'Euthanasie'-Morde - Die der deutschen Volksgemeinschaft dienstbare Psychiatrie war eine mörderische Veranstaltung

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    • Versuch, die Frage zu klären, worum es hier geht

      Hi,
      gestern hatte ich unter der Überschrift 'Thema verfehlt' nochmals die Intention des Threads und meine Fragestellung wie folgt dargelegt
      Zur Erinnerung: Es ging bzw. geht um die innere Logik eines bestimmten, nämlich des biologistischen medizinischen Denkens, das die Verbrechen der Zwangssterilisierung und der 'Ausmerzung lebensunwerten Lebens' ermöglicht, gefordert und schließlich exekutiert hat. Es waren keine reaktionären Nazi-Ärzte, welche diese 'Maßnahmen zur Optimierung der Erbanlagenbeschaffenheit des Volkskörpers' durchführten, sondern zu einem erschreckend hohen Anteil die wissenschaftliche Elite der damaligen Zeit, z.B. der Heidelberger Psychiater Carl Schneider, der als 'Erfinder' der Ergotherapie gilt.

      Niemand behauptet ernsthaft, dass die heutige Psychiatrie von einem derartigen Willen zur Vernichtung menschlichen Lebens bestimmt sei. Es gibt aber, das lässt sich aufgrund der vor allem seit den 80er Jahren angestrengten Forschungen auf diesem Gebiete zweifelsfrei feststellen, Kontinuitätslinien weit über das Jahr 1945 hinaus. Das lässt sich auf nahezu allen Gebieten des kulturellen Lebens feststellen, welche fachwissenschaftliche Disziplin auch immer in den Blick genommen wird, das gilt für den Erziehungsstil an den Schulen, für die Kunst und selbstverständlich für die Politik. Mir ist nur nicht einsichtig, was der Hinweis darauf, dass auch die Anderen Verbrechen begangen und nach dem Krieg vertuscht haben, eigentlich besagen soll. Jedenfalls ist es kein Argument für irgendetwas und trägt kein Jota zur Bestimmung dessen bei, was die heutige Psychiatrie auszeichnet.
      Pardon, sich selbst zu zitieren ist nicht gerade die feine Art, hier aber geht es um eine Klarstellung, hinter der die Etikette zurückzustehen hat. Mir ist nämlich vollkommen schleierhaft, wie Tobias und Zaubernuss dennoch einander versichern können:

      positives-denken schrieb:

      Nüssli, was Laci erörtern möchte das weiß ich nicht.
      Was?
      Er hat keine Frage gestellt......

      Zaubernuss schrieb:

      Was Laci ganz genau ausdrücken wollte, weis ich auch nicht.

      Mag ja sein, dass meine Formulierung nicht präzise genug oder gar unverständlich ist. Phantomas immerhin hat die Fragestellung genau in meinem Sinne verstanden.

      Phantomas schrieb:

      es geht eher um die wechselseitige Abhängigkeit bzw. Beeinflussung von Ideologie und Wissenschaft.

      So ist es. Ergänzend würde ich hinzufügen, dass die Ideologie nicht von außen in die Wissenschaft, hier in die Psychiatrie hineingetragen wurde, etwa nach dem gängigen Muster: "Die Nazis haben die Medizin missbraucht". Es verhält sich genau umgekehrt: Die Medizin war entgegen ihrem Selbstverständnis zu keiner Zeit reine Wissenschaft, sondern hat ihrer immanenten Logik nach eine biologistische Ideologie erzeugt, die mit einem Programm zur 'Lösung der sozialen Frage' in Form der Zwangssterilisierung und der Euthanasie im Sinne der 'Ausmerzung unwerten Lebens' verbunden war. Behinderte wie psychisch Kranke erschienen aus dieser Perspektive als 'Träger schlechter Erbanlagen', die an der Fortpflanzung zu hindern seien, was in erster Linie einer 'Verbesserung der Erbanlagenbeschaffenheit des Volkskörpers', aber auch rein wirtschaftlichen Zwecken dienen sollte.

      Diese 'erbbiologische Medizin', im deutschen Sprachraum unter dem Titel 'Rassenhygiene' zur Geltung gelangt, war keineswegs eine Erfindung der Nazis, sondern in mehreren der damals bereits demokratisch verfassten Ländern zur Schulmedizin geworden. Bereits vor 1933 wurde die Zwangssterilisation mit eben dieser Begründung beispielsweise in Schweden und einigen Bundesstaaten der USA durchgeführt. Alles, was die Nazis der Medizin, insbesondere der Psychiatrie lieferten, waren die politischen Rahmenbedingungen zur Realisierung ihrer mörderischen Absichten.

      Phantomas hat die aus meiner Sicht richtige Frage angeschlossen: Wie sehen die Kontinuitätslinien aus, welche die heutige biologistische Psychiatrie mit dieser Tradition verbinden. Oder ist die heutige Psychiatrie ganz anderer Art, die damit nichts zu tun hat? Darauf möchte ich auch gerne, allerdings in einem gesonderten Beitrag eingehen.

      Gruß
      Laci
      "Tief im Herzen haß ich den Troß der Despoten und Pfaffen, Aber noch mehr das Genie, macht es gemein sich damit." (Hölderlin)

      "Nun müssen diejenigen, welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch möglich sein?" (Aristoteles)
    • Ich bin kein sehr großer Fan von Diskussion, wo der eine Fragen stellt, wo er meint er kenne ohnehin schon die Antwort (und wir alle seien einfach nur noch nicht in der Lage das auch zu erkennen) und es dann Streit gibt, wenn andere das anders sehen. Darauf läuft es nämlich bald hier hinaus.

      Weil ich einige Dinge durchaus kritisch sehe, gebe ich dennoch auf einige Sachen zumindest eine exemplarische Antwort.

      Phantomas schrieb:

      Welchen Einfluss hat z.B. die fortschreitende Rationalisierung und Professionalisierung ("Krankenhausmanager")
      Einen schlechten, was sonst? Genrell werden Pflegestellen abgebaut. Alle sind angenervt und überarbeitet (Ärzte, wie Pflegepersonal) und die PAtienten von den langen Wartezeiten. Ich war die Tage in der Notaufnahme, hatte tierische Schmerzen. Man sagte mir schon in der Anmeldung, ich müsse mit mindestens 6 Stunden Wartezeit rechnen (enuer Mitarbeiter, kannte ich nicht). Als ich sagte, dass ich bis vor 3 Jahren in der Notaufnahme gearbeitet habe, war ich in 10 Minuten komischerweise drin.
      Besonders dramatisch wird es in einer unserer psychiatrischen Klinken. Die bauen zwar ständig neue Gebäude, aber die Geschlossene mit den schwersten Fällen soll in Zukunft nachts nur noch durch 1 (!) Pflegekraft besetzt sein- auch wenn es sich um eine Schwester handelt. Im Notfall solle man doch Alarm geben, dann kommen welche von anderer Station. Wer passt dann auf die Herzchen auf der Station auf, wo die Pflegekraft weggerufen wurde? So eine Station hat etwa 20 Betten. Es sollen wohl welche abgebaut werden. Keine Ahnung, wie sie auf die Idee kamen, aber für gewöhnlich ist die Geschlossene immer voll oder fast voll belegt. Es gibt da übrigens 2 geschlossene Erwachsenenstationen, die auch gleich über mehrere "Intensivbetten" (2 habe ich selbst gezählt) verfügen (bisher mit eigenem dauerhaft besetztem Wachzimmer, wenn eine Fixierung läuft).

      Phantomas schrieb:

      Welchen Einfluss hat die rasante Zunahme an technischen Möglichkeiten für die Forschung,
      Ein nicht unerheblicher Teil der Studenten sitzt zu einem nicht unerheblichen Teil ihrer Zeit top ausgerüstet mit den modernsten und teuersten elektronischen Geräten im Hörsaal bei der Vorlesung und surft sinnlos im Internet (für gewöhnlich in den sogenannten social networks um geistigen Dünnschiss auszutauschen und ihr ganzes Leben zu offenbaren), während sie dabei ganz wichtig gucken und anderen Studenten tierisch auf den Zeiger fallen, die eigentlich gern hätten zuhören wollen, was relativ schwer ist, wenn so viele Leute auf ihren Laptoptasen rumtippen und wenn man relativ weit hinten sitzt hat man eine Unmasse an Bildschirmen im Blickfeld, die alle beleuchtet sind und sich der Monitor ständig bewegt. Totale Reizüberflutung. :boese:

      Grüße, Nüssli
      Was tun nach dem Absturz?
      Aufstehen. Krönchen richten. Würdevollen Schrittes weitergehen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Zaubernuss ()

    • Hallo Zaubernuss,

      die von Dir beobachtenden Folgen der Rationalisierung
      - also Abbau von Pflegepersonal, Beschleunigung der Abläufe, Verlagerung von Arbeitskräften hin zu höherem Kapitaleinsatz etc. - sind zutreffend
      und Freunde und Bekannte, die im Gesundheitssystem arbeiten (Psychiatrie einmal ausgenommen; da kenne ich niemanden), berichten unisono dasselbe wie Du.
      Statistisch lässt sich dieser Befund - was Deutschland betrifft - auch relativ leicht belegen. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden gibt offiziell an,
      dass zwischen 2005 und 2013 (neuere Zahlen liegen nicht vor) 143 Kliniken geschlossen und insgesamt 23 000 Betten im doppelten Wortsinne 'abgebaut' wurden. GLEICHZEITIG ist aber die Zahl der durchgeführten Operationen um 30% auf den Höchststand von 15,8 Millionen gestiegen.

      Die Frage ist jetzt: Haben derartige Veränderungen auch eine Auswirkung auf die Medizin in wissenschaftlicher Hinsicht!
      Werden Ärzte aufgrund dieser politischen/ideologischen Veränderung fachwissenschaftlich anders ausgebildet?
      Verändern sich dadurch Diagnosekriterien bzw. Behandlungsrichtlinien?
      Könnten sich dadurch evtl. auch die gesellschaftlichen Sichtweisen auf Krankheiten und von Krankheiten betroffene Menschen verändern?


      Oder ist es gar so, dass die politischen Veränderungen nur das nachvollziehen,
      was in der Medizin selbst schon angelegt ist,
      so wie es Laci für die Medizin vor und während (und nach[?]) der NS-Diktatur geschildert hat?

      Zum Verhalten der Studenten sag' ich mal besser nichts. ;)

      @Laci: Ich bin gespannt auf Deinen Beitrag.
      Das Thema "Ideologie/Medizin" ist mir neulich bei der nur ganz kurz angerissenen und genauso schnell wieder verschwundenen Debatte über das "social freezing" ziemlich sauer aufgestoßen. Als ich dann hörte, dass das in den USA schon gängige Praxis ist und von Silicon-Valley-Unternehmen auch noch subventioniert bzw. zur 'Leitkultur' erhoben wird, habe ich für einen kurzen Moment weiche Knie bekommen.

      Lieben Gruß
      Phantomas
    • Ideologien hat es und wird es immer geben. Es ist der Versuch, schwierige Dinge erklärlich zu machen, zu einem "mainstream" dessen zu machen, was man meinen darf und was nicht. Nehme mal in der Neuzeit nur die "Pegida", beide Parteien, die aufeinander einschlagen, haben etwas Recht und etwas Unrecht. Auf der einen Seite werden die Demonstranten als Nazis bezeichnet, auf der anderen Seite machen die Demonstranten die Zuwanderer für das eigene soziale Schicksal verantwortlich. Beides ist kompletter Unsinn. Ich hatte hierzu einen etwas längeren Text "verzapft", der ist aber leider im Orkus verschwunden.
    • Ja ich kann dir sagen, wie die Zahl der Operationen so gestiegen sein kann: Zum einen werden seit einiger Zeit gern mal Sachen operiert, dieman auch konservativ hätte behandeln können (aber das bringt natürlich nicht so viel Geld) und zum anderen hat man die stationäre Liegezeit der Patienten nach der OP gekürzt, sodass die ganz schnell wieder an die frische Luft gesetzt werden und man das Bett schon für den nächsten Patienten richten kann.
      Außerdem werden heute viele OP's ambulant gemacht, die man vor ein paar Jahren auf jeden Fall stationär gemacht hätte. Sowohl meine Schwägerin, als auch mein Bruder haben alle ihre OP's der lezten Jahre der unterschiedlichsten Art ambulant machen lassen. Ich hab sie jedes mal gewarnt. Jedes Mal gab es Komplikationen. Bei meinem Bruder musste sogar 2 mal ein-und dasselbe revidiert werden (die letzte OP in dem Gebiet war dann auch die Not-OP). Letztlich war er nicht viel schneller wieder fit, sondern statt einer Woche hat er sich Monate damit gequält und immer wieder nicht arbeiten können, was schon recht blöd ist, wenn man Filmproduzent ist (da geht es gleich um richtig viel Geld).

      Phantomas schrieb:

      Werden Ärzte aufgrund dieser politischen/ideologischen Veränderung fachwissenschaftlich anders ausgebildet?

      Hör mal, du stellst vielleicht Fragen! :) Das kann nur ein Mediziner dir beantworten.

      Grüße Nüssli
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    • Eine alte Studiums-Kamelle zum Thema Fortschritt

      Ach, ich bin gerade lustig drauf (Modafinil macht's möglich), deshalb gebe ich die Story zum Besten:

      In meinem alten Studiengang habe ich natürlich auch das Physiologie-Praktikum besucht. Im Rahmen dessen hatten wir den Kurstag "Blut". Ein Kommilitone wurde rüber geschickt, um die Proben zu holen. Er kam freudestrahlend wieder mit den Röhrchen in der Hand. Echtes Patientenblut! Wir: *freu freu freu*. Er sah fast so aus, als würde er etwas Heiliges in seinen Händen halten. Dabei kommt Blut gar nicht so selten vor- ich selbst besitze auch um die 5 Liter und ich spiele ebenfalls gelegentlich Patient :biggrin:
      Na ja die Tutoren haben dann den Spaß vorbereitet. Wir sollten - wahrscheinlich aus Gründen der Nostalgie - Erythrozyten (rote Blutkörperchen) ganz "old school" unter dem Mikroskop dank Raster auszählen. Nur moderne Technik is ja auch nix und wenn du irgendwann von deinem Job gelangweilt bist und mit Ärzte ohne Grenzen ins nirgendwo fliegst kannste du dir sagen: Ich kann nicht viel, aber Blutkörperchen unterm Mikroskop auszählen, das kann ich. So weit, so gut.
      Wir traten also alle ausgerüstet mit einem Click-Zähler in der anderen Hand an unser Mikroskop ran, schauten erwartungsvoll hinein, stellten fest "huch, das sind aber ganz schön viele", gefolgt von "mir tun jetzt schon die Augen weh" - "Mist, den hab ich schon gezählt" und *tataaaaa* bekamen ERLEUCHTUNG !!
      Erleuchtung Nummer 1: Mann, hatten die früher in den Laboren einen scheiß Job. Erleuchtung Nummer 2: Das wird ein scheiß Kurstag. War dann auch so.
      Fortschritt kann das Leben echt erleichtern und auch Diagnostik, wie Forschung.

      Grüße, Nüssli
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