Diagnose: Bipolar!

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    • Liebe Heike,

      ein großes Like für deinen Beitrag. Ich habe es auch so gemeint... ich finde es auch OK, wenn es jemand ohne Medis versucht -- ist ja eine legitime Sache, jeder ist für sein Leben selber verantwortlich --, aber mir fällt auf, wenn jemand kommt und sagt, er hätte jetzt die Diagnose bipolar bekommen, ist sofort der erste Rat, er soll misstrauisch sein und sich eine zweite Meinung einholen -- zwischen den Zeilen auch, dass Medis hochgiftig seien und man solle um jeden Preis verhindern, sie zu nehmen... sowas finde ich gefährlich, wie kennen ja den User gar nicht, um sagen zu können, ob die Diagnose stimmt. Aber ein Arzt, der jahrelang Medizin studiert hatte, stellte die Bipolarität fest, aufgrund einer Manie oder sogar mehreren Manien... und gleich, dass dieses und jenes Medi bei bipolar unüblich sei... ich nehme z.B. zusätzlich zum Seroquel ein bisschen Abilify. Kann sein, dass es "unüblich" ist, aber mir hat es geholfen und ich habe versucht, es wegzulassen -- ohne Erfolg, ich war ohne dieses Mittel unruhig und paranoid. Ich kenne viele, die dieses Medi nehmen... so pauschal zu behaupten, dass man dieses Medi bei bipolaren Erkrankungen nicht gibt ist auch ein bisschen übertrieben. Nur weil man sich selber weigert, es zu nehmen.

      LG

      Fragile
      "Perhaps this final act was meant, to clinch a lifetime's argument
      That nothing comes from violence and nothing ever could
      For all those born beneath an angry star
      Lest we forget how fragile we are..." (Sting)
    • Hallo Fragile,

      ich freue mich, das Du dich im Kern gesund fühlst.
      Kerngesund. Das Wort gefällt mir, weil es meine Wirklichkheit wieder spiegelt,
      wonach der Mensch im Kern gesund ist.

      Ich finde es gut, das Du eine Phasenprohylaxe nimmst, weil es für Dich richtig ist.
      Ich finde es gut, das ich keine Phasenprohylase nehme, weil es für mich so stimmt.
      Aber anschönsten finde ich es, das keiner den anderen davon überzeugen möchte,
      von einem Weg abuzulassen, der für einen selbst ganz gut funktioniert.
      Jeder wie er will.

      Schönen Sonntag an alle :banana:
    • Ich habe auch nicht auf dich angespielt! Es ist so eine allgemeine Tendenz im Forum. Ich denke nur, wäre ich jetzt frisch diagnostiziert worden und würde solche Ratschläge/Meinungen lesen, wäre ich sehr, sehr verunsichert...

      Melli schreibt selber, dass sie Manien hatte. Und ich finde ihre Medikation weder ungewöhnlich noch verantwortungslos. Sie bekommt keine AD-s mehr, was ich z.B. sehr gut finde, aus eigener Erfahrung, weil mich AD-s immer sehr instabil gemacht haben. Sie bekommt ein gängiges Phasenprophylaktikum (Lamotrigin) und ein Antipsychotikum (Abilify), das kommt oft vor, eine ziemlich häufige Kombination.

      Es wäre manchmal gut, wenn psmmg als Arzt solche verunsicherten UserInnen beruhigen würde -- natürlich kann er auch keine Diagnose bestätigen, ohne den User/die Userin zu kennen, aber schon schreiben, dass Abilify auf keinen Fall "unüblich" ist...
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    • Ich kenne Abilify nicht. Mir geht es darum, dass nichts verordnet wird, wenn man nicht einmal weiß,wogegen. Und hier sind die mir bekannten Diagnoseverfahren hanebüchen, jeder darf mal etwas rumrätseln und gleichwohl hochpotente Medikamente ins Spiel bringen, deren Nebenwirkung sehr hart in die psychische und physische Situation eingreifen, ohne auch nur ansatzweise den erwünschten Effekt zu zeitigen.

      Es gibt keine richtige Therapie ohne vorherige (richtige) Anamnese und Diagnose, nur die Psychiater wählen die Abkürzung, undenkbar bei den Internisten, Orthopäden, Kardiologen ... etc. Und der Patient gibt bereitwillig seine Verantwortung an solch einen Scharlatan ab, selbst schuld! - Und die Pharmalobby freut sich.

      Man kann mit Medikamenten Lebensläufe zerstören, das scheint sich hier nicht richtig herumgesprochen zu haben.
    • Man kann mit Medis aber auch Lebensläufe RETTEN... ich würde ohne sie hin-und herschwanken... was mein Gemüt betrifft, wäre wohl auch nciht mehr arbeitsfähig.
      Leider kann man die Medis oft nur nach dem Prinzip "studieren durch Probieren" verwenden, es dauert, bis man das "Rcihtige" hat. Bei mir schlug z.B. das Lithium nicht an.. darum muss ich Neuroleptika schlucken. Aber ausprobiert habe ich auch das Lithium (für Pharmalobby uninteressant, weil es ein sehr günstiges und altes Medi ist).
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    • Jannis, mit Deinen Worten,- Du hälst die vorgekaugelte "Diagnosenschärfe" für nicht realistisch.
      Dem stimme ich zu.

      Lustigerweise schreibst Du jetzt, das Amnese und Diagnose unendlich wichtig sind um daraus die richtige Therapie abzuleiten.
      Ich stimme Dir zu, das das im bereich der körperlichen Erkankungen unabdingbar ist, aber meine, das was psychische Krankheiten
      genannt wird, sich keine klare Therapie ableiten läßt, es sei denn, eine Mediamentöse und in diesem Bereich,
      ist es allgemeiner Konsenz, das es keine bessere Möglichkeit gibt, als learning by doing.

      Bei einer bestimmten Krebsart, mag es ein bestimmtes Präparat geben, was derzeit immer das beste Ergenis erziehlt.
      Bei psychischen Erkrankungen, ist das nicht so einfach, welche "Droge" die beste ist. Die einen stehen mehr
      auf Alkohol, die anderen auf Cannabis. Das ist eine Geschmacks und Typ Frage. Bei psychischen Erkrankungen,
      mußt Du dir das ähnlich vorstellen ;)

      Im Bereich der Psyche, muß die Diagnose gar nichts mit der Therapie zu tun haben!!!
      Gerade da, bei der Nicht medikamentösen Therapei ist es eine absolute Geschmacks und Typ Frage.
      Meiner Meiung nach, sollte die Therapie bei jemanden stattfinden, der den anderen gut versteht, sich Zeit nimmt
      und den gesunden Kern immer wieder betont. (Die meisten Psychiater scheiden da aus)
      Therapie kann aber auch sein, den Arbeitsplatz zu wechseln und vor allem etwas freundlicher mit sich selbst umzugehen.
      Da gibt es ganz viele tolle Dinge.. um sein Leben zu ordnen und zu schauen, welche Werte und Ordnungen
      einem wirklich etwas sagen.

      Du sagst dazu ja auch viele interessante Dinge zB Sex, sex und sex. Habe ich irgendwas vergessen?
      Was denn noch :biggrin:

      Ich habe dazu ja schon einiges geschrieben,- das die Konzepte der operativen Medizin, auf den Bereich
      der Psyche übertragen wurde, ist für mich ein ganz großer Schlamassel.
    • @ Jannis

      Sie nimmt zum Lamotrigin Abilify dazu, weil erstes nicht anitimanisch wirkt und deshalb nicht vor dem Entstehen neuer Manien schützt. Dafür ist Lamotrigin aber gut als Rezidivprophylaxe gegen Depressionen. Ich selbst würde Abilify nicht mehr nehmen wollen. Die Nebenwirkungen sind ja der burner, aber wenn sie es verträgt, ist es ja o.k. für sie. Vielleicht wird sie es irgendwann auch nicht mehr brauchen, für den Fall, dass Manien bei ihr nur durch Medikamente getriggert werden. Das war bei meinem Dad auch so. Unter SSRI's würde ich auch in eine Manie switchen. Habe es schon mal erlebt, konnte aber noch die Notbremse ziehen. Hypomanien bekomm ich aber von alleine, defür aber selten und sind bei mir kurz und harmlos. Man muss an der Stelle dann entscheiden, ob man leiber lernen will, damit einen guten Umgang zu finden, oder Tabletten dagegen zu nehmen.


      LG, Nüssli
      Was tun nach dem Absturz?
      Aufstehen. Krönchen richten. Würdevollen Schrittes weitergehen.
    • Vielleicht ganz ein bisschen off-topic, trotzdem vielleicht relevant.
      Die "alte Garde" an PsychiaterInnen hat keine substanzielle Ausbildung in Biochemie/Genetik/Immunologie/usw. erhalten.
      Nicht weil niemand das wollte, sondern einfach, weil die Medizin damals nicht so weit war.


      Diese Leute bilden aber immer noch junge PsychiaterInnen aus, die eigentlich mehr wissen (müssten).

      Für jeden, der mit dem bisschen mehr Wissen, das die 90er und 2000er Jahre gebracht haben konfrontiert wurde , sind die allermeisten der Diskussionen obsolet - oder sollten es sein.
      Man kann kaum mehr mit älteren KollegInnen reden.

      So vieles wurde - gerade durch absolut naturwissenschaftliche Erkenntnisse - relativiert.
      Anderes wurde in einer Art erhärtet, die sich vor 20 Jahren niemand träumen lies.
      Es gibt hier ein maximales Koomunikationsproblem zwischen den Generationen!


      (im Ernst: Wenn mann genetisch/pathophysiologisch usw. auf halbwegs heutigen Niveau ist, erübrigen sich alle diese Diskussionen)

      Gibt es "Bipolar"als wirkliche und abgrenzbare Krankheit : NEIN.
      Gibt es "Menschen, die aus verschiedenen Gründen und mit verschiedenen Konsequenzen Depression und Manie in unterschiedlicher Ausprägung und mit unterschiedlichem Verlauf erleben?" : Absolut Ja.


      Falls jemand das zitieren will, bitte ich, nicht nur den ersten Teil zu verwenden.
      Der zweite ist viel wichtiger.
    • Appropos Diagnose:

      Ich finde das gar nicht unwichtig, sich zu bemühen, die Diagnose so sicher wie möglich zu stellen, denn nicht jedes Therapieverfahren ist für jede Diagnose gleich gut geeignet- manchmal sogar absolut kontraindiziert.
      Deswegen kann man nicht einfach "pi mal Daumen" (oder nach einmaliger Begutachtung/ ist mir auch schon zu Ohren gekommen) eine Diagnose zusammenzimmern und dem Patienten sagen, dass sei ja im Grunde nicht so wichtig. Diagnosen sind schon nur Konzepte und keine absolute Wahrheit, das stimmt, aber sie ziehen eben auch Konsequenzen nach sich und für die Krankehitsverarbeitung ist es ein großer Unterschied, ob man z.B. sich eingestehen muss man hat eine Störung aus dem schizophrenen Formenkreis (also eine Schizophrenie) oder Depressionen (gefühlt ist das ein riesen Unterschied, vor allem wegen der Diskreminierung und der eigenen Vorstellung vom Konzept dieser Erkrankung und der Prognose). Stellt euch vor, ihr müsst im Urlaub eine Notaufnahme aufsuche wegen was auch immer. Der Arzt dort fragt nach weiteren Erkrankungen...na was wäre wohl einfacher für euch dem zu sagen, was in eurem Oberstübchen nicht so ganz stimmt? Schizophrenie oder Depressionen? Letzteres, stimmt's? Genau das mein ich. (Bip hab ich an diser Stelle jetzt mal mit Absicht nicht als Beispiel genommen)

      LG, Nüssli
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    • Jannis, genau das ist es. Anamnese, Diagnose, Therapie.
      Es tauchen hier im Forum immer wieder Leute auf, die sagen, ich habe nach den und den Symptomen nun die und die Diagnose erhalten, als Therapie soll ich das und das Medikament nehmen.
      Die erste Reaktion ist immer: "Hol dir eine zweiten Meinung ein, du bist sicher nicht krank und brauchst diese Medis sicher nicht, weil man sie bei deiner Diagnose nicht gibt".
      Sowas verunsichert die Benutzer und Benutzerinnen.
      Sie denken dann, dass sie dem Arzt nicht mehr vertrauen können...
      Melli hat sogar zwei Ärzte konsultiert und hatte mehrere, durch AD-s ausgelöste (Hypo?)Manien. Da denke ich schon, dass die Ärzte recht hatten... und es gut tun, sie statt AD-s mit Lamotrigin und Abilify zu behandeln.
      Kann sein, dass diese Medis ihr nicht helfen werden oder dass sie zu viele NW-en verspürt und andere ausprobieren muss, aber der Weg scheint mir in die richtige Richtung zu gehen...
      Jeder entscheidet selbst, ob er mit oder ohne Medis den Weg gehen will, aber bitte, warum muss man neue UserInnen verunsichern? Ihnen das Gefühl vermitteln, dass bis jetzt alles nur falsch war?
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    • Unter dem Strich, wissen wir gar nichts von Melli.

      Ganz erhlich, wäre mir lieber wenn Sie an Leute gekommen wäre, die Ihr keine Drogen verschreiben.
      Generell, bei jemanden der 18 Jahre alt ist und noch dazu offen, gibt es soviele Möglichkeiten!

      Und in diesem Alter schon in eine Abhängigkeit reinzugehen, ganz heikles Thema.
      Am Ende gibt es für mich nur eine Frage: Will die Person eher einen klasischen, einen alternativen Weg gehen, oder
      eine Mischung aus Medikamenten und alternativen heil und Lebensweisen finden?

      Menschen mit klasich, konservativer Lebenseinstellung sind beim Psychiater gut versorgt,
      für Menschen denen es widerstrebt Medikamente zu nehmen und offen sind,
      fehlt es leider oft erst an Möglichkeiten. Die muß man sich erst selbst suchen..

      Will Melli Medikamente nehmen?
    • So, ich werde mich nun auch wieder ein wenig an der Diskussion beteiligen.

      Nun zu der Frage "Will Melli Medikamente nehmen?" Nun ja, wer will schon Medikamente nehmen? Wenn man Medikamente nehmen muss, bedeutet das doch, dass man in gewisser Weise krank ist. Und es will doch niemand krank sein :)

      Allerdings möchte ich nicht weiterhin mit diesen Symptomen weiterleben müssen und wenn mir Medikamente dagegen helfen, wieso sollte ich dann keine nehmen?

      Derzeit habe ich aber nicht so das Gefühl, als ob mir meine Medikamente helfen würden, aber das liegt wohl daran, dass ich schön langsam wieder in eine Depression wandere und dann sehe ich sowieso alles schlecht..

      Liebe Grüße an alle!
      Melli
    • Das ist etwas mit dem du Lernen musst umzugehen. Das Gehirn spielt uns manchmal einen Streich. Nach einer Weile haben wir schon die Details vergessen, wie es uns wirklich ging, als es sehr schlecht war. Nach einer gewissen Weile der Besserung hat man dann das Gefühl, die Medikamente würden nicht gut helfen, weil wir insgeheim eine idielle Vorstellung vom "Muss" haben, als das gut ist. Oder andere Möglichkeit: Vom normalen Krankheitsverlauf (also wie er wäre ohne Mediakemnte) steuert man gerade auf eine neue Depression zu. Man merkt, die Medikamente wirken nicht besonders toll zu der Zeit, aber was wir nicht wissen können ist, dass wenn wir zu dem Zeitpunkt keine Medikamente nehmen würden, dann wären wir schon voll in der Depression drin. Es git so einige, die dann enttäuscht absetzen oder auf ein Wechseln drängen. Das Absetzen im Alleingang kann dann zum Totalcrash führen.

      Es ist schwierig herauszufinden, ob man tatsächlich eine gewisse Toleranz gegenüber dem Wirkstoff entwickelt hat, ob man sein früheres Gefühlsleben idealisiert und deshalb sich depressiver vorkommt oder ob eine neue Krankheitsphase ins Haus steht.

      Du wirst wohl nicht drumherum kommen, deinen Arzt/Ärztin zu konsulzieren.

      Zum Thema Medikamente: Ich kenne durchaus Leute, die total gerne Pillen schlucken, weil das sozusagen das Symbol ihrer Krankheit ist. Eine Krankheit, durch die sie einen sehr hohen Krankheitsgewinn haben (z.B. finanzielle Vorteile durch Schwerbedinderung, günstige betreute Wohnung, günstiges Essen und Arbeit in Reha-Einrichtung, besondere Leistungen der Krankenkasse, vieles abgenommen bekommen, bekümmert und umsorgt und in-Watte-Gepackt-Werden...habe da letztens wen mit Parkinson kennengelernt, der das gerade zu zelebriert...)

      Grüße, das Nüssli
      Was tun nach dem Absturz?
      Aufstehen. Krönchen richten. Würdevollen Schrittes weitergehen.
    • Hallo Melli,

      ich nehme schon seit über 17 Jahren meine Blutdruckmedikamente, sie tun das, was sie tun sollen, meinen Blutdruck auf ein gesundes Maß reduzieren. Ich fühle mich durch sie nicht krank, sondern gesund. Vielleicht sollte man einfach mal einen Paradigmenwechsel vollziehen. Kein Mensch ist NUR gesund und kein Mensch ist NUR krank, es ist eher etwas Fließendes, von dem man mal mehr von dem einen und mal weniger hat. Ich persönlich finde, man sollte die Definition von "Gesund" nicht von den Hilfsmitteln oder Medikamenten abhängig machen, die man einnimmt oder die man braucht, um gesund zu sein oder sich zu fühlen.

      Schon seit einigen Jahren nehme ich als unipolar depressiv Diagnostizierte (also ich kenne keine Manien) mein Antidepressiva ein. Mein Glück ist es, dass es mir a) hilft und b) ich wenig Nebenwirkungen verspüre. Es hatte aber einige Jahre gedauert, bis ich endlich "mein" Medikament gefunden hatte, welches mich mal aus einer permanenten Jahrelangen Depression herausholte. In diesen Jahren der Suche pendelte ich zwischen leichter, mittelgeradiger und schwerer Depression immer hin und her. Jetzt allerdings kenne ich endlich auch Zeiten, wo ich vollkommen Depressionslos bin und die anderen weniger guten Zeiten kenne ich jetzt nur als Melancholie. Schwere depressive Schübe blieben mir seit mehreren Jahren nun ersparrt.

      Seit dem konnte ich eine weitere Ausbildung absolvieren und bin wieder studenweise berufstätig. Ich bin wieder belastbarer geworden, habe mir einen neuen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut, bin noch ehrenamtlich tätig, etc. pp. Meine Lebensqualität ist für mich fühlbar gestiegen, im Vergleich zu den Jahren davor.

      Natürlich sind Medikamente nicht Alles, natürlich braucht es noch mehr dazu, zum Beispiel hatte ich auch von meiner Psychotherapie viel mitnehmen können, aber auch von Selbsthilestrategien, von eigener Beobachtung von Frühwarnsymptomen, etc. pp. Was mir besonders hilft, ist auch, dass ich mir selbst nicht "böse" bin, wenn ich durch die Melancholie mal nicht so kann und dadurch mal ein paar Sofa-Tage ins Land gehen. Ich kann loslassen und wieder neue Kraft sammeln, mal mehr und mal weniger. Ein schöner Spruch dazu, den ich erst kürzlich hörte ist: "Unterschätze nie einen Menschen, der einen Schritt zurück geht, er könnte Anlauf nehmen!"

      Statt ein "Entweder - Oder", doch besser ein "Sowohl als auch". Es gibt sehr viele Menschen, die mithilfe der Medikamente wieder ein Leben mit sehr viel Lebensqualität leben können. Darunter sind viele Menschen, die es Jahrzehnte ohne Medis probiert hatten und nur von einem Disaster zum Nächsten gehoppelt sind. Seid sie aber unteranderem ihre für sie wirksame Medikation gefunden hatten, mit wenig Nebenwirkung, haben sie ihr Leben in andere Bahnen lenken können.

      Wie ich in meinem vorigem Post dazu schon schrieb, gibt es eben nicht DIE Bipolare Störung (schrieb unter anderem auch psmmg) sondern viele verschiedene Ausprägungen. Darunter gibt es einige Menschen, die durchaus ohne Medikamente leben können, aber es gibt recht viele Menschen, die sich noch so sehr anstrengen könnten, die ohne Medikamente nur von einer Phase in die Nächste wandern.

      Es geht um das eigene Gefühl von Lebensqualität und die kann man durchaus auch mit einer Beeinträchtigung wiedererlangen. Ich finde es arrogant und sehr beschäment, Menschen, bei denen Medikamente UNTERANDEREM zu einer wesentlich besseren Lebensqualität verhelfen, eine "konservative" Einstellung zu "diagnostizieren".

      Wichtig finde ich, das Verhältnis auf Augenhöhe zum behandelnden Arzt, wichtig finde ich, dass wir als Krisen-Erfahrene selbst in der Entscheidung mitverantwortlich sein können, wichtig finde ich, dass wir mit unseren Sorgen, Bedenken und Erfahrungen (zum Beispiel Nebenwirkungen) ernst genommen werden, wichtig finde ich, dass der Behandler mit uns zusammen die optimalste Behandlung (d.h. Suchen nach den optimalsten Mediakemten/Behandlungsformen) anstrebt, etc. pp.

      Melli, wenn du das Gefühl hast, in eine Depri zu rutschen, dann suche deinen Behandler auf. Es braucht oft eine Zeit und leider auch sehr viel Geduld, bis die richtige Medikation gefunden ist. Bei vielen von uns, ist es eben nicht die erste Medikation gewesen, es brauchte da mehrere Versuche, allerdings brauchen auch Medikamente eine gewisse Zeit, um wirken zu können.

      Viele Grüße Heike
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).
    • Hallo liebe Melli,

      niemand kann zu 100% wirklich wissen, ob es für Dich langfristig das beste ist,
      Medikamente zu nehmen. Genauso wenig, kann jemand zu 100% sagen,
      ob es für Dich langfristig das beste ist keine Medikamente zu nehmen.

      Deshalb ist die alles entscheidende Frage, was Du willst,
      wie Du mit Dir und dem Leben umgehen möchtest.
      Freut mich, das Du darauf mitgeteilt hast.

      Es geht darum, ehrlich mit sich selbst zu sein.
      Du hast ein Leben lang Zeit, zu kucken, wie es Dir gut geht.

      Wenn Du sagst: "Ich möchte dieses Symptom nicht haben, ich möchte das es mir gut geht
      und deshalb nehme ich ein Medikament." Dann ist es eine ganz klare Entscheidung.
      Darin gibt es nichts auszusetzen. Es ist Deine Entscheidung. Das finde ich das wichtigste dabei.

      Ich kenne Leute denen es sehr schlecht ging mit Medikamenten und die riesige Frotschritte erzielt haben,
      seit sie keine Medikamente mehr nehmen. Ich schreibe das zur Ausgewogenheit, weil ich gerade hier
      eine gegenteilige Darstellung gelesen habe.

      Ich nehme keine Medikamente und könnte Dir meine Gründe dazu sagen, aber was hat das mit Dir zu tun?
      Eben wenig bis nichts.

      Ich kann nicht wirklich wissen, ob es langfristig das beste für Dich ist Medikamente zu nehmen oder nicht.
      Ich wünsche Dir, eine für Dich selbst stimmige Entscheidung und ein Umfeld, das Dich darin unterstützt,
      Deine Entscheidungen zu finden und zu fördern.

      Wie geht es Dir denn heute?


      LG