Die Manie ist ein Hund!

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    • Du sag mal, ich hab da mal ne Frage:

      Ich begleite ja gerade einen Freund durch die Manie (und manchmal habe ich nach zig Stunden mit ihm zusammen den Psychiater scheinbar nötiger, als er- so kommt es mir zumindest vor). Nein im Ernst, es ist echt anstregend nicht einen Anfall zu bekommen, wo man ständig damit beschäftigt ist seine fixen Ideen zu bremsen und kostet mich viel meiner Geduld. Manchmal, würde ich ihn schon gerne anfahren und paar Worte Klartext reden und das ganz unmissverständlich. Ich fände das auch angebracht, aber da er so unberechbar ist und so unkalkulierbar aggressiv werden kann, gesteh ich, habe ich eine gewisse Angst vor der Reaktion. Das erscheint vollkommen komisch, da ich ja selbst bipolar bin, aber ich bin nunmal anders bipolar und kenne solche Manien nicht an mir selbst, noch habe ich sowas schonmal in einem solchen Ausmaß außerhalb einer Klinik erlebt. Es macht auch eine großen Unterschied, ob man Personal ist oder guter Freund. Da draußen mit ihm, bin ich ganz allein auf mich gestellt.

      Er ist schwer "händelbar". Man weis nie, wann er ausbricht und ins aggressive umschlägt. Er macht so spontane Aktionen, die ich nicht witzig finde. Vorgstern z.B. waren wir abends um 10 noch mal rasch Geld abheben. Da er blind ist, hab ich den Job übernommen. Also stand ich mit dem Rücken zu ihm, da mein Vorderhaupt sich um die Aufmerksamkeit des Automaten bemühte. Es betraten 4 junge Männer auch den Vorraum der Bank. Plötzlich und vollkommen unerwartet schrie er aus Leibeskräften, als wenn es um sein Leben ginge und um das vieler anderer "Fire!!" in Richtung der jungen Männer. Alle erstarten. In dem Moment hatte ich das Gefühl die Kontrolle zu verlieren und dachte "Oh Gott jetzt passiert es. Er eskaliiert. Er rennt jetzt auf die zu und fängt an auf die einzuschlagen". Ich habe habe ihn ruhig darauf angesprochen und das ganze runtergespielt, dem keine besondere Beachtung zukommen lassen. Aber andere Erfahrende rieten mir, dass wenn er total auf dem Trip ist, dann müsse man ihn noch lauter anschreiben und dann würden MAniker ganz klein mit Hut werden. In der Klinik bin ich nie in die Situation gekommen, denn dort sind die Möglichkeiten Blödsinn zu machen deutlich eingeschränkt und zum anderen stehen die auch unter dementspechenden Substanzen.
      Funtlioniert es tatsächlich, dass wenn man noch dominanter erscheint, als der Maniker und man den zusammenstaucht, dass er dann wieder händelbar wird und man die Kontrolle über die Situation zurückgewinnt?

      Für mich ist das ja sehr wichtig, da er ja beschlossen hat, dass er nicht wieder in die Klinik will und wir Freunde versuchen ihn irgendwie um die Einweisung drumherumzuschippern. Es kann quasi jeder Zeit wieder zu einer kritischen Situation kommen und da ist es schon wichtig zu wissen, was wirklich funktioniert. Eigentlich wollen wir alle, dass er in die Klinik geht, doch versuchen wir seinen Wunsch zu respektieren, es auch so zu schaffen. Allerdings sehe ich die vielen Dinge, die total schief gehen und denke "das geht doch so nicht! Mein Gott, wie wird der tief sinken, wenn die Manie erstmal nachlässt und nichts mehr vorhanden sind als Scherben".

      LG, das Nüssli
      Was tun nach dem Absturz?
      Aufstehen. Krönchen richten. Würdevollen Schrittes weitergehen.

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    • Meinst du, er würde mehr davon profitieren, wenn er doch eingewiesen wird? Das wird dann gegen seinen Willen sein, denn er war schon in der Klinik (und zwar in einer sehr netten in der Pflalz-freiwillig) und hat befunden, es reicht. Leider kann ich nicht wirklich erkennen, inwieweit er weniger manisch sein soll, als vor dem Klinikaufenthalt. Ich weis auch nicht, warum die Ärzte ihn regulät nach nur so kurzer Zeit entlassen haben (22.05. bis 08.06. war er dort).

      Problem ist halt, dass er vor Ort hier die Kliniken nicht mag und deshalb traut sich auch so keiner richtig ihn da einweisen zu lassen. Keiner hat Bock darauf, schuld zu sein an einem neuen Zwangsbehandlungstrauma. So aber ruiniert er sich selbst (und andere mit).

      Hattest du schon mal mit einem Klienten zu tun, der richtig manisch war? Wie bist du mit ihm umgegangen?

      LG, das Nüssli
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    • Ja, liebes Nüssli, so einen Mandanten hatte ich in der Tat, wobei ich mir nicht sicher bin, ob das wirklich eine Manie war oder eine Psychose (im übrigen halte ich die Grenzen für fließend, so es denn eine Manie als Krankheit überhaupt geben sollte. Mir war dieser Mandant sehr wichtig, zumal ich ihn auch sehr gerne mag. Aber ich habe noch nie einen dermaßen anstrengenden Menschen kennengelernt. Der hat es allein mit seiner mehr als brillianten Rhetorik fertig gebracht, die gesamte Klinik auf links zu drehen.

      Das Problem war, er hatte dermaßen komplizierte Gedankensprünge, denen man eigentlich gar nicht folgen konnte. Die einzelnen Sätze gaben zwar durchaus Sinn, aber es gab keinen inhaltlichen Sachzusammenhang zwischen den sich rasant wechselnden Themen. Man versucht aber dennoch den Irrwegen zu folgen, Sachen geradezurücken und dabei wird dem eigenen Geist eine halsbrecherische Geschwindigkeit abgenötigt. - Das zermürbt, nach 2 Stunden Gespräch war ich für den Rest des Tages nicht mehr arbeitsfähig und musste mich von den Strapazen erstmal ausruhen. Geholfen haben ihm aber meine Besuche auch nicht, denn ein solcher Patient ist gänzlich beratungsresistent. Also habe ich nur Schaden genommen und ihm nicht helfen können. Was bringt das Ganze dann?

      Weil ich aber meinen Job ziemlich ernst nehme und ich die Gefahr einer Traumatisierung durch einen unnötig langen Aufenthalt so klein wie möglich halten wollte, musste ich immer wieder in die Klinik, um sofort mitzubekommen, wenn sich die Situation bessert und ich dann seine Entlassung und die Aufhebung seiner Betreuung betreiben konnte. Dazu kam es dann auch ganz plötzlich (als wäre ein Schalter umgelegt worden) und da ich mich extrem gut mit dem zuständigen Richter (ein wirklich toller Mann!) verstanden habe, konnte ich ihn dann auch am gleichen Tag herausholen und die Betreuung beenden, übrigens gegen das Votum der dortigen Chefärzte...

      Ich würde solche Mandanten aber nicht mehr nehmen, weil es einen emotional total mitnimmt, zumal man auch oft Konflikte mit Ärzten, dem Pflegepersonal und teils auch Richtern austragen muss. Leider sind die in diesem Bereich tätigen Kollegen sämtlichst Speichellecker und Erfüllungsgehilfen der Ärzte und Richter. Ein Interessenvertretung findet nicht statt, es handelt sich jeweils um Parteiverrat. Wenn die irgendetwas könnten, würden die sich mit diesem undankbaren Bereich auch nicht befassen.

      Mehr als fünf dieser Patienten könnte man gleichzeitig auch nicht verantwortlich vertreten (man muss sich unglaublich viel Zeit lassen, wenn man einen guten Job abliefern will), das aber wiederrum geht nicht, weil diese Mandate extrem schlecht bezahlt werden.

      Liebes Nüssli, Du siehst, Du steuerst auf das Gegenteil einer Win-Win Situation zu, Du wirst Schaden nehmen, ohne Deinem Freund wirklich helfen zu können. Und exakt das solltest Du Dir ersparen. Um es noch krasser auszudrücken, würde ich den Kontakt rigoros abbrechen.
    • Huhu Jannis!

      Ja anstrengend ist genau das richtige Wort!

      Übrigens was die Diskussion "Psychose vs. nicht-Psychose" angeht: Die bipolare Störung wird von den meisten Autoren zu den (endogenen) Psyosen gezählt und auch gern affektive Psychose genannt. Bei leichteren Formen kann man das sicher kritisch diskutieren, auch ich würde nicht behaupten, dass ich schonmal ernstlich psychotisch war, ab bei schweren Ausrpägungen der Erkrankung hast du ja immer Wahn mit drin, weshalb sie gern zu den Psychosen gerechnet wird. Jemand, der eine Manie im Vollbild hat, ist mit Sicherheit psychotisch (bei der Hypomanie scheint es aber nicht so zu sein bzw. betrifft nicht generell alle).

      Ich finde jetzt nicht unbedingt, dass keiner von uns beiden was von meinen Bemühungen hat. Heute war ich mit ihm einkaufen und Geld abheben, Bett beziehen usw. Da profitiert er auf jeden Fall von. Dann hab ich ihm Medi-Dosierer gekauft, denn die Tage hatte er die Tabletten aus Versehen total überdosiert und es ging ihm richtig mies, bis das wieder nachlies. Wenn er total benommen ist und schwindelig ist das besonders tragisch, da er erblindet ist. Dann findet er sich noch weniger zurecht. Heute morgen hat er dann gekotzt. Damit das nicht wieder passiert, hab ich jetzt die Dinger gekauft und die Medis gleich für ein paar Tage schon gestellt. Die Einzigsten, die nichts davon haben, sind mein Autoli und ich. Mit seinen ganzen Wünschen und Extrawürsten schwinden sowohl Tankfüllung, als auch meine Nerven rasant. Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich heute eigentlich frei hatte. Betonung lag auf eigentlich. Nur hab ich jetzt das Gefühl, doch gearbeitet zu haben. Hey, aber wenigstens hat er mich heute nicht kurz nach 6 aus dem Bett geklingelt...

      LG, das Nüssli
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      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Zaubernuss ()

    • Hallo liebes Nüssli,

      Du machst das schon :biggrin:
      Du mußt denn Herrn halt auch mal auf den Pot setzen, das geht schon.
      Es geht ja schließlich auch um Dich und nicht nur um Ihn.
      Wenn Du hilfst, dann überleg Dir zu welchen "Konditionen"
      und wo Deine Grenze erreicht ist, wo Du nicht mehr magst.

      Du machst es schließlich freiwillig und es soll kein Zwang sein.
      Davon halte ich nämlich gar nichts, denn aus einem Gefühl der Verpflichtung heraus,-
      geht nicht gut.

      Hast Du mal mit Ihm gesprochen oder was denkst Du in welchem Zusammenhang die Erblindung
      mit seiner Gemütsverfassung hat?
    • Jannis schrieb:

      Gute Frage: Ich hatte ja nur eine Episode, die mir als Manie ausgelegt worden ist, wobei nach wie vor unklar ist, ob es nicht doch eher eine Psychose war. Ich habe die ganze Zeit gemerkt, dass etwas nicht stimmt und ich fühlte mich getrieben aber nicht glücklich. Meine Umwelt habe ich als extrem verlangsamt empfunden. Ich hatte den für die Manie so typischen Redefluss und einen extrem gesteigerten Geschlechtstrieb.

      Ja und ich habe sehr viel Geld ausgegeben aber in dieser Zeit auch noch mehr verdient, also kein wirtschaftlicher Ruin (hätte aber sein können, wenn den Ausgaben keine Einnahmen gegenübergestanden hätten). Freundschaften habe ich Gott sei dank nur gefährdet, nicht zerstört und ich musste später einiges gerade biegen, was sogar soweit ging, auf meine Veranlassung mit meinen Geschwistern eine psychologische Mediation in Anspruch zu nehmen.

      Man lernt seine Freunde in einer solchen Zeit aber auch sehr gut kennen. Die, die sich abgewendet haben, waren ohnehin nicht besonders wichtig, diejeningen die aber besorgt zu einem standen, sind Freunde fürs Leben. Nachhaltige Schäden hat diese Zeit nicht hinterlassen, lediglich der erzwungene Klinikaufenthalt hat tiefe Spuren der Traumatisierung erzeugt. - Das war unnötig, eine Privatklinik auf freiwilliger Basis hätte es auch getan und ein Woche hätte dann auch gereicht.

      Meine Freunde und ich sind jetzt in einem Alter, in dem man sich gegenseitig nichts mehr beweisen muss und eine hohe Toleranz gegenüber der Fehlerhaftigkeit des anderen hat.

      Jannis schrieb:

      Das kann ich fast gänzlich so unterschreiben, so war es auch bei mir. Leichtere Hypomanien konnte ich noch geniessen, schnell sein, schlagfertig, Zusammenhänge blitzartig begreifen, übermäßig arbeiten können, sehr wenig Schlaf brauchen, schnell Kontakte knüpfen können … Manien beinhalteten immer übermässige Anspannung und eklige Getriebenheit, auch der sex. Appetit war gnadenlos. Kurzer Schlaf war nur nach Erschöpfung möglich, und irgendwann waren die inneren Batterien leer. Vermisse ich nicht, muß ich nicht mehr haben :) Ausgesprochene Wahnvorstellungen / Psychosen kenne ich zum Glück nicht. LG
    • Liebes Nüssli,

      ich denke das man jemanden gegenüber der manisch ist, sehr "klar" gegenüber sein muß.
      Das ist eine wichtige Herausforderung, die im Leben immer wichtig sein sollte, aber
      bei jemanden der manisch / psychotisch ist um so wichtiger.

      Ich vermute das Dein Bekannter wirklch Angst gehabt haben könnte und deshalb "Fire, Fire" gerufen hat?
      Um Dich und Ihn vor Räubern zu schützen? Er ist blind (seit wann?) und kann die Situation
      von daher nicht einschätzen..

      Es st auch gut, keine Angst zu haben, abe wenn muß diese unbedingt zugegeben werden. Schizophrene haben ein sehr feines Gespür dafür,
      wenn Ihnen etwas vorgemacht wird.

      Der Psychiater Gerald Jampolsky, schreibt in seine Buch „Lieben heißt die Angst verlieren“ eine Situation aus der geschlossen Abteilung, die mir zu Herzen ging
      und auf faszinierende Art und Weise den klaren Selbstausdruck beschreibt, den ich meine:

      "Sie Situation war eine, in der ich mich in einer Falle gefangen fühlte und wie gelähmt war vor Angst. Ich spürte emotionalen Schmerz und dachte mich auch von möglichen körperlichen Schmerzen bedroht. Die Vergangenheit färbte mit Sicherheit meine Wahrnehmung der Gegenwart und ich empfand keineswegs inneren Frieden und Freude.

      An einem Sonntagmorgen um 2 Uhr wurde ich gerufen, um nach einem Patienten auf der geschlossenen psychiatrischen Abteilung zu sehen, der plötzlich durchgedreht war.
      Dieser Patient, den ich nie zuvor gesehen hatte, war am Nachmittag des Vortages wegen akuter Schizophrenie eingeliefert worden. Ungefähr zehn Minunten bevor ich kam, hatte er die Holzverschalung um die Tür abgerissen. Ich schaute durch das kleine Fenster in der Tür und sah einen 1,93 m großen Mann, der ungefähr hundertvierzig Kilo wog.

      Er rannte nackt im Zimmer herum, hatte dieses lange Stück Holz in der Hand, aus dem die Nägel herausragten und redete wirr. Ich wußte wirklich nicht, was ich tun sollte. Da waren zwei Krankenpfleger, beide schienen kaum 1,50 m groß zu sein und sagten, „Wir werden direkt hinter Ihnen sein, Doc.“ Ich fand das nicht sehr beruhigend.

      Als ich weiter durch das kleine Fenster schaute, begann mir klar zu werden, wie verängstigt der Patient war, und langsam wurde ich mir auch dessen gewahr, wie sehr ich Angst hatte. Ganz plötzlich schien mir, als bestünde eine Verbindung zwischen Ihm und mir, etwas, das uns verband -
      nämlich unsere Angst.

      Ohne zu wissen, was ich anderes hätte tun können, schrie ich durch die dicke Tür: „Mein Name ist Dr. Jampolsky und ich möchte gerne reinkommen um Dir zu helfen, aber ich habe Angst. Ich habe Angst, daß ich verletzt werden könnte und ich habe Angst, daß Du verletzt werden könntest und ich komme nicht herum zu fragen, ob Du nicht auch Angst hast.“

      Da hörte er mit seinem wirren Gerede auf, drehte sich um und sagte: „Du kannst verdammt wohl glauben, daß ich Angst habe!“

      Ich rief ihm weiterhin zu, wieviel Angst ich hatte und er rief zurück, wieviel Angst er habe. In gewisser Weise wurden wir Therapeuten füreinander. Während dieses Wortwechsels verschwand unsere Angst und unsere Stimmen wurden ruhiger.

      Er erlaubte mir schließlich, alleine hineinzukommen, mit Ihm zu reden, ihm ein Medikament einzugeben und dann wieder zu gehen.

      Dies war für mich eine sehr starke und wichtige Erfahrung. Zunächst hatte ich den Patienten als potenziellen Gegner gesehen, der mich verletzen würde. (Meine Vergangenheit sagte mir, daß jeder, der verstört wirkte und eine Keule in der Hand hält, gefährlich sei.) Ich beschloß aber, nicht das manipulative Instrument der Autorität anzuwenden, das nur noch mehr Angst und Trennung erzeugt hätte. Als ich in unserer Angst eine gemeinsame Verbindung entdeckte, und ich Ihn aufrichtig um Hilfe bat, verband er sich mit mir. Wir waren dann in der Lage, uns gegenseitig zu helfen. Als ich diesen Patienten als meinen Lehrer und nicht als meinen Feind ansah, half er mir zu erkennen, daß wir vielleicht alle gleichermaßen wahnsinnig sind und daß nur die Form unseres Wahnsinns unterschiedlich ist."
    • Hallo Tobi,

      ich denke auch, dass er sich bedroht gefühlt hat, als die jungen Männer mit der fremden Sprache die Bank betraten. Also hat er in Kurzschlussreaktion alles auf eine Karte gesetzt und maximalen Rabatz gemacht. War auch sehr eindrucksvoll. Wir waren für einen Moment alle vor Angst vollkommen erstarrt.

      Oh diese Situation, die dieser Psychiater schildert, kenne auch ich. Es kam nur selten vor, aber manchmal wurde ich als studentische Hilfskraft auch für die Geschlossene Psychiatrie gebucht. Dort trifft man natürlich auch auch Patienten, die gut psychotisch unterwegs sind. Sogar, wenn man sie selbst noch gar nicht erlebt/gesprochen/gesehen hat, so hat man doch vor manchen schon Respekt (oder sollte ich lieber sagen Angst?), weil die Kollegen einen schon diverse Vorbemerkungen haben zukommen lassen, wie schwierig und gefährlich der sei. Der Mann, um den es ein mal ging, fühlte sich einfach unverstanden. Irgendwann im Laufe des Dienstes betrat ich auch sein Zimmer. Er begann mich auszufragen, was imer schwierig ist, weil man nicht zu viele persönliche Sachen preisgeben kann. Er fragte mich auch, woher ich komme und ich antwortete, dass ich ursprünglich aus Gotha komme (ich konnte keine Gefahr darin erkennen, meine Geburtsstadt zu nennen- damit kann man nichts weiter groß anfangen). Per Zufall hatte er auch viele Jahre dort gelebt. Er glaubte mir erst nicht und ich sagte, er solle mir doch Fragen stellen, die nur ein Gotharianer beantworten kann und das tat er dann auch. So konnte er sich davon distanzieren, dass ich ihn womöglich anlüge, um bei ihm Pluspunkte zu sammeln.
      Ich denke Aufrichtigkeit ist eine wichtige Sache. Patienten nehmen es einem echt übel, wenn man sie verschaukeln will, nur damit es für einen bequemer/einfacher ist. Das mit der Angst ist quasi auch nichts anderes. Aber Personal verhält sich da ganz eigenartig und ich hab auch hier und da erlebt, dass es dann schnell zu Übergriffen seitens des Personals kommt. Würden die anders kommunizieren, könnten man das auf ein Mindestmaß reduzieren.

      LG, das Nüssli
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    • Hallo liebes Nüssli,

      ich stimme völlig mit Deinem Beitrag überein.
      Es sind eigentlich die normalsten zwischen menschlichen Dinge der Welt,
      die für mich professionelles Handeln ausmachen.
      Zu 99,9 Prozent, geht es um Verständnis. Damit läßt sich so ziemlich alles auflösen.
      Einerseits würde ich auch gerne in diesem Arbeitsbereich arbeiten,
      anderseits stelle ich es mir äußerst mühsam vor, dort für Verständnis und Aufrichtigkeit zu werben.
      Bleibt wie immer nur, es vorzuleben. Wenn Ängste da sind und nicht eingestanden und aufgearbeitet werden,
      führt das zu "wir" gegen "die" und das sollte eigentlich nicht passieren.


      LG Tobias
    • Zaubernuss schrieb:



      Das mit der Angst ist quasi auch nichts anderes. Aber Personal verhält sich da ganz eigenartig und ich hab auch hier und da erlebt, dass es dann schnell zu Übergriffen seitens des Personals kommt. Würden die anders kommunizieren, könnten man das auf ein Mindestmaß reduzieren.

      LG, das Nüssli


      Genauso hatte ich das im Verlauf meiner Zwangseinweisung erlebt. Eine von vielen Anekdoten: Ich war mit einem anderen Patienten im Aufenthaltsraum, er hörte Musik via MP3 Player. Was die Pfleger ganz plötzlich schlimm fanden. Man verlangte die sofortige Herausgabe des Players, der Patient verweigerte. Ich redete mit Engelszungen auf ihn ein, das blöde Ding herauszugeben, weil mir klar war, was passieren wird. Er war kurz davor, es zu machen.

      Die Pfleger gifteten mich an, ich solle mich da raus halten und mein Zimmer aufsuchen, was ich nicht tat. Und dann passierte, was vorhersehbar war, die Pfleger stürzten sich auf den armen Tropf und fixierten ihn. - Was ist das für ein Anlaß?

      Ich frage mich seither nicht mehr, woher die Nazis das Personal zur Vergasung der Juden rekrutiert haben, diese Arschlöcher sind nach wie vor mitten unter uns. Es macht halt offensichtlich einer gewissen Schicht Mensch Freude andere Menschen zu quälen, auch wenn der Auftrag ein gänzlich gegensätzlicher ist.

      Deswegen wäre ich mal ganz vorsichtig, Moritz, mich auf der einen Seite über Rechtsradikale aufzuregen, auf der anderen Seite aber an deren weiter existierendem System tätig mitzuwirken. In einer Psychiatrie wird nichts anderes geleistet, als potentiell positive Lebensläufe per Traumatisierung zu zerstören, daran wirkst Du mit. - Ich beobachte daher mit einiger Genugtuunung, dass die Suizidrate unter allen Berufsgruppen bei den Psychiatern am höchsten ist, das ist ein Anfang, hier könnte ich mir gut auch aktive Sterbehilfe vorstellen.
    • Lieber Jannis,

      dann sind wir uns ja wieder einig :D

      Als Max Planck den Friedensnobelpreis bekam sagte er: "Meine Herren, als Physiker, der sein ganzes Leben der nüchternen Wissenschaft, der Erforschung der Materie widmete, bin ich sicher von dem Verdacht frei, für einen Schwarmgeist gehalten zu werden.

      Und so sage ich nach meinen Erforschungen des Atoms dieses: Es gibt keine Materie an sich.

      Alle Materie entsteht und besteht nur durch eine Kraft, welche die Atomteilchen in Schwingung bringt und sie zum winzigsten Sonnensystem des Alls zusammenhält. Da es im ganzen Weltall aber weder eine intelligente Kraft noch eine ewige Kraft gibt - es ist der Menschheit nicht gelungen, das heißersehnte Perpetuum mobile zu erfinden - so müssen wir hinter dieser Kraft einen bewußten intelligenten Geist annehmen. Dieser Geist ist der Urgrund aller Materie. Nicht die sichtbare, aber vergängliche Materie ist das Reale, Wahre, Wirkliche - denn die Materie bestünde ohne den Geist überhaupt nicht - , sondern der unsichtbare, unsterbliche Geist ist das Wahre!"
      _

      Zitat Jannis:
      "Ich beobachte daher mit einiger Genugtuunung, dass die Suizidrate unter allen Berufsgruppen bei den Psychiatern am höchsten ist, das ist ein Anfang, hier könnte ich mir gut auch aktive Sterbehilfe vorstellen."

      Das ist zynisch. Humor ist wenn man trotzdem lacht ^^

      Ein wichtiger Punkt, auf den ich hinaus will, ist, das wir durch Beobachtung, durch den Geist und die Geisteshaltung Einfluß nehmen auf das war beobachtet wird. Wollen wir in einem friedlichen oder einem Universum voll von Krieg und Haß leben?
      Wir bekommen, was wir sehen. Was wir sehen, ist was wir sähen.

      Die Psychiatrie ist die letzte Trivilisationsanstalt, wenn die Schulen als solche schon versagt haben. Als Synonym für Trivlisation steht in diesem Zusammenhang auch Konformität. Ganz offenbar?! sind die Reibungspunkte und das Leiden zur Erlangung von Konformität bei Psychieatrieerfahrenen sehr hoch gewesen und die Psychiatrie kann als Instrument gesehen werden, sich letztendlich brechen zu lassen oder auch nicht. Psychiater haben Ihren Stellenstatus innerhalb des Systems, die Berufsgruppe ist ein ausführendes Organ zur Erlangung von Konformität. Wie weit das System der Psychiatrie entrückt ist von der Quelle des Geistes läßt sich daran messen, das bei Psychiatern de höchste Selbstmordrate aller Berufsgruppen vorliegt.
      Sie zahlen also den höchsten Preis für diese Weltanschauung.
      Das sollte Dich nicht vorrangig zynisch werden lassen, sondern gnädig.


      LG Tobias


      Wenn ein Mensch glaubt Hilfe zu brauchen und dafür wirklich offen ist und Psychiatrien und Heilpraktiker für Dich nicht die erste Wahl sind, was bleibt denn dann Deiner Meinung nach noch?
      -
      Der Moment, in dem Du aufhörst Dir Gedanken darüber zu machen, was andere von dir halten und Du anfängst, so zu leben wie Du es möchtest, ist der Moment, in dem Du FREI bist!
    • positives-denken schrieb:



      Wenn ein Mensch glaubt Hilfe zu brauchen und dafür wirklich offen ist und Psychiatrien und Heilpraktiker für Dich nicht die erste Wahl sind, was bleibt denn dann Deiner Meinung nach noch?



      Angenommen, Du musst ein Feuer löschen, hast aber nur Benzin und Spiritus zur Hand, für was entscheidest Du dich? ;) Es ist genauso wie die Wahl zwischen Pest und Cholera.
    • Huhu Jannis,

      das Erlebnis, dass du geschildert hast, ist mal wieder erschreckend und umso schlimmer ist es, dass diese Willkür jeden Tag in deutschen Psychiatrien geschiet. Ich habe immer das Gefühl, dass diese Art von Personal ihre Position zum Machtmissbrauch ausnutzt. Die finden sich auch volkkommen im Recht und glauben Statements setzen zu müssen, damit die PAtienten parieren- oder sollte ich lieber sagen so viel Angst haben, dass sie kuschen? Oder wie viele Fälle kennst du, wo Patienten sich mit ihren Kopfhöreren erdrosselt haben? Gerade Lieblings-Musik ist etwas, das Menschen etwas aufbauen kann- auch bei mir ist das so. Jemand aus nichtigem oder gar nicht vorhandenem Grund eine liebgwonnene Sache wegzunehmen maxht solchen Menschen Spaß und unterstreicht ihre erhöhte Position. Ist das überhaupt legal, Leute so zu schickanieren, nur weil sie in der Geschlossenen sitzen?

      LG, das Nüssli
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      Aufstehen. Krönchen richten. Würdevollen Schrittes weitergehen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Zaubernuss ()

    • Zaubernuss schrieb:



      Ist das überhaupt legal, Leute so zu schickanieren, nur weil sie in der Geschlossenen sitzen?

      LG, das Nüssli


      Die Frage ist wohl nicht ganz ernst gemeint. - Natürlich ist es das nicht. Weil es aber hinter "geschlossenen Türen" geschieht, fühlen sich die Täter geschützt. Was glaubst Du, weshalb die Nazis sich an den Juden in von der Außenwelt abgeschirmten Lagern vergangen haben? In der Klapse mochte man übrigens die von mir angestellten Vergleiche zum Grad der Willkür überhaupt nicht, dabei haben sowohl die Braunen in der Nazizeit wie auch das heutige Pflegepersonal in den Psychiatrien sich eine Rechtfertigung für ihr Handeln zusammengebastelt, die im unauflöslichen Widerspruch zu sämtlichen anerkannten Menschenrechtsgrundsätzen steht.
    • Alles was an einem selbst mit Nazis zu tun hat, wird vehement zurückgewiesen.
      Und ganz ehrlich gesagt, wird sich jemand wie Moritz mit dem Nazivergleich
      in seiner Arbeit nicht wirklich verstanden fühlen.
      Aber natürlich weißt das Psychiatriesystem einige totalitäre Züge auf.
      Stigmatisierung, die Unterscheidung von "Kranken" und "Gesunden
      Ausgrenzung, Willkür und Bestrafung wenn der Wunsch nach eigener Selbstentfaltung
      gelebt wird.

      Einen Unterschied sehe ich darin, das in die Psychiatrie meist nur kommt, wer sich
      auffällig verhält und die Juden getötet wurden, weil Sie so getauft wurden.
      Das heißt, wir haben deutlich bessere Chancen nicht in die Fänge einer Machtmaschinerie
      zu geraten, denn wir können so gut für uns sorgen, nicht in die Mühle zu kommen.

      Vergessen wir aber nicht, das viele nach der für Sie richtigen Stigmatisierung (Diagnose) suchen
      und es für Sie eine Entlastung ist, sie müssen sich dann weniger verantwortlich fühlen
      und "genießen" die Sicherheit der Strukturen.

      Viele Straftäter, bekommen Angst, wenn Sie an Ihre Haftentlassung denken, denn
      hinter den dicken Mauern, fühlen sie sich sicher und ist für Sie gesorgt.
      Ich denke bei vielen Psychiatrie-betroffenen kann man sich das ähnlich vorstellen.

      Schlußentlich müssen Wir nach dem Nazi in uns selbst beobachten. Siehe die von Dir Jannis,
      angedachte aktive Sterbehilfe für Psychiater.
      Wie schnell wird man zu dem, was man bekämpft. Bei Hitler war es nicht anders.
      Ob Psychiater oder Juden für das Sinnbild des Bösen und der Perversion gelten, die es zu bekämpfen gilt,
      macht das einen Unterschied?

      Helfen kann uns nur die Verbundenheit mit unserer eigenen Menschlichkeit, weil die Geschichte lehrt,
      das in Strukturen die auf Abgrenzung, Zwang und dem leugnen der eigenen Verantwortung beruhen,
      sich die meisten Menschen bis auf wenige rühmliche Ausnahmen wie Monster verhalten.

      Ich denke wirklich, nicht der Mensch ist schlecht sondern gewisse Strukturen für den Menschen.
      Nur das ausmerzen der eigenen Nazistrukturen in uns selbst, kann kann das Ziel sein, für mehr Menschlichkeit.
    • positives-denken schrieb:

      Vergessen wir aber nicht, das viele nach der für Sie richtigen Stigmatisierung (Diagnose) suchen
      und es für Sie eine Entlastung ist, sie müssen sich dann weniger verantwortlich fühlen
      und "genießen" die Sicherheit der Strukturen.
      Für mich war die "gesicherte, mehrfach bestätigte Diagnose" ein Segen ! Endlich
      hatte ich einen Ansatzpunkt, an dem ich (an mir) zu Arbeiten beginnen konnte.
      Vorher waren Bipolare (in der Familie etc.) nur "etwas zeitweise irre" für mich,
      das bin ich doch nicht .. :)

      Es gibt soviel Erscheinungsformen der BS, keine 2 ähneln sich im Detail, es kommen
      immer die persönlichen, komorbiden Störungen dazu. Jeder Mensch hat halt seine
      individuelle G'schicht.

      Letztendlich sind Diagnosen (ICD10 etc.) nur Abrechnungsschlüssel, Anhaltspunkte,
      sich selbst stigmatisieren (oh ich armes Hascherl) sollte man tunlichst nicht, das
      bringt nicht weiter.
      LG, W.