Hi,
Astra Zeneca ist es in den letzten Jahren gelungen, Seroquel geradezu als Standardmedikation bei der Therapie Bipolarer Depressionen, und zwar sowohl des Typs I, als auch des Typs II auf dem Arzneimittelmarkt durchzusetzen. Die Methoden des Pharmakonzerns waren bzw. sind nicht gerade zimperlich, und AstraZeneca ist neue Wege gegangen. Die Zielgruppe ihrer aggressiven Marketingstrategie war bzw. ist an erster Stelle längst nicht mehr das medizinische Personal, sondern die Patienten selbst und deren genervte Angehörige. Der ideale Konsument von Psychopharmaka ist aus Sicht der Konzerne und ihrer Rentabilitätsinteressen der Patient, der von seinem Arzt fordert: dieses Medikament, hier also: Seroquel will ich verschrieben bekommen. Es ist hinlänglich nachgewiesen, dass zu diesem Zwecke die Selbsthilfegruppen und Internet-Foren Seelisch-Kranker unterwandert und infiltriert werden.
Nun ist hier eins festzuhalten, obwohl es aller Erfahrung nach vollkommen zwecklos ist, diesen wichtigen Vorbehalt explizit zu formulieren; da wird auch die Formatierung nichts nützen, weil Widerspruch gegen die schulpsychiatrischen Weltweisheiten und die Selbstzweifel der betroffenen Patienten unbedingt abgewehrt werden müssen. Gleichwohl sei vorab festgehalten:
Aus der Tatsache, dass AstraZeneca bei der Herstellung, dem Marketing und Verkauf von Seroquel kommerzielle Interessen verfolgt, wie [b]Pfizer bei dem von Zeldox folgt logisch keineswegs, dass Seroquel oder Zeldox nicht wirksame Arzneimittel sind; und jemandem anzuraten, dem es - zumindest seiner eigenem Empfinden nach - just durch dieses Medikament besser geht, wäre verantwortungslos.[/b][/i] Die Frage ist nur, wer entscheidet darüber, ob es einem Patient, besser oder schlechter geht? Vorsicht, wenn die Antwort wie aus der Pistole geschossen kommt: "Na selbstverständlich der Patient!" - Ach, wirklich? Wie entscheidet er das denn? Aufgrund welcher Informationen? Auf der Basis welcher Empfindungen? In welchem Erfahrungshorizont steht seine Frage? Kennt ihr nicht alle die Situation: Ihr fühlt euch hundsmiserabel, der Psychiater aber gibt stoisch zu Protokoll: "Im Vergleich zu Ihrem letzten Besuch geht es Ihnen aber schon viel besser. Letztes Mal waren Sie kaum imstande, ihren Zustand zu beschreiben, jetzt aber...." et patati et patata. Ich will damit sagen, dass die Selbstanalyse nicht in einem personalen Vakuum vor sich geht, sondern u.a. stark geprägt ist, von der spezifischen Interaktion von Arzt und Patient, den sozialen Beziehungen zu Verwandten, Freunden, Lebenspartnern. Oft ist es für den Patienten selbst gar nicht so klar, was er gerade empfindet, weil er in einem Gefühlswirrwarr gefangen ist.
Also noch einmal: Dieser Beitrag ist keinPlädoyer dafür, unkontrolliert ein Medikament wie Seroquel abzusetzen, wenn man das Gefühl hat, dass es einem hilft. Die Entscheidung darüber, welches Medikament ein Patient in welcher Dosierung nimmt oder nicht, liegt letzten Endes beim Patienten selbst; und ich wenigstens würde sofort den Arzt wechseln, der das nicht vollständig anerkennt. Der Psychiater, der auf diesen Grundsatz der Selbstbestimmung des Patienten mit der Forderung nach compliance (auch mit 'Willfährigkeit' angemessen zu übersetzen) reagiert, taugt nix, missbraucht die ärztliche Fachkompetenz und ist ein Schuft.
Wenn dieser Beitrag aber keine Ratschläge zur Medikation geben will, was will er dann? Die Frage ist überraschend einfach zu beantworten: Er will nicht mehr und nicht weniger, als dass ihr euch einige Fragen stellt, bevor bzw. während ihr euch auf eine medikamentöse Therapie mit Neuroleptika wie Seroquel einlasst. Im DGBS-Forum wird derzeit in einem eigenen Thread darüber diskutiert, ob Seroquel auch bei der Diagnose Bipolar II indiziert sei:
Seroquel-Therapie bei der Diagnose Bipolar II
Jeder kann die kontroversen Meinungen und widerstreitenden Erfahrungen nachlesen und sich ein eigenes Urteil bilden. Ich will hier nur noch zwei Anmerkungen machen: Erstens spricht einer, der vorgeblich Medizinstudent ist, dem ich aber aus guten Gründen schon lange kein Wort mehr glaube, den derzeitigen Sachverhalt sehr klar aus:
Zweitens lohnt es sich bei derartigen Themata sehr genau zu lesen, denn die Sprache artikuliert die Wahrheit des öfteren entgegen der Intention des Sprechenden. Typisch ist etwa die Vermengung von Erfahrungsbericht mit normativen Vorgaben von anderer Seite. Beispiel: Eine Forumsteilnehmerin behauptet einerseits, sie habe ihre Stabilisierung ausschließlich Seroquel zu verdanken, zitiert aber im nächsten Satz die normative Aussage des Arzneimittelherstellers und seiner medizinischen Apologeten, ab einer bestimmten Dosis 'soll' eine anti-depressive Wirkung von Seroquel auftreten.
Gibt euch das nicht zu denken? Mir schon.
Gruß
Laci
Astra Zeneca ist es in den letzten Jahren gelungen, Seroquel geradezu als Standardmedikation bei der Therapie Bipolarer Depressionen, und zwar sowohl des Typs I, als auch des Typs II auf dem Arzneimittelmarkt durchzusetzen. Die Methoden des Pharmakonzerns waren bzw. sind nicht gerade zimperlich, und AstraZeneca ist neue Wege gegangen. Die Zielgruppe ihrer aggressiven Marketingstrategie war bzw. ist an erster Stelle längst nicht mehr das medizinische Personal, sondern die Patienten selbst und deren genervte Angehörige. Der ideale Konsument von Psychopharmaka ist aus Sicht der Konzerne und ihrer Rentabilitätsinteressen der Patient, der von seinem Arzt fordert: dieses Medikament, hier also: Seroquel will ich verschrieben bekommen. Es ist hinlänglich nachgewiesen, dass zu diesem Zwecke die Selbsthilfegruppen und Internet-Foren Seelisch-Kranker unterwandert und infiltriert werden.
Nun ist hier eins festzuhalten, obwohl es aller Erfahrung nach vollkommen zwecklos ist, diesen wichtigen Vorbehalt explizit zu formulieren; da wird auch die Formatierung nichts nützen, weil Widerspruch gegen die schulpsychiatrischen Weltweisheiten und die Selbstzweifel der betroffenen Patienten unbedingt abgewehrt werden müssen. Gleichwohl sei vorab festgehalten:
Aus der Tatsache, dass AstraZeneca bei der Herstellung, dem Marketing und Verkauf von Seroquel kommerzielle Interessen verfolgt, wie [b]Pfizer bei dem von Zeldox folgt logisch keineswegs, dass Seroquel oder Zeldox nicht wirksame Arzneimittel sind; und jemandem anzuraten, dem es - zumindest seiner eigenem Empfinden nach - just durch dieses Medikament besser geht, wäre verantwortungslos.[/b][/i] Die Frage ist nur, wer entscheidet darüber, ob es einem Patient, besser oder schlechter geht? Vorsicht, wenn die Antwort wie aus der Pistole geschossen kommt: "Na selbstverständlich der Patient!" - Ach, wirklich? Wie entscheidet er das denn? Aufgrund welcher Informationen? Auf der Basis welcher Empfindungen? In welchem Erfahrungshorizont steht seine Frage? Kennt ihr nicht alle die Situation: Ihr fühlt euch hundsmiserabel, der Psychiater aber gibt stoisch zu Protokoll: "Im Vergleich zu Ihrem letzten Besuch geht es Ihnen aber schon viel besser. Letztes Mal waren Sie kaum imstande, ihren Zustand zu beschreiben, jetzt aber...." et patati et patata. Ich will damit sagen, dass die Selbstanalyse nicht in einem personalen Vakuum vor sich geht, sondern u.a. stark geprägt ist, von der spezifischen Interaktion von Arzt und Patient, den sozialen Beziehungen zu Verwandten, Freunden, Lebenspartnern. Oft ist es für den Patienten selbst gar nicht so klar, was er gerade empfindet, weil er in einem Gefühlswirrwarr gefangen ist.
Also noch einmal: Dieser Beitrag ist keinPlädoyer dafür, unkontrolliert ein Medikament wie Seroquel abzusetzen, wenn man das Gefühl hat, dass es einem hilft. Die Entscheidung darüber, welches Medikament ein Patient in welcher Dosierung nimmt oder nicht, liegt letzten Endes beim Patienten selbst; und ich wenigstens würde sofort den Arzt wechseln, der das nicht vollständig anerkennt. Der Psychiater, der auf diesen Grundsatz der Selbstbestimmung des Patienten mit der Forderung nach compliance (auch mit 'Willfährigkeit' angemessen zu übersetzen) reagiert, taugt nix, missbraucht die ärztliche Fachkompetenz und ist ein Schuft.
Wenn dieser Beitrag aber keine Ratschläge zur Medikation geben will, was will er dann? Die Frage ist überraschend einfach zu beantworten: Er will nicht mehr und nicht weniger, als dass ihr euch einige Fragen stellt, bevor bzw. während ihr euch auf eine medikamentöse Therapie mit Neuroleptika wie Seroquel einlasst. Im DGBS-Forum wird derzeit in einem eigenen Thread darüber diskutiert, ob Seroquel auch bei der Diagnose Bipolar II indiziert sei:
Seroquel-Therapie bei der Diagnose Bipolar II
Jeder kann die kontroversen Meinungen und widerstreitenden Erfahrungen nachlesen und sich ein eigenes Urteil bilden. Ich will hier nur noch zwei Anmerkungen machen: Erstens spricht einer, der vorgeblich Medizinstudent ist, dem ich aber aus guten Gründen schon lange kein Wort mehr glaube, den derzeitigen Sachverhalt sehr klar aus:
Seroquel ist fast so was wie das Aspirin der Psychiatrie. Es wird für alles mögliche eingesetzt.
Zweitens lohnt es sich bei derartigen Themata sehr genau zu lesen, denn die Sprache artikuliert die Wahrheit des öfteren entgegen der Intention des Sprechenden. Typisch ist etwa die Vermengung von Erfahrungsbericht mit normativen Vorgaben von anderer Seite. Beispiel: Eine Forumsteilnehmerin behauptet einerseits, sie habe ihre Stabilisierung ausschließlich Seroquel zu verdanken, zitiert aber im nächsten Satz die normative Aussage des Arzneimittelherstellers und seiner medizinischen Apologeten, ab einer bestimmten Dosis 'soll' eine anti-depressive Wirkung von Seroquel auftreten.
ich bin bipolar II und nehme seit Jahren Seroquel... Das ist MEIN Medi, das einzige, das mir wirklich geholfen hat. Ab 300 mg soll es auch antidepressiv wirken!
Gibt euch das nicht zu denken? Mir schon.
Gruß
Laci
"Tief im Herzen haß ich den Troß der Despoten und Pfaffen, Aber noch mehr das Genie, macht es gemein sich damit." (Hölderlin)
"Nun müssen diejenigen, welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch möglich sein?" (Aristoteles)
"Nun müssen diejenigen, welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch möglich sein?" (Aristoteles)