Smartphone ersetzt Therapie?

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Smartphone ersetzt Therapie?

      Manche Apps für Iphone und Android sollen angeblich helfen, auch psychiatrische Diagnosen zu stellen und Symptome zu lindern, z.B. bei Depression oder Posttraumatischen Störungen.
      Evidenz für ihre Wirksamkeit ist meist allerdings gering, und manche der Apps können auch schaden.
      Der volle Artikel findet sich hier (leider nur in Englisch):
      scientificamerican.com/article…dvice-and-therapy/?page=8
    • Hier in Marburg erforscht man den möglichen Nutzen von internetbasierter Pychotherapie (durch Dr. Cornelia Weise). Leider war ich nicht bei dem Kolloquium am 13. November dort, als unsere Dozentin ihr Projekt vorgestellt hat (da hatte ich leider Spätdienst).
      Irgendwie wird dadurch das ganze so unpersönlich. Verstehen die denn nicht, dass gerade z.B. das persönliche Setting an sich während einer Therapie das Besondere ausmacht?
      Außerdem finde ich es sehr nervend, dass man von allen Seiten mit diesem ganzen App-Quatsch zugemüllt wird. Aus Protest habe ich bis heute kein Android o.Ä. Alle starren sie nur noch auf ihr Telefon oder Tablet. Das Leben zieht an ihnen vorbei, während sie sinnlos im Internet surfen.
      Ich weis auch nicht, ob es hilfreich ist, wenn Patienten ständig z.B. irgendwelche Dinge zu ihrer Erkrankung aufzeichnen und sich den ganzen Tag mit ihrer Macke dadurch auseinandersetzen.
      Des Weiteren frag ich mich, ob den usern klar sein wird, dass digitale Medien ein Sicherheitsrisiko darstellen, bei einem Gerät, dass man u.U. für ganz viele Dinge und überall nutzt, wie ein Mobiltelefon. Fällt das jemanden in die Hände oder es gibt ein Sicherheitsproblem und jemand anderen erhält kabellos Zugriff auf die sensiblen Daten, dann kann schnell die Runde machen, dass derjenige pychisch krank ist. Das kann ein enormes Risiko sein, wenn man an seinem Arbeitsplatz hängt.
      Geht das Gerät verloren oder wird schwer beschädigt, dann sind meist auch die Daten hinüber. Deshalb habe ich auch immernoch meinen Stimmungskalender auf *hui* echtem Papier, echt per Hand und persönlich ausgefüllt, den ich kopiert meiner Ärztin zur Verfügung stelle (allerdings ohne die Seite mit den persönlichen Kommentaren), damit sie sich selbst wortwörtlich ein Bild machen kann von der Zeit zwischen den Terminen. Sie findet das klasse, dass jemand sich dauerhaft die Mühe macht (selber schuld, sie fragte ja beim 1. Termin danach, ob ich so ein Teil führe). Nach eingehender Begutachtung finden die dann Eingang in meine Akte- alle fein säuberlich abgeheftet- na ja, wenns sie freut...muss ja alles seine Ordnung haben und so... :biggrin:



      Grüße, das Nüssli
      Was tun nach dem Absturz?
      Aufstehen. Krönchen richten. Würdevollen Schrittes weitergehen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 8 mal editiert, zuletzt von Zaubernuss ()

    • Digitaler Schwachsinn

      Hi,
      da scheinen wir uns ja mal einig zu sein. Schaut man sich den verlinkten Text an, wird man nicht nur ernüchtert, sondern geradezu schockiert feststellen, was Patienten so alles unter dem Siegel innovativer Therapie untergejubelt werden soll. Hier der Text:

      Watch out! Some apps make big claims with little evidence

      According to the FDA, those psychiatric apps that provide coping techniques for people with diagnosed mental health conditions pose low risks to consumers. These apps will be regulated at the fda's discretion, and many will therefore escape the agency's safety and effectiveness assessments. Some experts, however, say that these apps can still be hazardous if they give out shoddy advice or otherwise mislead vulnerable consumers. “Some of [these apps] are really good, and some of them are awful,” says Michael Van Ameringen, a psychiatry professor at McMaster University in Ontario. “Clinicians and consumers need help sorting through them.”

      For instance, be wary of apps designed by software companies that fail to include insight from a medical professional (such as many of the hypnosis apps out there), as well as apps claiming to use audio tones to induce certain mental states, such as decreased anxiety (there is no scientific validity to these claims).

      The Anxiety and Depression Association of America, of which Van Ameringen is a board member, is currently developing a rating system to screen out bad apps. Here are some things to keep in mind when browsing mental health apps:

      If you are in immediate distress, see a doctor. Apps cannot replace diagnosis and treatment; they are supplements only.

      Read the terms of use. Confidentiality is an important concern for many people dealing with mental health issues. Make sure you know what the app's developers are doing with your data.

      Check out the science. Many apps claim to have experimental support, but often those studies are performed by teams of in-house researchers and lack scientific rigor. Studies conducted by independent researchers and published in peer-reviewed journals provide a more objective assessment.

      Take design into account, too. You are more likely to use the app regularly if the experience is easy and enjoyable. It also helps if the app can be customized to your unique needs, Van Ameringen says.
      (Hervorhebungen: L.)

      Kein Mensch wird etwas dagegen einwenden, wenn jemand sein Smartphone nutzt, um sich elektronisch an die Medikamenteneinnahme erinnern zu lassen oder eine Art Stimmungsprotokoll zu führen. Das kann man machen, kann dazu aber ebensogut nicht-elektronische Hilfsmittel (wie Block und Bleistift) verwenden. Wer glaubt, der Logarithmus eines Computers sei imstande eine präzise Diagnose zu stellen, befindet sich in einem prinzipiellen Irrtum. Gewiss, labortechnische Daten lassen sich derart zuverlässig erheben wie Blutdruck, Herzrythmus usw. usf. Das aber ist keine Diagnose, die auf dieser Grundlage allererst anhebt. Ohne Anamnese ist keine Diagnostik möglich. Nicht zufällig ist der griechische Begriff der Anamnesis mit einer Kunst in Verbindung gebracht; so wie Hippokrates die Medizin als eine Kunst des Heilens verstand.

      Das ist auch kein Mangel, der dem derzeitigen Stand der Computertechnologie geschuldet ist und über kurz oder lang beseitigt werden könnte. Meines Erachtens hat der US-amerikanische Philosoph John Searle vor Jahr und Tag bereits schlüssig nachgewiesen, dass es hier eine prinzipielle Schranke künstlicher Intelligenz gibt: ein Computer funktioniert in Abarbeitung eines Algorithmus prinzipiell syntaktisch, d.h. er verknüpft Zeichen nach vorgegebenen Regeln, ohne deren Sinnhaftigkeit beurteilen zu können. Das menschliche Gehirn, tradtionell: der menschlche Geist funktioniert semantisch, d.h. er verknüpft die Symbole zu sinnhaften Einheiten, die eine Bedeutung haben. Searle illustrierte das sehr schön mit einem Gedankenexperiment, das als 'Das chinesische Zimmer' in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen ist. Wen das interessiert, der kann das mit Hilfe der vorliegenden Informationen leicht im Netz finden.

      Gruß
      Laci
      "Tief im Herzen haß ich den Troß der Despoten und Pfaffen, Aber noch mehr das Genie, macht es gemein sich damit." (Hölderlin)

      "Nun müssen diejenigen, welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch möglich sein?" (Aristoteles)

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Laci ()