Erbarmen mit den Psychiatern

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    • Erbarmen mit den Psychiatern

      Hi,
      der Psychiater, tagtäglich und auch des Nachts um das Wohl des Patienten bemüht, in der Forschung immer voran, da über deren Relevanz und Repräsentanz kein Schwein außer den jeweils Forschenden zu urteilen vermag, gezwungen, 'translationale Medizin' (sic!) zu betreiben, und, da wir schließlich nicht mehr vor der 48er-Revolution, sondern im Jahre 2015 p.C.n. leben, verpflichtet auf Facebook, twitter, Google (um nur einige zu nennen) omnipräsent zu sein, dieser aufopferungsvolle Mensch ist frustriert und wütend - was er sein darf, er ist ja schließlich 'auch nur' Mensch, wie versichert wird -, denn Undank ist der Welten Lohn, und so wird ihm statt Verehrung, Anerkennung und Honorar nichts als Hohn und Spott zuteil.
      Und die zynischen Kommentare,die irgendwie andeuten, daß es PsychiaterInnen gar nichtmal so besonders drauf abgesehen hätten, wirklich zu helfen, - ehrlich, das ist nicht nur völlig daneben sondern wirklich auch beleidigend.
      Zwar hat niemand dem Psychiater die gute Absicht abgesprochen, aber den Opponenten zuzuschreiben, was sie gar nicht behauptet haben, ist ein beliebtes und in diesen Kreisen gern gepflegtes Mittel der 'Diskurstaktik'.

      An dieser Stelle ließe sich zur Beruhigung der Gemüter darauf hinweisen, kein Mensch spricht dem medizinischen Personal den guten Willen ab. Auf dieser abstrakten Ebene ist dem freilich um der Wahrheit willen die alte Weisheit der Psychologen hinzuzufügen, 'gut gemeint' ist das Gegenteil von 'gut'; außerdem wissen wir aus leidvoller Erfahrung, dass der Weg zur Hölle mit guten Vorsätzen gepflastert ist. Nein, die guten Absichten werden hier nicht in Abrede gestellt. Allerdings gäbe es Veranlassung genug, einmal über das sog. Helfersyndrom nachzudenken, nicht wahr?

      Wie wäre es denn, statt sich immer nur auf die Autorität der Wissenschaft als Zitat zu berufen, diese mal zur Geltung zu bringen? Durch eine präzise Argumentation beispielsweise. Es würde nicht nur mich interessieren, warum denn die Vorbehalte gegen die Ketamin-Therapie viel schwerer wiegen, als die inzwischen gut bestätigten negativen Folgen der Neuroleptika, die ja nicht dadurch zum Verschwinden gebracht werden, dass diese fürderhin 'Antipsychotika' heißen sollen. Nicht etwa, dass ich persönlich Ketamin für die Wunderwaffe gegen Depressionen hielte, keineswegs, aber die Frage zu klären, wäre wichtig. Hic Rhodus, hic salta!

      Gruß
      Laci
      "Tief im Herzen haß ich den Troß der Despoten und Pfaffen, Aber noch mehr das Genie, macht es gemein sich damit." (Hölderlin)

      "Nun müssen diejenigen, welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch möglich sein?" (Aristoteles)
    • Laci schrieb:

      Es würde nicht nur mich interessieren, warum denn die Vorbehalte gegen die Ketamin-Therapie viel schwerer wiegen, als die inzwischen gut bestätigten negativen Folgen der Neuroleptika, die ja nicht dadurch zum Verschwinden gebracht werden, dass diese fürderhin 'Antipsychotika' heißen sollen. Nicht etwa, dass ich persönlich Ketamin für die Wunderwaffe gegen Depressionen hielte, keineswegs, aber die Frage zu klären, wäre wichtig.
      Diese Frage würde mich auch brennend interessieren...
      ...zudem das i.S. der "translationalen Medizin" echten Fortschritt am Patienten und die angemessene Honoration der Forschenden bedeuten könnte.

      glg j&n
    • Dem vorgenannten Zitat von Laci stimme ich ebenfalls uneingeschränkt zu. Ich halte Ketamin auch nicht für DIE Wunderwaffe gegen Depressionen, aber für eine sehr interessante Option, insbesondere in Sachen Krisenintervention. Auch wenn hier immer wieder hervorgehoben wird, dass allenthalben dazu geforscht wird, scheint dies in der Geschwindigkeit zu geschehen, die dem Driften der Kontinente entspricht. Der Effekt ist spätestens seit 2006 (Zarate) bekannt! Die unsägliches Leid ertragenden Patienten brauchen aber JETZT eine Lösung und nicht erst dann, wenn der Industrie eingefallen ist, wie man den längst abgelaufenen Patentschutz unterlaufen kann.

      Ich will hier auch kein Ranking der immer wieder genannten Nebenwirkungen erstellen, als Narkosemittel wird es jedenfalls seit Jahrzehnten gerne wegen seiner Sicherheit eingesetzt, warum sollte dasselbe Mittel unsicherer sein, nur weil es bei einer anderen Indikation verwendet wird. - Da geht mir nicht in den Kopf und ich habe dazu bislang auch noch nirgends eine Begründung gefunden!!!

      Moritz, fühl Dich doch nicht immer gleich persönlich angegriffen, wahrscheinlich ist hier jedem bewusst, dass Du aus dem engen Korsett, dessen was Du darfst und was Dir an Medikamenten seitens der Industrie zur Verfügung gestellt wird, nicht herauskommst.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Jannis ()

    • Ehrlich Laci - in diesem Forum wurde und haben sich mal Menschen recht gut geholfen, ohne Lobhudeleien auf Medizin oder Pharma oder sonstwas, sondern mit dem Versuch ehrlichen Austauschs.
      Das war freilich vor der Zeit, wo Du hier geschrieben hast.

      Das hat sich brutal geändert - soweit, daß die meisten von damals aus mir verständlichen Gründen weg sind.

      Antipsychiatrie-Foren gibt es zur genüge, wo man sich, wenn man in diese Richtung neigt, registrieren kann.
    • Also mir erschließt sich jetzt wirklich nicht wo du die "Antipsychiatrie" verortest.

      Die Fragestellung ist absolut psychiatrisch: Schlussendlich sind EKT, Ketamin etc. aktuelle Forschungsthemen der Psychiatrie und nicht die der Anti-Psychiatrie. Ich halte eher die pharmakologischen Studien für fachfremde Auftragsforschung.

      Und auch kritische Erkenntnisse zu Risiken und Nebenwirkungen von Psychopharmaka stammen zum großen Teil aus der psychiatrischen Forschung bzw. klinischen Studien und wohl weniger aus Drittmittelprojekten oder gar aus der ausgelagerten Forschung seitens der Pharmaindustrie.

      Zudem fokussierst du leider nur auf das was dir grad in den Kram passt - es gibt sehr wohl vernünftigen Austausch. Dass dieser eben aus der eigenen Erfahrung nicht immer positive Ergebnisse durch Psychopharmaka wiederspiegelt, liegt in der Natur der Sache. Wenn wirklich eine adäquate medizinische Behandlung zur Verfügung stände, gäbe es nicht so zahlreiche compliante Dauerpatienten und Invaliditätspensionisten. Die Behandlungsmöglichkeiten sind nun mal marginal und die Folgeerkrankungen durch Dauermedikationen sind erschreckend katastrophal. Man kann alles schönreden. Aber Fakten gibt's nun mal genug.

      lg j&n
    • Hallo Jannis,

      wenn ich das richtig aus der Ketamin-Diskussion in Erinnerung habe, bekommt man mehrmals eine Ketamininfusion (4-6 x ?), bis der gewünschte Effekt eintritt. Desweiteren Ist es für die akut Behandlung, also muss, wenn man mehrmals im Jahr an einer Depression leidet, dann wiederholt werden. Dann sind wir vielleicht bei 12 oder mehr Infusionen im Jahr. Soviele Operationen im Jahr hat ein Mensch dann wohl doch nicht.

      Und jetzt so tun, als seien die möglichen Nebenwirkungen völlig unrelevant, man sollte es doch endlich auf den Markt werfen, da sehe ich dich sogar in deiner Funktion als Erster, der wieder dagegen wettern wird, wenn dann doch in der Praxis unerwünschte Nebenwirkungen auftauchen werden. Dann sind es nämlich wieder die "bösen" Pharmas, die das Präparat auf den Markt gebracht haben.

      Ich bin durchaus froh, dass wir in unserem Zulassungssystem doch hohe Hürden haben, bzgl. Nebenwirkungstests, etc. pp. Sonst hätten wir hier auf dem Markt noch ganz viel anderen Mist.

      Nichtst desto trotz kann ich aber die Sehnsucht nach so einem Medikament verstehen. Da hätte wir Connie gestern vielleicht nicht nur zum "Gespräch" raten können, für ihre zur Zeit empfundenen Suizidgedanken, sondern auch Hoffnung machen können, auf ein neues Medi, was sie da raus bringt.

      Und das ist es eigentlich auch, worum sich nach meiner Meinung der Frust dreht. Die anscheinend nicht wahrgenommenen Leiden und Bedürfnisse der Menschen hier.

      Viele Grüße Heike
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).
    • Liebe Heike,

      beim derzeitigen Stand der Erkenntnis geht man wohl von 9 Infusionen in kurzer Zeit aus, verteilt über etwa drei Wochen. Verstehe mich nicht falsch, ich sehe Ketamin keineswegs als die Lösung allen Übels, als Dauermedikation schon mal gar nicht, aber halt schon als probates Mittel zur Krisenintervention, Max-Planck in München und die Charité setzen es dazu bereits ein, das sind auch nicht gerade "Wuerstchen-Buden". In den USA gibt es nach letzter "Hochrechnung" 17 Ketamin-Kliniken zur Depressionsbehandlung.

      Hier geht die Forschung m.E. aber in die falsche Richtung, man erforscht die längst (seit 2006) bekannte Wirkung, statt sich auf die Frage zu kaprizieren, wie der dadurch ausgelöste Zustand zu einem dauerhaften gemacht werden kann. Der Blickwinkel ist halt ein anderer: Der Patient, der ansonsten nur die Wahl zwischen Strick und Gift hat, will berechtigter Weise eine schnelle Lösung haben, der Wissenschaftler aber will zunächst einmal alles erforschen, egal wieviele seiner Patienten zwischenzeitlich aus dem offenen Fenster gesprungen sind. Wer einen genügenden Leidensdruck hat - und genau den Punkt kann oder will die Wissenschaft nicht verstehen - futtert auch E 605 forte, wenn sich sein Leid dadurch schmälern lässt. Im Hinblick auf Ketamin empfinde ich die Aufrechnung gegen mögliche Nebenwirkungen des als sicher geltenden Narkotikums kleinlich bis lächerlich, wenn man die Alternativen (z.B. den Suizid) bedenkt.

      Neuroleptika und Benzos werden verschrieben, deren mehr als markanten Nebenwirkungen niemand auf dieser Welt leugnet, der halbwegs bei Verstand ist. Man trennt gleichwohl den Geist ab, reduziert den Körper auf seine vegetativen Grundfunktionen und meint damit irgendetwas erreicht zu haben. Ich halte das für bodenlosen Schwachsinn, die sich daran willentlich (also vorsätzlich, in Kenntnis der Schädigung handelnden) Beteiligenden für Verbrecher und zudem - wenn es entgegen der eigenen Erkenntnis geschieht - für bandenmäßigen Betrug am Patienten. Gerne gebe ich aber auch zu, dass die meisten Psychiater undolos sein dürften, sie glauben einfach, was ihnen die Industrie einflötet, damit entällt der Vorsatz und damit auch die Strafbarkeit.

      Wenn ich mir hier die Postings des ansonsten geschätzten Moritz zu Gemüte führe, oh Gott, dann erkenne ich genau die Kreatur, die sich die Industrie wünscht und herangezüchtet hat. - Eine Marionette wider Willen, die das nicht einmal erkennt und der ich daher auch nichts nachtrage.
    • nochmal: mehrere hundert studien zu ketamin (dem alten billigen!) in der depression sind als laufend registriert und werden daten produzieren, wie, bei wem, und in welcher frequenz und dosierung es am besten hilft - viellekicht am ende auch sogar wie man es noch besser machen kann (dann evtl. wieder durch eine daran gutverdienende pharmafirma, die den mechaniismus geknackt hat und nebenwirkungen so minimiert hat, dass es in jeder psychiatrischen praxis verschrieben werden kann. die chancen sind schlecht dafür, die bisher investieren Billionen sind wohl großteils in den sand gesetzt worden, die meisten studien zu den neuen glutamatmodulatoren waren nicht so gut und die entwicklung beii vilen firmen wurde bereits eingestellt. all das erfährt man auf - biologischen - psychiatriekongressen).
    • Laci schrieb:

      Zitat stammt ursprünglich von psmmg:

      Und die zynischen Kommentare,die irgendwie andeuten, daß es PsychiaterInnen gar nichtmal so besonders drauf abgesehen hätten, wirklich zu helfen, - ehrlich, das ist nicht nur völlig daneben sondern wirklich auch beleidigend.
      Er bezog sich glaub ich hierauf;

      Jannis

      Mach' halt weiter das, was Dir die Industrie und Dein Chef vorschreibt,
      schau morgens nicht in den Spiegel und delegierte weiterhin die Schuld
      für dessen Suizid an den Patienten. Macht so ein Job der
      Mangelverwaltung eigentlich Spass?
      Und das soll nicht beleidigend sein?

      Und wer hier keinen Trend zur Antipsychiatrie-Bewegung einiger sehen kann, dem kann ich gerne die Brille aufsetzen und die entsprechenden Zitate ausgraben (das heißt, wenn ich Zeit dazu finde, ich zieh ja grad um), aber eigentlich könnte man auch selbst suchen...

      Nüssli
      Was tun nach dem Absturz?
      Aufstehen. Krönchen richten. Würdevollen Schrittes weitergehen.
    • Ja, doch, Zaubernuss, mach mal ("wer hier keinen Trend zur Antipsychiatrie-Bewegung einiger sehen kann, dem kann ich gerne die Brille aufsetzen und die entsprechenden Zitate ausgraben"), wenn du ausgeschlafen bist. Das könnte dazu beitragen, dass wir wenigstens wissen, worüber wir sprechen, wenn von 'Antipsychiatrie' die Rede ist. Eine solche Begriffsklärung wäre der Debatte gewiss förderlich.
      Gute Nacht
      Laci
      "Tief im Herzen haß ich den Troß der Despoten und Pfaffen, Aber noch mehr das Genie, macht es gemein sich damit." (Hölderlin)

      "Nun müssen diejenigen, welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch möglich sein?" (Aristoteles)
    • Vielleicht ein Mißverständnis?

      Eine US-Billion entspricht hier 1 Milliarde.
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).
    • Die genannten Kosten in den von Moritz zur Verfügung gestellten links, beziehen sich, soweit ich das richtig verstehe, auf solche, die generell anfallen, bis ein verschreibungspflichtiges Medikament auf den Markt kommt, nicht auf die Kosten der Ketaminforschung im Zusammenhang mit der Behandlung psychiatrischer Störungen.

      Und nein, es ist völlig unzutreffend, dass ich antipsychiatrisch unterwegs bin, ich bin nur einer der sehr vielen, die in der Hoffnung auf Besserung tief enttäuscht worden ist. Deshalb reagiere ich auch etwas allergisch auf Jubelrufe, mit denen dieses oder jedes Medikament angepriesen wird.

      Und nein, ich will auch keinem Psychiater absprechen, dass er wirklich helfen will. Zwischen dem individuellen "Wollen" und dem systembedingten "Können" bzw. "Dürfen" klafft aber eine riesige und für den einzelnen mitunter auch gefährliche Lücke. Da ist zum einen die Industrie, die die Hoheit hat, welche Medikamente sie auf den Markt bringt und für welche Indikationen sie eine Zulassung erwirkt, da ist zum zweiten unser Rechtssystem, das das ärztliche Handeln sowohl bei zivilrechtlicher wie auch straferechtlicher Wertung nur ex post beurteilen kann und da ist drittens auch noch der Chef, der wenig Neigung hat, sich ein Aufsichts- oder Organisationsverschulden vorwerfen zu lassen.

      Meine Kritik richtet sich daher ausschließlich gegen dieses System, niemals gegen den einzelnen, dem doch gar nichts anderes übrig bleibt, als sich diesem zu unterwerfen. Das ist sich für den- jenigen, der wirklich helfen will, ein ganz bittere Pille und ich bin mir sicher Moritz wird mir da ausdrücklich zustimmen. Das muss auf Dauer frustrieren...
    • Ja, die Kosten beziehen sich auf "völlig" neue Medikamente, im Schnitt eben - mache Firmen haben Glück und landen zufällig früher Treffer, andere haben über viele Jahre Pech und machen nur Minus. Insgesamt kostet es wahnsinnig viel. Dass das Geschäft aber insgesamt ein Plus ist, ist klar - es handelt sich ja um gewinnorientierte börsennotierte Firmen mit shareholder Interessen in einem entfesselten kapitalistischen System. Ein System wohlgemerkt, von dem "wir" gerade in Europa auf verschiedenste Art und Weise profitieren, welches aber die o.a. Probleme ohne massive Veränderungen niemals "aus sich heraus" ändern kann. In Wirklichkeit geht's hier um wichtige gesellschaftpolitische Veränderungen.

      Die "Pharmahörigkeit", die Du ansprichst, ist sicher ein Problem - allerdings eines, das sich gerade in den letzten Jahren massiv von der eigentlichen Medizin bzw. den ÄrztInnen wegverschoben hat. Hier profitiert praktisch niemand mehr, der im klinischen Feld arbeitet (all die "Geschenke usw. haben sich praktisch völlig aufgehört, ebenso wie die pharmagesponserten Vorträge immer weniger werden und von wirklich den meisten KollegInnen, inklusive Primare, gar nicht gewünscht und besucht werden. Ich kannte noch die letzten Tage dieser Zeit in den späten 90ern und Anfang 2000ern, aber das ist vorbei).

      Das wirkliche Lobbying findet in Brüssel und Washington statt, und die wirklichen Profiteure - naja, das ist unsere westliche Oberschicht.

      DAS ist frustrierend.



      (PS: als Beispiel und weiteres Beispiel)
    • jeder & niemand schrieb:

      Zitat von »Laci« Es würde nicht nur mich interessieren, warum denn die Vorbehalte gegen die Ketamin-Therapie viel schwerer wiegen, als die inzwischen gut bestätigten negativen Folgen der Neuroleptika, die ja nicht dadurch zum Verschwinden gebracht werden, dass diese fürderhin 'Antipsychotika' heißen sollen. Nicht etwa, dass ich persönlich Ketamin für die Wunderwaffe gegen Depressionen hielte, keineswegs, aber die Frage zu klären, wäre wichtig. Diese Frage würde mich auch brennend interessieren...
      ...zudem das i.S. der "translationalen Medizin" echten Fortschritt am Patienten und die angemessene Honoration der Forschenden bedeuten könnte.

      1..... weil die Forschungsergebnisse für atypische AP eben genau NICHT dieses durchwegs negative Bild zeichnen und diese Substanzen durch die regulären Zulassungsprozesse mit allen Sicherheitsvorschriften gegangen sind. Ganz wichtig sind aber dann auch Langzeitdaten ("post marketing") - und hier werde ich nicht müde, immer wieder auf bisher weniger bekannte oder unterschätzte Risken aufmerksam zu machen - schaut einfach mal in "Neues aus der Forschung" rein, zB zu Valproinsäure, aber auch zu den Antipsychotika...

      2...weil es für Ketamin diese Daten bisher einfach NICHT gibt!!! Wir wissen praktisch nichts sicher, ausser dass es bei einigen depressiven (aber nicht welchen) anscheinend wirklich sehr gut gewirkt hat. Keine Klarheit bezüglich Dosierung, Frequenz, Nebenwirkungen (nota bene: die Nebenwirkungen müssen immer in der Gruppe beschrieben werden, für die die Anwendung gedacht ist; akute Nebenwirkungen in der Indikation Kurznarkose bei traumatisierten schwerverletzten Vietnamkriegern (das war das Haupteinsatzgebiet) ist NICHT repräsentativ!) oder Dauer der Wirkung und so weiter und so fort. Aber genau deswegen laufen ja die Studien mit Ketamin weltweit, wie x-mal erwähnt und leicht über clinicaltrials.gov oder sogar einfach google herauszufinden!
    • Was die Einflussnahme der Pharmakonzerne angeht, hast Du Recht, das ist in der Tat sehr, sehr viel besser geworden. Dabei handelt es sich übrigens u.a. um eine gesetzgeberische Reaktion auf den Siemens-Bestechungsskandal. Nunmehr ist auch die Bestechung im Ausland und auch gegenüber Privaten (früher nur Amtsträger) verboten, vor dieser Änderung konnte man diese Bestechungsgelder dagegen als Betriebsausgaben sogar absetzen. Nachteil: Versuche heutzutage mal z.B. in Indien ein größeres Geschäft zu machen, ohne jemanden zu bestechen, da hat es der Gesetzgeber dann doch etwas zu gut gemeint...
    • Indien ist ein ziemlich spezieller Fall. Supersuperspuperreich neben Verrecken - und einer angloamerikanisierten (+Frankfurt) Börsengesellschaft, in gewisser Weise..

      Genau hier wäre es enorm wichtig, dass Generika - in diesem Fall v.a. für HIV!!!! - einfach gemacht werden, was ja eh passiert, und was ich ideologisch VOLL unterstütze.
      Wenn irgend ein shareholder deswegen hundert Euro im Jahr weniger hat, sei's drum. Wahrscheinlich hätte die Bank das sonst an versteckten Gebühren sowieso eingehoben.....

      Wenn irgend ein Shareholder deswegen 100 Millionen weniger im Jahr hat, hätte er diese sowieso spenden sollen.