sei verraten....
    • Von "unentgeltlich" ist hier nicht die Rede, ich würde auch keinen Handschlag ohne Bezahlung machen (obwohl der Anwalt wie auch der Arzt keine Gewerbesteuer bezahlen muss, weil beide ja den Job nicht aus finanziellen Motiven betreiben, sondern aus Berufung - das ich nicht lache). Was mich stört, das sind Zahlungen, die unter der Hand von der Industrie an den Arzt gehen, das betrifft nur die Chefärzte im klinischen Bereich und die niedergelassenen, wobei die ihr Einkommen durch sog. IGEL-Leistungen (das sind Leistungen, die von den Kassen nicht erstattet werden) noch weiter aufhübschen können.
    • Hallo,

      ich möchte auf eine Veröffentlichung von Dr. Asmus Finzen (Psychiater) hinweisen, den ich selber schon in einem Vortrag persönlich gesehen/gehört hatte. Er selbst ist auch Angehöriger eines kranken Familienmitglieds. Weiterhin gehört er auch zu den kritischen Betrachtern der heutigen Psychiatrie. Wohlgemerkt, kritisch, nicht aber antipsychiatrisch.

      Schizophrenie – mit der Krankheit leben - Hilfen für Angehörige und Betroffene

      Unter der Überschrift:

      "Warum die schizophrene Erkrankung eines Angehörigen eine Katastrophe für die ganze Familie ist"
      finden sich interessante Aussagen wieder. Gleich in der Einführung werden Statements von Angehörigen wieder gegeben:

      ...Ein Blick ins Inhaltsverzeichnis
      vermittelt einen Eindruck von der allumfassenden Betroffenheit: „Der Einbruch der
      Krankheit“ ist der erste Teil überschrieben. „Die Welt schien in Ordnung...,“ „Ich war die
      schizophrenogene Mutter...“, „Schuldzuweisung, Isolation, Ängste und kaum Hilfe“, „Mein
      Gott, irgendetwas muss ich falsch gemacht haben.“, „Und helfen kann uns keiner...“, - das
      sind ausgewählte Titel der Beiträge von Angehörigen, die einen langen Weg hinter sich
      gebracht haben, bis sie ihre Erlebnisse und Erfahrungen niederschreiben konnten.


      Unter dem Unterkapitel "Die Familienkatastrophe Schizophrenie - Die Große Kränkung" auf Seite 16 fand ich diese Aussage:

      „Als ich Psychologie studiert hatte, führte man alle psychischen Krankheiten,
      auch die ernstesten, auf eine Ursache zurück: Auf Fehler in der Erziehung. Alles
      wurde darauf zurückgeführt, wie man aufgewachsen war... Alle glaubten, dass
      die Ursachen für psychische Störungen in den frühkindlichen Erfahrungen des
      Betroffenen zu suchen seien. Ein Patient mit ernsthaften psychischen Problemen
      war demnach in frühen Jahren einem unerträglichen Druck, inneren
      Widersprüchen oder destruktiven Verhaltensweisen der Eltern ausgesetzt
      gewesen. Meiner Ausbildung zufolge war ich also an Loris Krankheit schuld,
      wenn sie wirklich ernsthaft psychisch gestört war. Das konnte und wollte ich nicht
      glauben. Also weigerte ich mich einfach zu sehen, dass Lori tatsächlich krank
      war.“


      Auf Seite 26 fand ich dieses Statement einer Mutter:

      "Für uns blieb neben der Betreuung des Jungen im Krankenhaus und dem
      Versuch, die übrigen Kinder zu beruhigen, die böse Frage nach der Ursache der
      Krankheit. Die damals noch lebenden Grosseltern wussten von keinem ähnlichen
      Fall in der Familie zu berichten. Also, so wurde uns von mehreren Seiten erklärt, es
      gebe nur eine Erklärung, und das sei überhaupt die Erklärung für die rätselhafte
      Krankheit Schizophrenie: falsche Erziehung, mieses Familienklima.“


      Auf Seite 27 schreibt der Autor:

      ...Nach dem derzeitigen Stand unseres Wissens gibt es keinen
      Anhaltspunkt dafür, dass die Schizophrenie durch Fehler in der Erziehung oder ein
      ungutes Familinmilieu verursacht wird....


      Ab Seite 28 wird nochmal auf die Ursachenforschung eingegangen und die entspricht interessanter Weise dem, was auch allgemein bei der bipolaren Störung wieder zu finden ist.
      Da heißt es z.B.:

      Wir gehen heute davon aus,
      dass Menschen, die später an Schizophrenie erkranken, schon vorher verletzlicher für
      Einwirkungen von innen und von aussen sind. Dabei wirken biologische, psychologische
      und soziale Einflüsse zusammen. Im Zusammenspiel machen sie die erhöhte
      Verletzlichkeit - die Vulnerabilität, wie es in der Fachsprache heisst - aus, die wir heute als
      Grundbedingung für die Entstehung einer schizophrenen Psychose betrachten. Es gibt
      aber keinen fassbaren Einzelfaktor, der dafür verantwortlich ist. Vieles spricht dafür, dass
      die Vulnerabilität individuell ist, dass jeder einzelne durch andere Belastungen verletzlich
      ist. Soviel ist sicher.


      Und weiter heißt es dort:

      Im Verlauf von mittlerweile über hundert Jahren Schizophrenieforschung haben sich jene
      Erklärungsansätze als am wenigsten tragfähig erwiesen, die eine einheitliche
      Entstehungsursache angenommen hatten: In der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts die
      Vererbungslehre, im dritten Quartal die Theorie von der "schizophrenogenen" Mutter und
      im letzten Jahrzehnt die Molekulargenetik. Am tragfähigsten sind jene Erklärungsansätze
      gewesen, die von einer sogenannten „multifaktoriellen“ Bedingtheit der schizophrenen
      Psychose ausgingen. Die Annahme einer verstärkten Vulnerabilität ist ein solcher Ansatz.


      Ich finde insgesamt läßt sich seine Veröffentlichung gut lesen und zeugt auch von viel Empathie, auch und gerade für die Angehörigen.

      In einem Beitrag von ihm, den ich gehört hatte, sagte er als Psychiater (in Anlehnung), plötzlich ändert sich die Sicht auf die Psychiatrie, wenn man selbst Angehöriger eines betroffenen Familienmitglieds wird und am eigenen Leibe spürt, wie die Psychiatrie mit Angehörigen umgeht, wie sie weggeschoben werden etc.

      wie würde die Sicht eines Psychiaters/einer Psychiaterin, eines Psychotherapeuten/einer Psychotherapeutin sein, wenn die Person plötzlich selbst betroffen ist. Als Angehörige/r Outen ist sicherlich einfacher, sich aber als Betroffene/r outen, ist wohl heute noch in vielen Fällen undenkbar. Sowohl auf der KollegInnen-Seite, wie auch von der "Erfahrenen-Seite.

      Viele Grüße Heike
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Heike ()

    • Finzen, den ich nicht kenne, scheint ein sehr kluger Mann gewesen zu sein. Die Selbstbetroffenheit mag den Blick schärfen. Mein Vater erkrankte mit 65 an juveniler Diabetes (dreimal spritzen am Tag). Er war sein sehr renommierter internistischer Chefarzt und musste selbst zugeben, die Krankheit erstmals bis in alle Verästelungen begriffen zu haben, als er selbst davon betroffen war. Er ist über 90 Jahre damit geworden, sicher, weil er sie sehr gut im Griff hatte.
    • Der Mythos der totalen Verfügbarkeit des menschlichen Lebens

      Hallo Heike,
      aus den kritischen Äußerungen Dr. Finzens geht hervor, dass alle die Ansätze der Erklärung und Behandlung seelischer Erkrankungen in die Irre führen, die von einer totalen Verfügung über die menschliche Natur ausgehen. Das gilt gleichermaßen für die biologistische Tradition wie für die auf eine pathologische Familienstruktur bzw. die Mutter-Kind-Dyade fixierten Theorien. In der Psychologie dominierte bis in die 70er Jahre, insbesondere im angelsächsischen Sprachraum, der von B.F. Skinner begründete Behavorismus, dessen Grundannahme die vollkommene Plastizität der menschlichen Natur war. Skinner selbst war der Auffassung, durch das System der Belohnung und Bestrafung (technisch ausgedrückt: positive und negative Verstärkung) könne jedes Individuum so zugerichtet werden, wie es erwünscht sei. Diese Theorie ist vor allem durch Noam Chomsky sprachwissenschaftliche Forschungen widerlegt worden: der Spracherwerb lässt sich auf der Basis des behavoristischen Reiz-Reaktions-Schemas nicht einmal beschreiben.

      Die gleiche Hybris gegenüber der Natur wirkte, so würde ich vermuten, auch in den kommunikationstheoretischen Erklärungen der Schizophrenie, mit dem zentralen Theorem des 'schizophrenogenen Muttertyps" fort. Alle seelischen Erkrankungen, so schien es, waren auf die pathologische Familienstruktur zurückzuführen. Die Annahme einer biologischen Prädisposition in Gestalt einer genetischen Veranlagung und/oder zerebraler Anomalien wurde per se unter Ideologieverdacht gestellt. Inzwischen ist hinlänglich erwiesen, dass die Frontstellung von Biologie und Gesellschaft bei der Ätiologie und folglich der Therapie psychischer Krankheiten den Blick auf die komplexen Zusammenhänge verstellt.

      Mein eigenen Erfahrungen haben mir dieser Einsicht aufgenötigt: Vor 20 Jahren noch stellte auch ich unter strikten Ideologieverdacht alle Behauptungen einer genetischen Disposition von Schizophrenie, Depression und anderen Geisteskrankheiten. In unserer Familie ist aber die erbliche Veranlagung dazu mit Händen zu greifen, und lässt sich auch nicht mit dem Argument aus der Welt schaffen, pathologische Familienstrukturen hätten über Generationen hinweg die manisch-depressiven Erkrankungen verursacht. Ein sehr guter Freund, mit dem ich zusammen studierte und der nach einem Zweitstudium der Medizin Psychiater wurde, sagte mir einmal, und in dieser Beschreibung finde ich mich ganz und gar wieder, eine Depression sei wie ein Einbruch der Natur in das menschliche Leben. Selbstverständlich sind wir immer Vernunft- und natürliche Wesen zugleich. Aber insbesondere die seelischen Erkrankungen erinnern uns daran, dass unsere Natur niemals vollständig verfügbar und durch medizinische Interventionen zu korrigieren ist. Das gehörte zum Selbstvertständnis der antiken Medizin. Im 19. Jhdt. vollzog sich verbunden mit dem Namen Virchow eine bewusste Abstoßung von der Tradition der Heilkunde (was übrigens in der Hexenverfolgung, in der eine "empirische Volksmedizin", wie der französische Historiker Michelet formulierte, ausgerottet wurde, einen Vorläufer hatte) und die am Ideal der mathematisch-experimentellen Naturwissenschaften ausgerichtete Herausbildung der modernen Medizin. Deren Erfolge, aber auch deren Verheerungen sind hinlänglich bekannt. Heute noch Medizin, Psychiatrie als reine Naturwissenschaft betreiben zu wollen, setzt wahrlich eine erhebliche Portion Ignoranz voraus.

      Gruß
      Laci
      "Tief im Herzen haß ich den Troß der Despoten und Pfaffen, Aber noch mehr das Genie, macht es gemein sich damit." (Hölderlin)

      "Nun müssen diejenigen, welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch möglich sein?" (Aristoteles)
    • Hallo Laci,

      vielleicht liege ich mit meiner Interpretation deines Begriffes Naturwissenschaft wieder falsch, aber ich probiere es mal, so wie ich das jetzt aus deiner Ausführung entnommen habe.

      Du nimmst den Begriff in seiner Wortwörtlichkeit, also der Natur, so wie sie ist, die Natur als Ganzes, die uns umgibt und die menschliche Natur, von natürlich, von einem natürlichen Wesen in der Natur, wie die Pflanze, wie das Tier an sich, in seiner Funktion und in seinem Wesen, in seinem Verhalten. Ein Wesen, nicht von der Natur getrennt zu betrachten.

      Während für dich die Medizin, den Menschen als eigenständig, als ein mathematisch, physikalisch, biologisch, chemisches Wesen auf teilt. Im alleinigen Zweck, die "Natürlichkeit" wieder herzustellen. Wobei die "Natürlichkeit" nicht ohne die Natur zu beschreiben wäre. Die Natürlichkeit besteht eben nicht nur aus den vorgenannten Bereichen, sondern auch aus dem Zusammenspiel mit Natur und Gesellschaft, im Zusammenspiel von Interaktion und daraus folgend prägend den Geist und den Körper. Das Gleiche gilt für dich in der Psychologie, die wiederum nur die Interaktion sieht, aber eben nicht die biologisch, chemisch, genetisch, physikalische Ebene. So wird die Natur wieder nur "halb" gesehen.

      Naturwissenschaft ist für dich also vom "Ganzen" ausgehend, vom natürlichen Wesen in der Natur. Verstehe ich dich da richtig?

      Viele Grüße Heike

      PS: Ich teile Jannis Aussage über Deine Art der Kommunikation, vielleicht ist sie dir einfach zu eigen geworden, aber meinetwegen mußt du dich nicht mit der hochinterlektuellen Sprache umgeben, ich bin mir auch so sicher, dass du dein Fach beherrscht. Und ich muß zugeben, auch mir fällt es manchmal nicht leicht, deine Texte auf Anhieb beim ersten Lesen ganz zu erfassen. Dabei stecken viele interessante Details in ihnen, die aber so in der "verklausulierten" Sprache eher untergehen. Mir selbst geht es um das Verstehen, um das Verständnis für Alle, obwohl auch ich meine Texte manchmal verkompliziere, aber dass entsteht mehr aus den vielen Gedanken, die aufeinmal in mir vorherrschen. Vielleicht kannst du dir einfach mal einen Ruck geben und ganz locker deine Thesen und deine Meinung schreiben ;-).
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Heike ()

    • Der Mythos der totalen Verfügbarkeit II

      Hallo Heike,
      Naturwissenschaft ist für dich also vom "Ganzen" ausgehend, vom natürlichen Wesen in der Natur. Verstehe ich dich da richtig?
      Nein, da verstehst du mich nicht richtig, sondern vollkommen falsch. Kann durchaus sein, dass dies aus einer unpräzisen Darstellung meiner Intention resultiert. Ich versuche es noch einmal, sie kurz darzustellen.

      Ich bin ausgegangen von der in der abendländischen Tradition ausgearbeiteten Konzeption, derzufolge der Mensch ein Natur- und Vernunftwesen zugleich ist. Als natürliches Wesen ist er wie andere Tiere auch ausgestattet mit Sinnen, Organen, Trieben, Bedürfnissen, Instinkten usw., doch ist er kraft seines Verstandes und seiner Vernunft imstande, die Grenzen seiner Natürlichkeit zu überschreiten, wobei die Sprache allem Anscheine nach die wesentliche Fähigkeit ist, durch die sich der Mensch von allen anderen Lebewesen unterscheidet. Die Menschen treten in Gemeinschaft, um die äußere Natur gemäß ihren Lebenszwecken zu bearbeiten, wobei sie das ausbilden, was wir Kultur im weiteren Sinne (einschl. dessen, was mitunter als Zivilisation davon abgegrenzt wird) nennen. Wie schon Aristoteles sagte, ist der Mensch ein geselliges Wesen, das sich auch nur in Gemeinschaft vereinzeln kann. Das Wesen des Menschen ist deshalb unzureichend bestimmt, wenn es allein in seiner naturgegebenen Eigenart verstanden wird. Seine Gesellschaftlichkeit wird deshalb auch als die zweite Natur des Mensfchen bezeichnet.

      In der antiken Medizin war die Einheit des Menschen als eines natürlichen und sozialen Wesen eine selbstverständliche Gewissheit. Die antike Heilkunde betrachtete die Natur nicht als einen Feind, den es zu beherrschen galt, sondern die Wirkkräfte der Natur sollten von der ärztlichen Kunst zum Wohle des Patienten zur Entfaltung gebracht werden. In diesem Sinne ist das schöne Zitat des Galenos von Pergamon (129-199) zu verstehen, der den Kenntnisstand der Medizin im Ausgang der Antike zusammenfasste:
      Der beste Arzt ist die Natur. Sie heilt drei Viertel aller Krankheiten und spricht nie Böses über einen Kollegen“

      Die als 'Hexen' und 'Hexer' verfolgten weisen Frauen und Männer hüteten ein über Jahrhunderte hinweg überliefertes Wissen über die heilende Wirkung von Pflanzen und Naturkräften, das systematisch ausgerottet wurde. Diese Zusammenhänge sind mittlerweile recht gut erforscht, und man kann sagen, dass der Siegeszug der modernen, naturwissenschaftlichen Medizin die Vernichtung dieser "empirischen Volksmedizin" zur Voraussetzung hatte.

      Die modernen Naturwissenschaften sahen bzw. sehen in der Natur von Anfang an einen Funktionszusammenhang, den es unter Kontrolle zu bringen und zu beherrschen galt. In der Medizin vollzog sich dieser Prozess seit Mitte des 19. Jhdts. und ist mit dem Namen Rudolf Virchow verbunden. Der menschliche Körper wird unter dem ärztlichen Blick zu einem System von Funktionszusammenhängen, die gemäß den mathematisch-experimentellen Verfahren der strengen Wissenschaften wie der Physik zu erforschen sind. Politik, so Virchow, sei nichts anderes als angewandte Medizin. Daran schloss sich der reformerische Eifer der erbbiologischen Medizin an, die nicht weniger versprach, als mit den Mitteln der 'Fruchtbarkeitsauslese' endlich die 'soziale Frage' zu lösen. Die Folgen sind bekannt: Zwangssterilisation und Euthanasie (im Sinne einer 'Vernichtung lebensunwerten Lebens') folgten daraus und waren keineswegs das verbrecherische Machwerk der Nazis. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: die biologistische Medizin nutzte die von den Nazis etablierten rechtlichen und sozialmoralischen Rahmenbedingungen, um ihre auf 'reine Naturwissenschaft' gegründete Utopie zu realisieren.

      Ganz allgemein lässt sich sagen, dass der Zweck der modernen Wissenschaften die Beherrschung der internen und externen Natur des Menschen ist. Extern z.B. durch die Physik, Chemie und verwandte Naturwissenschaften, der Beherrschung der internen Natur des Menschen widmen sich Medizin, Psychiatrie, Psychologie und die nach dem Vorbild der modernen Naturwissenschaften zugerüsteten Sozialwissenschaften. Von Anfang an ist die Psychiatrie als eine Institution der Beherrschung der menschlichen Natur in die Welt getreten, was insbesondere der französische Gelehrte Michel Foucault in zahlreichen Werken herausgearbeitet hat.

      Das kümmert unseren großen Meister einen Dreck. In einer an bornierter Arroganz kaum zu überbietenden Deklaration gibt Moritz zu verstehen, dass er von solchen Denkern nichts hält, davon nichts wissen wissen will und keinerlei Achtung vor der historischen und philosophischen Forschung hat.
      Und ja, ich habe tatsächlich eine wirkliche Geringschätzung gegenüber Menschen, die sich theoretisierend die Hirnwindungen verbiegen und Meinungen verbreiten, ohne jemals auch nur irgendwie selbst für die Folgen Verantwortung zu tragen.
      Denn: in der Psychiatrie arbeitend ist man mit völlig anderen "Tatsachen" konfrontiert.
      Und dann kommt eine Aufzählung, womit sich der Herr Doktor tagtäglich das Hirn zermartert, um Bipolaren und anderen psychisch Kranken zu helfen und welche Verantwortung damit verbunden ist. Niemand stellt in Abrede, dass ein Arzt einen verantwortungsvollen Beruf ausübt. Geradezu dämlich aber ist, damit einen privilegierten Erkenntnisstatus zu reklamieren. Mit gleichem Recht könnte dies jeder Lokführer, jede Busfahrerin tun-, aber da hört der Einsatz für die Unterprivilegierten längst auf. Herzlichen Glückwunsch, Moritz, zu der naiven Einfalt, die du dir anerzogen hast, um deine ärztliche Tätigkeit in solch ungetrübter Selbstliebe und Selbstgewissheit betreiben zu können.

      Gruß
      Laci
      "Tief im Herzen haß ich den Troß der Despoten und Pfaffen, Aber noch mehr das Genie, macht es gemein sich damit." (Hölderlin)

      "Nun müssen diejenigen, welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch möglich sein?" (Aristoteles)
    • Deine Angriffe auf Moritz finde ich schon sehr heftig, Laci. Im Trubel des täglichen Horrors, kannst Du kaum jedesmal philosophische Überlegungen anstellen, die Dinge müssen schlicht erledigt werden. Im Studium hatte ich mich mit Rechtsgeschichte beschäftigen müssen, für meine heutige Berufsausübung ist das völlig irrelevant, auch wenn ein früherer Gelehrter mal von "Naturrecht" schwadroniert hatte.

      Ob die als Standards (lege artis) in der Psychiatrie definierten Maßnahmen immer richtig sind, daran habe ich auch meine Zweifel.
    • Jeder Psychiater/jede PsychiaterIn, die/der vor Ort arbeitet, weiß einfach "aus Erfahrung "verschiedene Dinge, die täglich ins Handeln einbezogen werden müssen.

      Dazu gehört ZB:


      - nein, es gibt nicht "die bipolare Erkrankung" und "kein "Allgemeinrezept"- sondern immer nur indivuelle Fälle, Lebensgeschichten, Lösungsansätze.

      - ja, oft sind sehr viele andere Faktoren als "rein biologische" wesentlich wichtiger. ZB: finanzielle Sorgen als wohl mit häufigster Grund für einen psychotischen Schub. Sowas läßt sich nicht durch Medikamente oder philosophische Überlegungen behandeln, sondern nur mit Geld.

      Ja, ich empfinde es als unheimlich übergriffig und anmaßend, wenn jemand, der niemals in irgendeiner Weise selbst Verantwortung tragen muß, vom hohen Roß her verurteilt.

      Und: Ich kann nur zustimmen, was oben gesagt wurde. Wenn jemand ständig umständlichst fachsimpelt und dabei lange Texte erzeugt, verliert er nach ein paar Zeilen vermutlich alle ZuhörerInnen.



      Müßte ich zu einem Arzt oder einer Ärztin gehen, würde ich mir herzlich wünschen, daß sie/er mir die Dinge so erklärt, daß ich eine faire Chance habe, zu verstehen.
    • Hallo Laci,

      deinem Absatz:

      Ich bin ausgegangen von der in der abendländischen Tradition ausgearbeiteten Konzeption, derzufolge der Mensch ein Natur- und Vernunftwesen zugleich ist. Als natürliches Wesen ist er wie andere Tiere auch ausgestattet mit Sinnen, Organen, Trieben, Bedürfnissen, Instinkten usw., doch ist er kraft seines Verstandes und seiner Vernunft imstande, die Grenzen seiner Natürlichkeit zu überschreiten, wobei die Sprache allem Anscheine nach die wesentliche Fähigkeit ist, durch die sich der Mensch von allen anderen Lebewesen unterscheidet. Die Menschen treten in Gemeinschaft, um die äußere Natur gemäß ihren Lebenszwecken zu bearbeiten, wobei sie das ausbilden, was wir Kultur im weiteren Sinne (einschl. dessen, was mitunter als Zivilisation davon abgegrenzt wird) nennen. Wie schon Aristoteles sagte, ist der Mensch ein geselliges Wesen, das sich auch nur in Gemeinschaft vereinzeln kann. Das Wesen des Menschen ist deshalb unzureichend bestimmt, wenn es allein in seiner naturgegebenen Eigenart verstanden wird. Seine Gesellschaftlichkeit wird deshalb auch als die zweite Natur des Mensfchen bezeichnet.


      möchte ich mal ein Zitat von Nitzsche aus "Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn" entgegenstellen:


      In irgendeinem abgelegenen Winkel des in zahllosen Sonnensystemen flimmernd ausgegossenen Weltalls gab es einmal ein Gestirn, auf dem kluge Tiere das Erkennen erfanden. Es war die hochmütigste und verlogenste Minute der »Weltgeschichte«; aber doch nur eine Minute. Nach wenigen Atemzügen der Natur erstarrte das Gestirn, und die klugen Tiere mußten sterben. - So könnte jemand eine Fabel erfinden und würde doch nicht genügend illustriert haben, wie kläglich, wie schattenhaft und flüchtig, wie zwecklos und beliebig sich der menschliche Intellekt innerhalb der Natur ausnimmt. Es gab Ewigkeiten, in denen er nicht war; wenn es wieder mit ihm vorbei ist, wird sich nichts begeben haben. Denn es gibt für jenen Intellekt keine weitere Mission, die über das Menschenleben hinausführte. Sondern menschlich ist er, und nur sein Besitzer und Erzeuger nimmt ihn so pathetisch, als ob die Angeln der Welt sich in ihm drehten. Könnten wir uns aber mit der Mücke verständigen, so würden wir vernehmen, dass auch sie mit diesem Pathos durch die Luft schwimmt und in sich das fliegende Zentrum dieser Welt fühlt. Es ist nichts so verwerflich und gering in der Natur, was nicht durch einen kleinen Anhauch jener Kraft des Erkennens sofort wie ein Schlauch aufgeschwellt würde; und wie jeder Lastträger seinen Bewunderer haben will, so meint gar der stolzeste Mensch, der Philosoph, von allen Seiten die Augen des Weltalls teleskopisch auf sein Handeln und Denken gerichtet zu sehen.


      Ja, manchmal meine auch ich, dass sich der Mensch viel zu wichtig nimmt, ja fast Gottgleich und dass daraus auch erst die vielen Probleme entstehen. Es wird immer von "Weltuntergang" gesprochen, wenn man meint, dass die Menschheit aussterben könnte. Dabei ist es dann nur der Menschheitsuntergang, die Welt wird bestehen bleiben und wie man an Tschernobyl sehen kann, ist es die Natur, die sich das Feld wieder zurückerobert, Menschen könnten dort nicht überleben und so sind wir für die Natur nichts als ein weiteres Wesen auf der Erde, das wie die Dinosaurier und andere Tiere mal aussterben kann und wenn der Mensch nicht mehr da ist, wird der Natur auch nichts fehlen, im Gegenteil.

      Dies nur mal kurz als Gedanken zu deinem Absatz.

      Nun, der von Natur aus gezeugte menschliche Körper hat aus der Evolution heraus ganz natürliche biochemische Vorgänge und ein Physiologischen Aufbau, die alle in einem absolut fein abgestimmten System funktionieren, genauso wie bei allen anderen Lebewesen. Das menschliche Gehirn hat sich im laufe der Zeit vom Primatengehirn auf das dreifache Vergrößert, dennoch verharrte der Mensch die meiste Zeit in seiner von uns modernen Menschen ausgesehen "primitiven" Verhalten. Außerdem haben auch Affen ein relativ großes Gehirn, was eigentlich zu höherem fähig wäre. Es scheint also, dass die kompliziertesten Vorgänge im gesellschaftlichen und gemeinschaftlichen Leben besteht, auch Affen haben bestimmte Kulturen entwickelt, auch sie, wie auch andere Tiere kommunizieren miteinander und auch sie sind in der Lage, sich selbst im Spiegel zu erkennen.

      Die Naturwissenschaft könnte doch gar nicht ohne die Natur bestehen, denn aus ihr heraus ist sie entstanden und nur aus ihren Elementen kann die Naturwissenschaft auch was "Neues" herausfinden oder entwickeln. Ich gebe Dir Recht, dass die Naturheilkunde dabei mehr und mehr aus dem Blickfeld verschwand, aber nicht überall, manche Ärzte greifen durchaus wieder auf sie zurück, mit den sog. grünen Rezepten.

      Meine Kritik an der Biologie, Genetik und Medizin ist, dass sie nach allem Machbaren suchen und die Natürlichkeit des Lebens mit ihren Grenzen, dem Altern und dem Sterben, aushebeln wollen. Wenn ich lese, dass sie etwas gefunden haben, was das Altern verzögert, könnten die Menschen mit einem Schlag wesentlich älter werden. Aber mit welchem Preis? Auch das "Ausmerzen" von vermeintlichen schlechten Genen "Eugenik" oder gar das Verändern der Gene bereitet mir unbehagen. Wer gibt uns Menschen das Recht zu entscheiden, was gut und was schlecht ist. Ich glaube, da sind wir einer Meinung. Weil uns dies nach meiner Meinung auch wohl Evolutionsmäßig ins Aus schießen würde.

      Und wir haben aus unseren früheren Fehlern nicht gelernt. Aus dem Anlegen von Monokulturen und Hochzüchtungen und den Erfahrungen daraus, dass Pflanzen und Tiere nicht resistenter, sondern eher anfälliger werden, weil sie nur noch auf ein oder wenige Merkmale hin gezüchtet werden, aber gerade Kleinstlebewesen, wie z.B. Insekten extem Anpassungsfähig sind durch meist auch schnelle Abfolge von Generationen. Der Umgang mit Fungiziden und Pestiziden, die sowohl die biologisch natürlichen Feinde des Befalls, wie auch den vermeintlichen Befall zerstörten und wiederum dafür sorgten, dass die Insekten sich immer wieder anpassten. Die Erkenntnis daraus, dass durch den Einsatz von Antibiotika in der Tieraufzucht und der zu schnelle Einsatz von Antibiotika in der Medizin, viele resistente Keime entwickelt hat, so dass viele Medikamente daraus nicht mehr anschlagen. Aus all diesen Erkenntnissen haben einige Wissenschaftler nichts gelernt.

      Nun aber zu der praktischen Anwendung der Medizin. Da geht es meistens um Heilung oder Linderung von "Leiden". Jemand leidet, hat Schmerzen, hat Ausfallerscheinungen, daraufhin wird er behandelt. Da ist in der heutigen Medizin schon lange bekannt, dass es da nicht nur um Apparatemedizin und Pharmakotherapie geht, sondern ebenso die menschliche Psyche mit betroffen ist. Leider wird aber durch das Gesundheitswesen darauf keine Rücksicht genommen. Für die Pflege der Kranken ist nur wenig Zeit, kaum Gespräche oder Zuwendungen möglich. Das Krankenhaus z.B. ist privatisiert und zu einem Gewinnunternehmen umfunktioniert worden. Personalkürzungen und Aufenthaltskürzungen und Kürzungen in den zur verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten lassen die Natürlichkeit und Menschlichkeit immer mehr in den Hintergrund wandern, bis sie fast ganz verschwindet. Mir sagte ein Intensivpfleger mal, wer hier arbeitet darf die Arbeitszeit und das Geld nicht sehen, die sind rund um die Uhr tätig, hinsetzen und Pausen einhalten ist da kaum möglich. Das Problem besteht somit auf beiden Seiten.

      In der Psychiatrie kommt es eben nicht nur auf die Medizin und die Naturwissenschaft an, da spielt eben sovieles mit rein, da wird klar, dass man sich wohl aus der Naturwissenschaft in einigen Bereichen bedienen kann, aber da geht es um menschliche Existenznöte, um Familien, um seelisches Leid, um psychisch extreme Zustände, die viel Leid in den verschiedensten Bereichen erzeugen. Du selbst hast ja auch erkannt, dass durch die neuen Abrechnungssysteme der Krankenkassen, das Dilemma erst entsteht, dass dann auf schnelle Symptombekämpfung sich fixiert wird, durch hohe Medikamentengaben und für Gespräche und für Zuwendung wenig, bis gar keine Zeit mehr bleibt. Dass müssen dann die ambulanten Dienste aufnehmen und gerade da sehe ich eben noch Chancen, weil dort bisher noch keine ganz ausgereiften Konzepte vorhanden sind, aber dafür immer mehr Projekte entstehen. Das Hometreadment versucht wird, ebenso, wie eben einige, leider noch wenige, das soziale Netzwerk als Ressource erkennen und versuchen es mit einzubauen.

      Das Dilemma liegt insgesamt aber auch an der Gesellschaft, die mit "Anomalien" nichts anfangen kann und das "Perfekte" anstrebt und damit nicht merkt, dass es eher im Chaos endet. Wie ich hier bipolar.at/wbbdrei/index.php?page=Thread&threadID=4632 ja mal versucht habe anzusprechen.

      Puh, ist wieder extrem viel geworden, ich hoffe ich verliere jetzt nicht die Leser ;-). Es ist soviel in meinem Kopf drin und diese Dinge zu sortieren, fällt mir schwer, sorry also für meine Umständlichkeit.

      Viele Grüße Heike
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).
    • Uhieee Heike

      Heike schrieb:

      Dies nur mal kurz als Gedanken zu deinem Absatz.


      Wie sieht den ein langer Gedanke bei dir aus :) ??

      Kl. Scherz.

      Nur mal kurz von mir:
      Wenn ich derart verschwurbelt verpacktes Nazigeschwafel lesen muss, kommt mir immer das kalte Kotzen.
      Fehlen nur noch gewisse "Schlüsselwörter" ...
      Aber die kommen auch noch - seis gewiss.

      Schließlich haben ja auch "Atheisten" wie Jannis, einst einen heiligen Eid auf den Führer geschworen ....
      "Jannis" schwören mal auf den göttlichen Adolf, "Schutzpatron der gescheiterten Meldegänger", da aber auch auf "Schrabnelle" die Mutter der "Elfen der reinen Medizin".
      Muss nur irgendwie nordisch und unverständlich sein.
      (Barbaraen sprachen ja für die Römer "Brabrarbra" - daher das Wort Barbar).

      Vollkommen klar, in der Scheuklappenwelt der "Janni-Arier", dass Thor über die römischen Götter erhaben ist (sein muss), so wie die römischen Götter denen der Griechen übergeordnet sind .... undsoweiterundsofort ...

      Am Ende kommt immer der gleiche Schweiß rauß:
      Adolf war schwer psychisch erkrankt und wurde mit Psychopharmaka vollgepumpt -bis zum "Goldenen Schuß"
      Da diese Tatsache aber nicht ins Weltbild unserer strohdummen Neonazis passt, wird eben einfach mal eine ganze Sparte der Medizin diskreditiert.

      Meine güte, so blöde kann ein Normalo nun wirklich nicht sein, diesen Zusammenhang zu erkennen .... ?

      Oder doch??

      Adolf war gar nicht krank im Kopp - der hatte kein "Posttraumatisches Psychosyndrom" nebst einer schweren "Persönlichkeitsstörung" und "Bipol 2", nein Adi war normal. Sein Leibarzt hatte ihn, mit Sicherheit auf Befehl Josef Wissarionowitsch Stalins und Sir Winston Leonard Spencer-Churchill .... krank gespritzt.

      Na denn ....

      traurige Grüße
      O

      PS:
      "Jannis" glauben noch immer (weil sie s ja müssen), an eine "arische Rasse" .... nur weil so ein paar dumm-nazi-"Wissenschaftler" einen Begriff der Sprachwissenschaft in die Biologie eingezwengt haben wollten....
      Nur weil sich irgendeiner dieser Dummdödel mal besoffen versprochen hatte ... und Atsche saß besoffen am Nebentisch.... :( und hat´s gehört )....

      Aber so geht "Geschichte" eben

      :)
      O
      Osakidersanftmütige .......... 8o .......... 8) .......... :thumbup: .......... :rolleyes: .......... :love:

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Osaki ()

    • Hallo osaki,

      ich fürchte du blickst gerade gar nichts mehr, nicht mal, dass gerade Laci es ist, der sich gegen diese Nationalsozialisten und deren Machenschaften, gerade in der Psychiatrie ausspricht und zwar vehement, dass er auf die Verbrechen hinweist, auf die abscheulichen Tötungen und Zwangssterilisationen, auf die Euthanasie.

      Wieso vergleichst du einen absoluten Nazigegner mit Nazis?

      Wenn er geschrieben hätte, dass er die Eugenik und das Bestimmen Lebensunwertes Leben gut findet, dann wäre er für dich kein Nazi? Irgendwie sind deine Gehirnwindungen ganz schön verdreht.

      Viele Grüße Heike
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).