Meine Beobachtungen

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Meine Beobachtungen

      Hier im Forum wie auch neulich in einer psychosomatischen Klinik mache ich immer wieder dieselbe Beobachtung: Kommt ein Depressiver in die Enge oder fühlt sich schlecht, schaltet er/sie unmittelbar und sofort in den Kind-Modus.

      Ich kann mir das nur so erklären, dass da in der Kindheit in Sachen Zuwendung etwas gehörig schief gelaufen und dann das Muster angelegt worden ist, wie man dennoch zumindest Aufmerksamkeit als wesensgleiches Minus zur Liebe bekommt. Die Reaktion aus Kindessicht ist eigentlich auch klar, die Grundbedürfnisse - essen, trinken und schlafen - können ohne Hilfe der Bezugsperson nicht befriedigt werden, also schreit das Kind oder macht auf andere Weise auf seine Not aufmerksam, etwa durch Krankheit. Das ist konditioniert. Das nennt man dann den sekundären Krankheitsgewinn. Als Erwachsener kann man sich dann hundertmal sagen, heute nutzt mir das doch gar nichts mehr, das ist aber ein Credo, das an den Intellekt adressiert ist und die tieferliegenden emotionalen Strukturen nicht erreicht.

      Ich fühle mich von diesen - sicher undolosen - Menschen missbraucht, weil sie letztlich nur nach Claqeuren suchen, um bei diesen die Zuwendung zu erfahren, die sie eigentlich von anderen, namentlich den Eltern, begehren. Mich nervt es schlicht an, wenn man Mitleid einfordert.

      In den Gesprächsgruppen in der Klinik, die ich zu diesem Thema mitgemacht habe (mitmachen musste), sind dabei die simpelsten und nichtigsten Probleme unter Tränen aufgebauscht worden, so dass das Mitgefühl wegen der Tränen kam, nicht aber wegen des vorgeblichen Themas. - Und wehe, man ist nicht auf den Zug der allgemeinen Betroffenheit aufgesprungen...

      Zwei einstündige Sitzungen haben wir (12 Patienten und ein Psychiater) uns anhören müssen, wie eine Dreißigjährige (!) Panikattacken entwickelt hat, weil ihre Mutter gegen den Erwerb eines speziellen Smartphones war. Das Scheiß-Smartphone war natürlich nur vorgeschoben, es hätte genauso gut irgendetwas anderes sein können, es zeigt aber recht anschaulich, wie man die Eltern-/ Kind-Rolle bis ins Erwachsenen-Alter zementieren kann und so das emotionale Setting eines Kleinkindes erhalten bleibt.

      Ich frage mich, wie man sich damit im normalen Alltag zurecht finden will, zumal diese Personen dazu neigen, jede Geste und jede Äußerung in der Weise auf sich zu beziehen, auch wenn sie nicht das mindeste mit dem Betreffenden zu tun haben. Diese Gespächsrunden waren alle völlig nutzlos, zumal der Therapeut an den Intellekt appelliert hat ("Sie sind aber nun erwachsen"), die eigentliche Baustelle aber nunmal in der emotionalen Struktur ansässig ist. Leider war der Psychiater selbst psychisch am auffälligsten von allen, aber das ist ja wohl eher die Regel, als die Ausnahme. Wer am nötigsten Hilfe braucht, meint aus irgendeinem Grund anderen Hilfe aufdrängen zu müssen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Jannis ()