Hi,
gestern hatte ich unter der Überschrift 'Thema verfehlt' nochmals die Intention des Threads und meine Fragestellung wie folgt dargelegt
Mag ja sein, dass meine Formulierung nicht präzise genug oder gar unverständlich ist. Phantomas immerhin hat die Fragestellung genau in meinem Sinne verstanden.
So ist es. Ergänzend würde ich hinzufügen, dass die Ideologie nicht von außen in die Wissenschaft, hier in die Psychiatrie hineingetragen wurde, etwa nach dem gängigen Muster: "Die Nazis haben die Medizin missbraucht". Es verhält sich genau umgekehrt: Die Medizin war entgegen ihrem Selbstverständnis zu keiner Zeit reine Wissenschaft, sondern hat ihrer immanenten Logik nach eine biologistische Ideologie erzeugt, die mit einem Programm zur 'Lösung der sozialen Frage' in Form der Zwangssterilisierung und der Euthanasie im Sinne der 'Ausmerzung unwerten Lebens' verbunden war. Behinderte wie psychisch Kranke erschienen aus dieser Perspektive als 'Träger schlechter Erbanlagen', die an der Fortpflanzung zu hindern seien, was in erster Linie einer 'Verbesserung der Erbanlagenbeschaffenheit des Volkskörpers', aber auch rein wirtschaftlichen Zwecken dienen sollte.
Diese 'erbbiologische Medizin', im deutschen Sprachraum unter dem Titel 'Rassenhygiene' zur Geltung gelangt, war keineswegs eine Erfindung der Nazis, sondern in mehreren der damals bereits demokratisch verfassten Ländern zur Schulmedizin geworden. Bereits vor 1933 wurde die Zwangssterilisation mit eben dieser Begründung beispielsweise in Schweden und einigen Bundesstaaten der USA durchgeführt. Alles, was die Nazis der Medizin, insbesondere der Psychiatrie lieferten, waren die politischen Rahmenbedingungen zur Realisierung ihrer mörderischen Absichten.
Phantomas hat die aus meiner Sicht richtige Frage angeschlossen: Wie sehen die Kontinuitätslinien aus, welche die heutige biologistische Psychiatrie mit dieser Tradition verbinden. Oder ist die heutige Psychiatrie ganz anderer Art, die damit nichts zu tun hat? Darauf möchte ich auch gerne, allerdings in einem gesonderten Beitrag eingehen.
Gruß
Laci
gestern hatte ich unter der Überschrift 'Thema verfehlt' nochmals die Intention des Threads und meine Fragestellung wie folgt dargelegt
Pardon, sich selbst zu zitieren ist nicht gerade die feine Art, hier aber geht es um eine Klarstellung, hinter der die Etikette zurückzustehen hat. Mir ist nämlich vollkommen schleierhaft, wie Tobias und Zaubernuss dennoch einander versichern können:Zur Erinnerung: Es ging bzw. geht um die innere Logik eines bestimmten, nämlich des biologistischen medizinischen Denkens, das die Verbrechen der Zwangssterilisierung und der 'Ausmerzung lebensunwerten Lebens' ermöglicht, gefordert und schließlich exekutiert hat. Es waren keine reaktionären Nazi-Ärzte, welche diese 'Maßnahmen zur Optimierung der Erbanlagenbeschaffenheit des Volkskörpers' durchführten, sondern zu einem erschreckend hohen Anteil die wissenschaftliche Elite der damaligen Zeit, z.B. der Heidelberger Psychiater Carl Schneider, der als 'Erfinder' der Ergotherapie gilt.
Niemand behauptet ernsthaft, dass die heutige Psychiatrie von einem derartigen Willen zur Vernichtung menschlichen Lebens bestimmt sei. Es gibt aber, das lässt sich aufgrund der vor allem seit den 80er Jahren angestrengten Forschungen auf diesem Gebiete zweifelsfrei feststellen, Kontinuitätslinien weit über das Jahr 1945 hinaus. Das lässt sich auf nahezu allen Gebieten des kulturellen Lebens feststellen, welche fachwissenschaftliche Disziplin auch immer in den Blick genommen wird, das gilt für den Erziehungsstil an den Schulen, für die Kunst und selbstverständlich für die Politik. Mir ist nur nicht einsichtig, was der Hinweis darauf, dass auch die Anderen Verbrechen begangen und nach dem Krieg vertuscht haben, eigentlich besagen soll. Jedenfalls ist es kein Argument für irgendetwas und trägt kein Jota zur Bestimmung dessen bei, was die heutige Psychiatrie auszeichnet.
positives-denken schrieb:
Nüssli, was Laci erörtern möchte das weiß ich nicht.
Was?
Er hat keine Frage gestellt......
Zaubernuss schrieb:
Was Laci ganz genau ausdrücken wollte, weis ich auch nicht.
Mag ja sein, dass meine Formulierung nicht präzise genug oder gar unverständlich ist. Phantomas immerhin hat die Fragestellung genau in meinem Sinne verstanden.
Phantomas schrieb:
es geht eher um die wechselseitige Abhängigkeit bzw. Beeinflussung von Ideologie und Wissenschaft.
So ist es. Ergänzend würde ich hinzufügen, dass die Ideologie nicht von außen in die Wissenschaft, hier in die Psychiatrie hineingetragen wurde, etwa nach dem gängigen Muster: "Die Nazis haben die Medizin missbraucht". Es verhält sich genau umgekehrt: Die Medizin war entgegen ihrem Selbstverständnis zu keiner Zeit reine Wissenschaft, sondern hat ihrer immanenten Logik nach eine biologistische Ideologie erzeugt, die mit einem Programm zur 'Lösung der sozialen Frage' in Form der Zwangssterilisierung und der Euthanasie im Sinne der 'Ausmerzung unwerten Lebens' verbunden war. Behinderte wie psychisch Kranke erschienen aus dieser Perspektive als 'Träger schlechter Erbanlagen', die an der Fortpflanzung zu hindern seien, was in erster Linie einer 'Verbesserung der Erbanlagenbeschaffenheit des Volkskörpers', aber auch rein wirtschaftlichen Zwecken dienen sollte.
Diese 'erbbiologische Medizin', im deutschen Sprachraum unter dem Titel 'Rassenhygiene' zur Geltung gelangt, war keineswegs eine Erfindung der Nazis, sondern in mehreren der damals bereits demokratisch verfassten Ländern zur Schulmedizin geworden. Bereits vor 1933 wurde die Zwangssterilisation mit eben dieser Begründung beispielsweise in Schweden und einigen Bundesstaaten der USA durchgeführt. Alles, was die Nazis der Medizin, insbesondere der Psychiatrie lieferten, waren die politischen Rahmenbedingungen zur Realisierung ihrer mörderischen Absichten.
Phantomas hat die aus meiner Sicht richtige Frage angeschlossen: Wie sehen die Kontinuitätslinien aus, welche die heutige biologistische Psychiatrie mit dieser Tradition verbinden. Oder ist die heutige Psychiatrie ganz anderer Art, die damit nichts zu tun hat? Darauf möchte ich auch gerne, allerdings in einem gesonderten Beitrag eingehen.
Gruß
Laci
"Tief im Herzen haß ich den Troß der Despoten und Pfaffen, Aber noch mehr das Genie, macht es gemein sich damit." (Hölderlin)
"Nun müssen diejenigen, welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch möglich sein?" (Aristoteles)
"Nun müssen diejenigen, welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch möglich sein?" (Aristoteles)