EX-IN-Ausbildung in Deutschland: Neue Infos

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    • EX-IN-Ausbildung in Deutschland: Neue Infos

      Ein "Hallo!" an alle Interessierten :)

      Letzte Woche wurde ich von einer EX-IN-Genesungsbegleiterin angesprochen, weil ich sie für den Umgang mit einer Bipolaren beraten sollte, denn sie wusste nicht recht, was sie machen soll, denn die erweist sich gerade als Herausforderung für die EX-IN, weil sie beschlossen hat alle ihre Pillen abzusetzen und das bereits einfach getan hat...die EX-IN selbst hat aber diverse Angststörungen und sie sagt ihr fehlen noch praktische Erfahrungswerte mit Bipolaren, um in so einer schwierigen Situation beraten zu können...

      Zum eigentlichen Thema: Da wurde mir berichtet, dass die Ausbildung nun durch "Aktion Mensch" gefördert wird und die Ausbildung nun "nur" noch 1000 Euro kostet (vorher waren es glaube ich zu anfangs über 2000 Euro). Es entzieht sich allerdings meiner Kenntnis, ob das nur für das Bundesland Hessen gilt oder bundesweit.
      Darüber hinaus wurde mir von ihr berichtet, das in der bayrischen Gesetzesgebung das Einstellen von mind. 2 EX-IN-Genesungsbegleitern pro psychiatrischer Klinik fest verankert wurde und die Kliniken dazu verpflichtet sind, da sich herausstellte, dass durch den Einsatz von EX-IN-Genesungsbegleitern die Zahl der stationären Aufnahmen und die Zahl der Krankenhausaufenthaltstage signifikant gesenkt werden konnte und man dadurch zum einen eine Menge Geld sparen kann und den Betroffenen den stationären Aufenthalt "ersparen" (es gibt demnach darüber Studien). Allerdings hatte ich noch keine Zeit die Aussagen zu überprüfen, aber ich denke mir auch, dass Heike dazu Informationen aus erster Hand liefern könnte??!!
      Schade, ich würde es sofort machen (sie hat mich dafür auch angeworben), aber neben der Finanzierung des Studiums und diverser Sachen (Teilnahme an Weiterbildungen, kleine Reisen) und dem Anschaffen teurer Materialien (Fachbücher ect.) sind selbst 1000 Euro für mich ein ernstes Hindernis. Da muss ich auf alles nebenher verzichten. Kein Urlaub- absolut nichts. In Anbetracht dessen, dass man hier in Hessen zumindest hinterher nicht wissen kann, ob man überhaupt eine Stelle bekommt, ist das ein enormes Wagnis mit ungewissem Ausgang.

      LG, Nüssli
      Was tun nach dem Absturz?
      Aufstehen. Krönchen richten. Würdevollen Schrittes weitergehen.
    • Hallo Nüssli,

      zunächst ganz schnell eine Antwort, weil ich gerade auf dem Sprung bin, später evtl. mehr dazu. Eine erste Informationsquelle stellt die Seite ex-in.de/ dar. Da kann man sich auch allgemein nochmals über die Kosten informieren. Jedoch gibt es Lokal gesehen verschiedene Möglichkeiten, der Finanzierung. Einige haben es über das persönliche Budget schon geschafft, andere über das Arbeitsamt/Jobcenter, wieder andere über die Eingliederungshilfe, etc. pp. Manches mal gibt es auch örtlich noch andere Absprachen, die bei Selbstzahlern eine Möglichkeit darstellen. Da würde ich mich also auch mal ganz konkret örtlich bei der nächsten Ausbildungseinrichtung informieren.

      Zum ersten Thema, hat die Betroffene in ihrer Arbeitsstelle ein Supervisionsangebot? Oder sogenannte EX-IN-Austauschtreffen? Wie ist sie im Team eingebunden, kann sie soetwas auch in ihrem Team erörtern (was eigentlich möglich sein sollte), ist sie in einem EX-IN-Netzwerk integriert?

      Ich tausche mich mit meinen TeamkollegInnen, EX-IN-KollegInnen, die in anderen Teams arbeiten und über die Supervision aus. Außerdem gibt es Austauschtreffen. Aber wenn sie dich natürlich als Bipolar-Betroffene gefragt hat, ist dies auch eine Möglichkeit.

      Viele Grüße Heike
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).
    • Hallo Heike!

      Ich kann deine Fragen nicht beantworten, ich kenne die Frau nicht näher. Bisher hat sie jedenfalls keine feste Anstellung. Ich hatte den Eindruck, sie ist noch nicht lange fertig mit der Ausbildung und sie wollte ein Praktikum machen auf Station, damit sie später weis, wovon ihre Klienten reden. Ist eine gewisse praktische Zeit nicht auch vorgeschrieben??

      Schande über mein Haupt, aber ich weis nicht mal, ob die Uniklinik überhaupt schon EX-IN's beschäftigt. Ich weis aber das sie Kooperationspartner der Ausbildung sind und für die Ausbildung Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, aber das muss ja nichts heißen. Die stellen ja auch Räume für eine SHG zur Verfügung und haben sonst weiter nichts mit denen zu schaffen.

      Ich würde mal spekulieren, dass die EX-IN's sich hier so oder so treffen und austauschen. Aber anhand der Tatsache, dass sie diese Frau begleitet, vermute ich mal, dass sie offiziell als EX-IN arbeitet- ich fürchte derzeit unentgeldlich. Gibt es denn auch EX-IN's, die nicht in ein Netzwerk integriert sind und sozusagen ihr "eigenes Ding" machen?

      LG, Nüssli
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    • Hallo Nüssli,

      ja, in der Ausbildung sind zwei Praktika abzuleisten. Das erste Praktikum ist ein sog. Schnupperpraktikum von mind. 40h, das zweite ein Aufbaupraktikum von mind. 80h. Könnte es sein, dass sie vielleicht sogar noch in der Ausbildung ist? Wenn Sie schon ausgebildet ist und sie in einer Klinik als Peerberaterin tätig ist, dann müsste die Klinik eigentlich auch für Supervision sorgen oder Möglichkeiten schaffen, wo sie einen Austausch findet, ebenso werden eigentlich sog. Peerberaterteams gebildet, so dass jemand in dieser beratenden Tätigkeit nicht alleine davor steht. Wenn sie in einem Praktikum ist, ist dies ja meist unendgeldlich.

      Kliniken können zwar Räumlichkeiten für die Ausbildung zur Verfügung stellen, es muss aber nicht heißen, dass die Teams auf den Stationen den Genesungsbegleitern auch wirklich offen und unvoreingenommen gegenüber stehen und auf Augenhöhe aggieren. Schlecht vorbereitete Teams, wissen oft nicht wirklich etwas mit der "Rolle" des Genesungsbegleiters anzufangen.

      Es klingt etwas merkwürdig, dass sie für eine beratende Tätigkeit eingesetzt wird, sie schon eigene Klienten übernimmt, aber sie mit dieser Aufgabe allein gelassen wird. Vor allem, weil ihre eigenen Selbstfürsorgestrategien bzgl. Ängste hier nicht ausgereift sind.

      Wie gesagt, ist sie als Peerberaterin tätig, dann wird man normalerweise nicht als einzige Peerberaterin eingesetzt, sondern meist zu zweit, dritt oder viert. Ist sie eher als Genesungsbegleiterin eingesetzt, so gehen eigentlich die Kliniken oder Einrichtungen so vor, dass sie im Tandem arbeiten, also ein Genesungsbegleiter und ein "Professioneller" zusammen, zumindest zu Anfang. Später, wenn man gefestigter ist, seine Rolle im Team gefunden hat, dann können auch Einzelbegleitungen möglich sein. Ich arbeite mittlerweile vollkommen autonom, aber bin stets im Austausch mit dem Team vor allem mit der Bezugsbetreuung des Klienten.

      Wenn Sie im Praktikum ist, finde ich es nochmal mehr Sonderbar, dass sie hier von der Station nicht begleitet wird. Aber auch der Austausch mit ihren KursteilnehmerInnen kann hilfreich sein.

      Meine Empfehlung wäre: Der Klientin klar sagen, dass sie es als Genesungsbegleiterin nicht allein verantworten kann und möchte, wenn diese die Medikamente ohne Begleitung vom Arzt oder anderen Professionellen einfach absetzt. Den Absetzwunsch kann sie vielleicht nachvollziehen, aber dass ein plötzliches Absetzen aller Medikamente ohne Begleitung viel zu gefährlich ist und es über ihre Kompetenz geht.

      Viele Grüße Heike
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    • Hallo Heike!

      Das Problem ist, dass ihre Klientin davon nicht abzubringen war. Das ist also alles schon passiert, als sie mir das erzählt hat. Es gibt da wohl ein Prospekt (Neuroleptika absetzen- so oder so ähnlich heißt das wohl, müsst ich nochmal fragen- womöglich ein Produkt der Antipsychiatriebewegung?) und die bipolare Frau fand das gut (hat rapid cycling und Behandlung schwierig) und hat ihre Medikamente wohl nicht ausgeschlichen, sondern kurzen Prozess gemacht. Ich glaube es waren 2 Medis, die sie genommen hat. Blöderweise war darunter auch Lithium. Nun ist sie wohl in einer depressiven Phase und wohl auch stationär (Wunder über Wunder...'tschuldigung, aber konnt's mir nicht verkneifen...) und will das wohl trotzdem weiter durchziehen und man weis nicht, wie man sie vom Gegenteil überzeugen soll. Ja das ist auch ne knifflige Sache.
      Was tun nach dem Absturz?
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    • Hallo Nüssli,

      ich kenne die Broschüre, ich finde sie gut, ist nicht von der Antipsychiatrie erstellt und es geht auch nicht grundsätzlich gegen Neuroleptika. Dort wird ebenso davor gewarnt, Medikamente plötzlich abzusetzen und ebenfalls dazu geraten, es Begleiten zu lassen. Viele Tipps, die vor einer Reduktion der Medikamente an Überlegungen und Vorbereitungen nötig sind und dann die Anregungen, wie schrittweise eine Reduktion möglich wäre. Das ist eine Broschüre, die sich sowohl an Betroffene, Professionelle und Angehörige gleichzeitig richtet. Sie ist trialogisch erstellt worden und fasst auch Forschungsergebnisse zusammen. dgsp-ev.de/

      Ich kann als Genesungsbegleiterin auch Grenzen setzen und auch die weitere Begleitung in Frage stellen oder Abbrechen von meiner Seite aus, wenn ich das Gefühl habe, die Verantwortung dafür nicht übernehmen zu können oder eine Zusammenarbeit unter diesen Bedingungen als Kontraproduktiv halte. Diese Möglichkeiten nutzen übrigens auch Professionelle. Ich bin da einfach für Ehrlichkeit und sage dann, dass es über meine Kompetenz geht. (Es sollte aber nicht als Druckmittel eingesetzt werden, sondern nur darauf hingewiesen werden, dass man sich damit überfordert fühlt und die Verantwortung nicht übernehmen kann)

      Viele Grüße Heike

      PS: Wie vom Gegenteil überzeugen? Ob man es kann, ist immer eine Frage, aber was ich Grundsätzlich in diesem Bereich als hilfreich erfahren habe ist, wenn man zunächst die Gründe für das Absetzen/Weglassen erfragt und diese Gründe auch ernst nimmt. Wenn ich sage, dass ich es nachvollziehen kann, dass jemand, der sich nicht mehr spüren kann oder der enorme Gewichtszunahme bei sich feststellt oder der sich ständig schläfrig fühlt etc. dies als Einbussen seiner Lebensqualität wahrnimmt, habe ich oft schon eine "Verbindung" zum Klienten hergestellt. Dabei bin ich nicht grundsätzlich gegen eine Reduktion oder ein Ausschleichen, sondern, dass dies Wohlüberlegt sein und niemals unbegleitet geschehen sollte.

      Dies ist dann oft der Punkt, wo Klienten sich wahrgenommen fühlen und zugänglich werden. Meist kann man dann vermitteln, dass es zwischen der bisherigen Medikamenteneinnahme und dem plötzlichen Weglassen noch weitere Möglichkeiten gibt und dass oft schon eine Optimierung der Medikation (z.B. Reduktion oder Austausch mit einem anderen Medikament) vieles schon verbessern. Sollte sich der jenige dennoch für ein Ausschleichen entscheiden, dann eben auf ein gut geplantes Ausschleichen hinweisen, wie z.B. soziales Netzwerk informieren, mit dem behandelnden Arzt über Reduktionsschritte sprechen, Krisenplan erstellen, aber auch ein Plan "was hält mich stabil" erstellen, Behandlungsvereinbarungen. Ein Wissen über seine Frühwarnsymptome aneignen. Über Absetzsymptome bescheid wissen, ggf. auch bei kritischen Zuständen keine Angst haben, ggf. nochmals wieder zu erhöhen etc. pp.

      Wenn sie das Gefühl bekommen, verstanden zu werden und das Gefühl, dass man ihnen helfen möchte, eine bessere Lebensqualität hinzubekommen, ist oftmals (nicht immer) die Gefahr gebannt, dass sie eigenmächtig absetzen.
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).

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