Der "Lebensvertrag" (Antisuizidvertrag) - überholt oder brauchbar?

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    • Der "Lebensvertrag" (Antisuizidvertrag) - überholt oder brauchbar?

      Hi ihr!

      Wisst ihr, es gibt scheinbar 2 verschiedene Lehrmeinungen/Aufassungen zu diesem Thema. Seit meiner letzten Vorlesung in "Klinische" vor der "Vorlesungsfreien Zeit" bin ich etwas verwirrt. In einem Werk über Suizidalität, dass bestimmt mindestens 15 Jahre alt ist, las ich, das das Abschließen eines solchen Vertrages eigentlich schon als obsolet gilt und womöglich auch nicht so seinen Zweck erfüllt, wie der Erfinder sich das so dachte. Man könnte sagen, der Autor meinte, das Abschließen eines solchen Vertrages sei also schon fast sowas wie "old school" und etwas überholt.
      Unser Dozent hat uns den (fast *grins*) frisch in "Lebensvertrag" umgetauften Antisuizidvertrag als vollkommen gängige Praxis verkauft, die auch durchaus angewendet werden soll. Ich weis nicht, was ich davon halten soll. Hat denn jemand Erfahrung von euch damit?
      Klar werde ich auch immer wieder mit dem wenig erfreulichen Thema selbst in der Behandlung konfrontiert, aber noch nie wollte jemand, dass ich einen Antisuizidvertrag abschließe, selbst, wenn es mir wirklich schlecht ging.

      Noch ne Frage: Ich denke, gängige Praxis ist es den Vertrag mündlich abzuschließen. Haltet ihr das für sinnvoll bzw. ausreichend? Ist es nicht viel moralisch gewichtiger (wenn auch etwas albern), etwas auf Papier zu haben, dass einen moralisch mit einem anderen Menschen und an das Versprechen bindet. Quasi nicht nur Luft, sondern was zum anfassen und angucken. Einen Inhalt, den er/sie sich immer wieder anschauen kann oder sich irgdenwohin hängt. Wer alleinlebend ist und keinen Besuch erwartet oder reinlässt hätte ja die Option. Man könnte ihn ja auch zusammenfalten und in der Hosentasche bei sich tragen (dumm gelaufen, wenn man ihn mitwäscht...tut mir leid...das war ein unqualifizierter Kommentar und ein armseliger Versuch das Thema etwas aufzulockern...).

      Würde euch das denn helfen, wenn ihr so ein Versprechen gegeben habt? Kann man sich erfolgreich an sowas klammern (zumindest von unserer Seite aus, von der anderen eher eine Art Absicherung und Beruhigung [vielleicht das Wort etwas unglücklich gewählt, aber ich kann nachvollziehen, dass es einen als Behandler beschäftigt, ob man jemanden am Leben halten kann]).

      LG, euer Nüssli

      Anhang:

      für alle, die vielleicht nicht so genau wissen, worum es geht:

      Heute heißt es wohl Lebensvertrag, weil Antisuizidvertrag so negativ behaftet ist. Man will wohl betonen, dass man sich mit dem Vertrag aktiv FÜR das LEBEN entscheidet. Damit wird die Betonung des Nicht-Selbsttötens rausgenommen...

      Also einen Lebensvertrag schließen Patient und Behandler, wenn jemand suizidal ist und ich würde sagen, schon nicht mehr so sicher, dass er der Suizidgedanken zu jedem Zeitpunkt Herr bleiben kann.
      Er/sie gibt das Versprechen ab, dass er/sie sich bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht suizidiert bzw. keinen Versuch unternimmt. Meistens (ich geh mal eher von "immer" aus) gekoppelt an den nächsten Termin, der scheinbar meistens ziemlich zeitnah gelegt wird. Macht auch Sinn, sonst ist die Durststrecke zu groß und das Versprechen verliert sicher an gefühlter Verbindlichkeit, weil man den Beahndler länger schon nicht mehr gesehen aht, weswegen er sicherlich ständig erneuert werden muss, wenn der Patient/In weiterhin suizidal bleibt. An der Stelle spekuliere ich mal, dass für den Fall, dass ein Patient keinen Antisuizidvertrag abschließen will, dem Behandler klar wird, das das kein Patient ist, den man ambulant weiter behandeln kann. Glaube mich aber dunkel zu erinnern, dass solche Veträge auch im stationären Bereich geschlossen werden- es ist ja nicht gerade so, als ob man sich in der Psychiatrie nicht auch suizideren könnte (wenn auch schwieriger).
      Was tun nach dem Absturz?
      Aufstehen. Krönchen richten. Würdevollen Schrittes weitergehen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Zaubernuss ()