Psychoseerfahrung

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    • Psychoseerfahrung

      Hallo Miteinander!!

      Da es mich sehr, sehr schockiert hat, als ich mir endlich eingestand, dass ausgerechnet ICH, die immer mit beiden Beinen ziemlich erdig und rational auf dem Boden verwurzelt war, nun in Folge von zwei handfesten Manien jeweils eine Psychose hatte (einmal ein regelrechtes Wahngebäude, einmal nur ein kurz wahnhaft, aber gefährlich, beide ohne Halluzinationen), möchte ich meine Erfahrungen hier gerne teilen und es würde mich interessieren ob ihr auch solche oder ähnliche Erfahrungen hattet.

      Ich habe das Forum schon danach abgesucht, bin aber nicht so recht fündig geworden.
      Falls es so ein Thema doch bereis gab und es jemanden einfällt wie es hiess, bitte mitteilen, mich würde das sehr interessieren!

      Ich muss dazu noch sagen, dass ich trotz Psychosen frei rumlief und ich noch nie in einer Klinik (zumimdest nicht wegen mir) war.

      Eine große Frage die mich sehr beschäftigt ist die Verwandtschaft zur Schizophrenie. Ich glaube auch hier sind die Grenzen irgendwie fliessend, denn ich konnte sehr gut Gemeinsamkeiten zwischen den Denkstrukturen erkennen.
      Ist es vielleicht einfach nur die Dauer, die den Unterschied ausmacht? Also weil eine wahnhafte Manie zeitlich sehr begrenzt ist und ein Schub in der Schizophrenie oft sehr lange dauern kann?
      An das stimmungskongruente bzw. inkongruente glaub ich irgendwie nicht. Also dass das DAS Unterscheidungsmerkmal sein soll. Ausserdem sind sich die Experten da ja auch nicht einig.

      Da meine Ausführungen länger dauern werden, und ich jetzt noch wohin muss, werde ich sie später beginnen.

      Das Leben ist bunt!
      In diesem Sinne einen schönen Nachmittag und liebe Grüße!
      Mixed Müsli
    • Also ich bin schizoaffektiv, und meine Psychosen schützen mich davor, in eine u.U. schlimme Folgen nach sich ziehende Manie hineinzugeraten. Wenn das Psychotische bei mir zu stark wird und mich im Alltag stört, werfe ich ca. 5mg Zyprexa abends zusätzlich ein. Das bewahrt mich rasch und zuverlässig auch vor der Manie. Das musste ich aber erst lernen und mich genau wahrnehmen können.
    • Also, ich hatte vor zig Jahren eine Psychose, davor und danach nie und es fällt mir schwer, diese von einer Manie abzugrenzen. Ich hatte damals z.B. Marschmusik gehört, die ich hasse, ich habe aber deutlich gewusst, dass diese tatsächlich nicht da war. Rückblickend kann man sagen, dass diese Psychose auf einem irren Schlafdefizit beruhte, max. 2 Std./Nacht über mehrere Monate reicht einfach nicht aus, da spielt jeder Körper verrückt. Paar mal hintereinander ausgeschlafen, dann war auch die Marschmusik und alles sonstige weg. Der wichtigste Hinweis kam damals von einem Psychiater: "Achten Sie darauf min. 6 Stunden Schlaf zu bekommen." - Daran halte ich mich und fördere das notfalls mit Medikamenten.
    • @blattl:
      Vielen Dank für deine Aufrichtigkeit! Das gewährt einen schönen kleinen Einblick. Aber es wirft für mich auch Fragen auf:
      Hast du in den Manien auch einen Wahn?
      Falls ja, gibt es da für dich einen Unterschied, fühlt sich das anders an als eine Psychose durch die Schizophrenie? Kann man das irgendwie untetscheiden?
      Du schreibst die Psychose schützt dich vor den schlimmen Auswirkungen einer Manie - inwiefern?
      Hörst du dann eine Stimme die dich von irgendwas abhält oder wie funktioniert das?
      Und wie kannst du erkennen was real ist und was nicht?
      Ich war in meinem Wahn ja komplett überzeugt, dass alles real sei.

      Du schreibst da so locker flockig drüber als ob die Haare manchmal einfach nicht richtig sitzen - bewundernswert!!
      Das war sicher ein langer Weg, oder?

      @Jannis:
      Auch an dich vielen Dank für den kurzen Einblick! Auch hier hab ich noch ein paar Fragen:
      Du scheibst du hast gewusst dass die Marschmusik nicht da ist. Kann man bei Halluzinazionen besser unterscheiden was real ist und was nicht? Also besser als beim Wahn? Kannst du das besser unterscheiden?
      Hat dich das erschreckt, Halluzinationen zu haben?
      Hattest du sonst auch noch wahnhafte Symptome?

      @alle
      Kennt ihr das Phänomen mit den gschärften Sinnen? Also dass alles viel besser riecht, schmeckt, aussieht, sich anhört und sich anfühlt?
      (Ausser die Marschmusik natürlich!! ;) )

      Müsli, das noch keines hatte - Hunger!
    • Müsli schrieb:

      @Jannis:
      Auch an dich vielen Dank für den kurzen Einblick! Auch hier hab ich noch ein paar Fragen:
      Du scheibst du hast gewusst dass die Marschmusik nicht da ist. Kann man bei Halluzinazionen besser unterscheiden was real ist und was nicht? Also besser als beim Wahn? Kannst du das besser unterscheiden?
      Hat dich das erschreckt, Halluzinationen zu haben?
      Hattest du sonst auch noch wahnhafte Symptome?



      Müsli, das noch keines hatte - Hunger!
      Ist Wahn und Halluzination nicht fast dasselbe? Diese Halluzination hat mich sogar sehr erschreckt, gerade weil ich gemerkt hatte, dass das nicht real, sondern ein krankhafter Prozess ist. Ja ich hatte mir auch irreale Bedrohungen eingebildet, obwohl ich genau wusste, dass es solche nicht gab. Dennoch konnte ich mich da hineinsteigern, z.B. dass mein Handy abgehört würde, oder die Polizei mich wegen irgendwas festnimmt, was ich gar nicht begangen hatte. Schwer zu beschreiben, wie es dazu kommen kann, dass man sich Dinge einbildet, obwohl man gleichzeitig die Dinge kognitiv völlig richtig erfasst. Diesen Zustand möchte ich nicht nochmal erleben müssen, es war Gott sei Dank auch nur einmalig und ich bin da auch ohne Pillen wieder herausgekommen, einfach indem ich mich mal richtig ausgeschlafen hatte (das war in der geschützten Atmosphäre einer Klinik und nach ein paar Tagen wusste das dortige Personal auch nicht mehr, weshalb ich mich eigentlich dort - zwangsweise - aufhielt).
    • Habe gerade mein supergesundes, selbstgemixtes Müsli verkonsumiert.
      Auch schon ausführlich Gymnastik gemacht, dann gründlich geduscht und die Haare nass gemacht. Dann noch etwas Balsam reingeknetet - fertig ist die elegante Nassfrisur mit Knoten im Nacken.

      Zu meinen Psychosen: Sie sind ja, wenn es mir gut geht, sehr angenehm. Ich kann z,B, sowieso, so oft ich es möchte, mit Jesus mich gedanklich unterhalten, was oft erbaulich und manchmal tränentreibend lustig ist. Er hilft mir auch beim Einschlafen, wenn es zu turbulent zugeht in meinem Leben wie eben jetzt. Aber wenn dann dazu noch deja-vus kommen oder ich Dinge vorhersehen kann, wenn ich mich zu viel in der "psychotischen" Welt aufhalte und für die Menschen in meiner Umgebung schwerer und schwerer erreichbar bin, dann wird es Zeit für eine Zyprexa-Kur, ich nehme dann 5ng Zyprexa am Abend, schlaf dann auch wieder sechs Stunden durch und komme nach 1bis 3 Tagen wieder ganz geerdet auf dem Boden der Realität an.
      Das passiert jetzt alles, bevOR ich in eine Manie hineingerate. Das war aber nicht immer so, ich musste schon oft stationär behandelt werden, weil ich alles übersehen hatte. Umso froher bin ich um meine Skills jetzt, und dass ich im therapeutischen Fenster mein schnell wirkendes Medikament habe. Dauerhaft nehme ich derzeit Abilify (für mich optimal, hält die Psychosen in Schach und ist auch ein wenig antriebsstärkend) und 50mg Ixel, ein stärkeres klassisches Antidepressivum, genau das braucht mein Gehirn, um bestens zu funktionieren, sodass es mir die ganze Zeit gleichbleibend gut geht, ich voller Lebenslust und Selbstliebe und Liebe zu allen und zu allem bin.

      sonntagsblattl
    • Hallo Müsli,

      das 1. Drittel kenne ich gut von mir, die Verknüpfungen und
      "Verschwörungstheorien" dann nicht mehr.
      Vermutlich "schützt" mich die naturwissenschaftliche Ausbildung,
      Lehre und Studium, eine gewisse "Nüchternheit" bleibt selbst in
      der schlimmsten Manie. Deinen inneren Begleiter nenne ich meinen
      inneren Wächter, keine Manie uferte sinnlos aus, deshalb auch so
      schwer richtig zu diagnostizieren. Das gelang erst den Wissenschaftlern
      vom ZI Mannheim/ Uni Heidelberg, dort habe ich am Forschungsprogramm
      zur BS teil genommen, um eine Detail-Diagnose gebeten und bekommen.
      Ich war 4x in der psychsom. REHA, die normale Psychiatrie blieb mir zum
      Glück erspart, hab als Tech. auch mal in der Psychiatrie gearbeitet (altes
      Urban KH Berlin), sorry, das brauche ich nicht.

      Halluzinationen kenne ich nur nach andauernder Schlaflosigkeit, im Fieber,
      restlos betrunken (vor Jahrzehnten) und auch unter LSD, weit über 30 Jahre
      her. Damals wollte ich an das Zentrum meiner Ängste, John C. Lilly, "das
      Zentrum des Zyklons"
      Damals konnte ich u.a. Wärmestrahlung (Infrarot) aus dem Kachelofen buch-
      stäblich sehen, unangenehm war das nicht, Schweisslicht dagegen total,
      Lärm und Kunstlicht auch.

      Der letzte von 3 wirksamen Trips endete im Horror, zwar keine Hallus mehr,
      dafür eine Direktheit des Empfindens, das jede Manie übersteigt, die kannte
      ich ja schon vorher.
      Zuletzt bin ich nachts auf den Trümmerberg de.wikipedia.org/wiki/Rixdorfer_Höhe
      gestiegen und habe mich auf einen der 4 Himmelsrichtungssteine gesetzt und
      meditiert. In der Jugend gelernte Yoga Übungen, ganz besonders ATMEN, halfen
      meiner Panik Herr zu werden. Nachtrag: Nach Stunden kamen die Tiere des Parks
      zu mir/ meinem Stein, ein ganz besonderes Erlebnis von Friedlichkeit, "all eins sein".

      Seither bin ich angstfreier, rate aber NICHT zur Nachahmung, viel zu gefährlich !!
      Selbst eine Lungenembolie konnte ich fast 6 Jahre später überstehen, die normaler-
      weise tödlich verlaufen wäre, 1 Woche intensiv, Mensch an seine Grenzen gebracht. :sterbekrank:

      Meine BS macht mir keinerlei Ängste mehr, ich bin endlich Rentner, hab ein fettes
      Berufsleben gehabt, da ist keinerlei Verlust-Trauer. Schliesslich sind es 40 Renten-
      jahre, fast ohne Psychopharmaka, die Fehlmedikamentierungen sind ausgeblendet
      in meinem Leben.
      Allerdings ist die heutige Berufswelt eine völlig andere geworden, gruselig neoliberal.

      Was sollte mir passieren können ? Unsere Nachbarin ist auch unsere Hausärztin seit
      >15 Jahren, hat mich 2 mal manisch in die Reha eileingewiesen, sie kennt mich gut.
      Meine Psychiaterin ist auch Therapeutin, wir haben das in einer Kurzzeittherapie
      angetestet, erste Sahne. :D Meine Frau war auf meinen Wunsch letztens dabei,
      beide Frauen würden sich bei meiner nächsten Manie sofort kurz schliessen, und ich
      würde freiwillig in die Psychiatrie gehen. Alles, nur kein Wiederholungsfilm in End-
      losschleife !!

      Laut ZI Mannheim habe ich nach dem ICD10 die DX F31.81, sonstige bipolare Störungen,
      ultraschnelles rapid Cycling, wenig psychotisch, durch die Intensität trotzdem Bipo 1.
      In akuten Phasen ist es F31.6, die gemischte Episode, manisch und tief depressiv zu-
      gleich. Vermehrter Antrieb, Bewegungszwang, bei gleichzeitiger Tieftraurigkeit.
      2006 und 2008 hat mich das im eiskalten Winter nachts durch die Strassen der nahen
      Großstadt getrieben, viele Begegnungen mit den Kindern der Nacht, manches lustig,
      meistens tieftraurig. Das muß ich nicht mehr haben, das könnte ich blind malen ...
      Im Extremfall fühlt es sich körperlich so an, als wenn ich in der Mitte auseinander
      gerissen würde, ekliger geht es kaum noch. Heutzutage würde ich sofort min 25mg
      Seroquel einpfeifen, notfalls in Schritten steigern, Psychiaterin sofort kontakten,
      per Mail und Tel.

      Für mich ist die BS ein Teil des Abenteuers der Selbstfindung, meine heutige Gelassen-
      heit war ein Wunschtraum, ein Therapieziel in allen Rehas. Also, geht doch, auch
      wenn es dauert ... :P

      Ich möchte (Dir) Mut machen, die Diagnose ist keine 'Verurteilung', man kann trotzdem
      ein erfülltes Leben leben.
      Wie sagte die 1. Gutachterin (1999) zu mir, "was für ein reiches Leben, nein, 2 Leben,
      ein Leben auf der Überholspur" ..

      Und jetzt will ich im Leben ein bischen mehr Ruhe, jawoll ... :biggrin:

      lgw

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Wendelin ()

    • @Jannis:
      Ich weiss was du meinst, mich hat das Ganze zu Tode erschreckt! Eine meiner schlimmsten Befürchtungen war das immer und ehrlich gesagt hatte ich mir nicht gedacht, dass MIR soetwas mal passieren kann.
      Bis zu einem gewissen Grad habe ich schon noch gemerkt, dass da jetzt was nicht stimmt.
      Allerdings ging es bei mir, wir oben beschrieben, dann noch weiter. Ich glaubte nämlich felsenfest daran, dass das alles so stimmte. Mir war nicht bewusst, dass das nicht real sein konnte! Es WAR für mich Realität!!!
      Ich möchte mir jetzt gerne einreden, dass es mein desolater körperlicher wie geistiger Zustand war, dass es so war, aber ich kann es einfach nicht beurteilen.
      In jedem Fall kratzt es ziemlich an meinem Ego. Und das ist gerade die Unterzreibung des Jahrhunderts!!
      Ich glaube nicht, dass man für einen Wahn auch Halluzinationen braucht, aber ich kenn mich da nicht so gut aus.
      Ich bin mir ja nicht sicher ob meine seltsamen Wahrnehmungen nicht schon auch Halluzinationen waren.
      In jedem Fall hab ich keine Stimmen, keine Musik oder dergleichen gehört und ausser dass alles schöner war, hatte ich auch keine visuellen Halluzinationen.
      Soweit ich das beurteilen kann! 8|


      @blattl:
      Wie machst du das nur, so locker damit umzugehen?
      Hach ich würde mir wünschen, meine Mutter würde dich kennenlernen! (Da ist er ja wieder mein Helferkomplex... :/ ) Da könnte sie sich 15 Scheiben von dir abschneiden!
      Das klingt so einfach bei dir, ich kann dich da nur bewundern!
      Es liest sich ganz selbstverständlich, wie du diese Welt integriert hast und wie du das alles managest. Wie machst du das? Ich bin echt baff!!!
      Und mit welchem grandiosen Humor!! Ich hab so lachen müssen!!
      Da passen wir zwei ja gut zusammen, wenn du mit Jesus sprichst. Ich bin nämlich aufgewachsen in dem Glauben, ich wär die Reinkarnation der hl. Maria!!
      :saint:

      Lebenslust, Selbstliebe und Liebe zu allen und allem klingt wirklich gut!!
      Da will ich auch hin!!

      Ps: das Müsli mach ich natürlich auch immer selber!! Morgen mit Schwarzbeeren (Heidel-, Blau-, oder Moosbeeren)


      @Wendelin:
      Das war ja gerade das Erschreckende daran!! Ich bin ein Mensch der sehr viel hinterfragt und ich steh mit beide Beinen ganz tief verankert im Boden.
      Wie konnte MIR das passieren?
      Ich denke normalerweise sehr rational und ich beschäftige mich auch sehr gerne Laienmäßig mit naturwissenschaftlichen Themen.
      Hachherrje, es nagt wirklich sehr an meinem Ego...

      Das mit dem Trümmerberg klingt ja eigentlich wahnsinnig (haha!) schön!
      Fast wie ein Initiationsritus.
      So intensiv.
      Entspannungstechniken möchte ich auch unbedingt lernen!!
      Ich bin ja ein furchtbar angespannter, meist sehr nervöser und ängstlicher, grübelnder Mensch!

      Die gemische Episode klingt ja grauenhaft!!
      Da wird selbst der sonst so gewünschte Antrieb völlig negativ!!

      Vielen Dank fürs Mut machen!
      Hhhhmmm, ehrlich gesagt bin ich ganz froh endlich mal zu wissen was mit mir los ist. Das hat eher Ängste abgebaut als geschürt.
      Ich kann ja nun endlich was ändern, weil ich ungefähr weiss, woran es liegt!
      Das finde ich gut!
      Allerdings steh ich halt noch am Anfang meiner Reise und muss erst mal schauen, welche Utensilien ich dafür so brauche.
      Zum Glück hab ich dazu jetzt endlich auch zwei Reiseprofis (Therapeut, Psychiater) an meiner Seite, die mir beim auswählen helfen.
      Wandern muss ich dann eh allein!
      Nur kenne ich im Moment noch nicht mal die Reiserute, geschweige denn dass ich auch nur eine Landkarte gefunden hätte!

      Ich liebe Methaphern!


      Ich freu mich schon aufs nächste lesen!
      Müsli
    • Müsli schrieb:

      Und noch eins.
      Interessant finde ich, dass mein innerer Begleiter irgendwie männlich ist. Ich glaube auf eine Frau würde ich nicht hören!
      Das ist ja sehr bezeichnend wie sich sogar hier mein Vaterkomplex durchzieht!!
      :whistling:
      Mein "Wächter" hat kein Geschlecht, es ist die innere Stimme,
      nicht einmal in Worten, die zu mir spricht. Ich bedaure, nicht
      früher mehr darauf gehört zu haben, ich hab mich zu oft breit
      quatschen lassen, nach wie vor habe ich ein 'grosses Herz mit
      viel Liebe'.
      Zwar bin ich gelernter Naturwissenschaftler, aber meine Intuition
      ist mir viel, viel wichtiger geworden.
      Tja, ich bewege mich wohl mehr dem "Wahn" zu ? ..grinst.. :biggrin:

      Nachtrag: Ja, ich finds auch total toll, wie es blattl schreibt, sie
      tut ja auch viel dafür, es lebt, es liebt, soll es nicht so sein ? :)
      lgw

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Wendelin ()

    • Schizophrenie meines Jugendfreundes

      In den 70ern waren wir eine verschworene Gemeinschaft unorthodoxer "Linker",
      lange bevor es "Grüne" gab. Wir demonstrierten gegen AKW, für offene Gesell-
      schaften, wider Unterdrückung und Willkür usw.etc.pp

      Mein vornamensgleicher Jugendfreund war eher ein Marxist, ich ein Anarchist,
      man traf sich in der Ablehnung der herrschenden Strukturen. Feindbilder waren
      leicht, Stoppt Strauss, Anti AKW, Anti Pershing II usw. .. bla bla ..

      In der Freak-Szene, die wir nun mal waren, die 1. WG's oder sogar 'Kommunen'
      vor Ort, teilweise Hausbesetzungen, stach er immer ein bischen verloren hervor,
      er stand auf edlen Klamotten, sehr guten Schuhen, alles sehr stilvoll und ein wenig
      übertrieben, speziell für die Disco. Vor Freunden gab es unumwunden zu, ein bischen (?)
      schwul zu sein. Jedenfalls hat er nach Lehre und Abi Textil-Ing. studiert, danach noch
      den Wirtschafts-Ing. hinterher geschoben, alles mit viel Willenskraft und Stärke.
      Wenn wir mal die Sau richtig raus gelassen haben, war er garantiert nicht dabei.

      Jahre später haben wir uns in Berlin Kreuzberg ein paar mal wieder getroffen, ich
      gehörte zur lokalen Szene, er war wie immer distanziert und von mir nicht gerade
      begeistert. Wir haben den Kontakt für 20 Jahre verloren ..

      Ich habe seine Eltern angerufen, die sich sehr bedeckt gaben, ein paar Wochen später
      rief er mich an, wir haben uns dann in Berlin häufiger getroffen, lange Spaziergänge
      um die krumme Lanke, wie früher in der Jugend im Teutoburger Wald. :)

      Er war ein grosses Tier geworden, jetten und verhandeln zwischen Asien, Europa, USA.
      Für Frau und Kind hatte er kaum noch Zeit, nur der Erfolgsdruck zählte. Irgendwann
      machte die Psyche schlapp, Verfolgungswahn etc.pp, impotent machende Zyprexa-
      Dosen ein Leben lang, er lebt seit Jahren frühverrentet allein, seine Frau hat neu
      geheiratet, er hat nach wie vor Verantwortung und ein liebevolles Verhältnis zu ihr
      und dem gemeinsamen Kind. Die Ängste haben ihn auch bei unserem letzten Treffen
      nicht verlassen, lieber voll unter Stoff, als den Horror noch einmal zu erleben. Und
      er ist nach wie vor eine sehr gepflegte, ältere Erscheinung, sportlich diszipliniert,
      nur keinen Schritt über den eigenen Schatten springen ...

      Persönlich halte ich sowieso nicht viel von Diagnose-Schubladen, auch wenn es mir
      erstmal helfen konnte, mich selbst zu orientieren.
      Ab wann wird der Wahn schizoaffektiv, wo ist ist die Grenze zur Bipolarität ?
      Und ab wann ist das schizophren ?

      Es gibt modernere 'Fließgraphiken', die Unterschiede sind fliessend, so wie es tat-
      sächlich auch ist. Ab wann ist Mensch "schizophren" ?
      Provokativ und 'böse' gesagt, halte ich mich für gesünder, als das Gros unserer
      Bevölkerung. Ich bin halt nur verrückt .. :)

      Schlafts schön .. lgw
    • Guten morgen, lieber Wendelin,


      Dankeschön für die Geschichte!
      Sie ist sehr anschaulich.


      Die Fliessgrafiken hab ich auch gesehen.
      Aber die Tatsache, dass einem sowas auch als geerdete, rational logisch denkende Person passieren kann, also in dem Fall, mir, habe ich einfach immer noch nicht verdaut.


      Die großen Gemeinsamkeiten die ich zwischen meinem Wahn und den schizophrenen Schüben meiner Mutter feststellen kann, sind:


      - Realitätsverlust: Nachdem ich eine gewisse Wahnschwelle überschritten hatte, fühlte sich das Wahngebäude so real an, ich hatte nicht den geringsten Zweifel.
      Das kann ich nun endlich bei meiner Mutter auch nachvollziehen.
      Und das hat weder etwas mit Dummheit zu tun, noch mit einer bewussten Realitätsverleugnung, wie ich mir oft dachte, was ich zu meiner Schande gestehen muss.


      - Der Auserwähltencharkter, Messiasgedanke: Meine Mutter fühlte sich stets auserwählt die Welt zu retten (mein Bruder auch) - ich ja ebenfalls, obwohl ich die Errettung nicht von mir ausgehend dachte, aber ich war ein Teil davon.
      Und ich war ja igrendwie eingeweiht.


      - der Gedanke, dass die Anderen “noch nicht“ eingeweiht sind, man selber aber schon: Man meint es ja so gut mit den armen Uneingeweihten. Vielleicht hatte ich sogar Missionierungsgedanken. Sowohl meine Mutter als auch mein Bruder versuchen (nicht nur mich) seit jeher zu missionieren. Ich wertete das bisher eher als einen Angriff gegen meine Person, aber jetzt hatte ich ähnliche Gedanken und verstehe, dass sie es wahrscheinlich wirlich gut mit mir meinen.


      - Zeichen sehen: Alles Nichtzusammenhängende hing plötzlich zusammen und ergab einen Sinn. Einfache, zT unlogische, wirre Antworten auf die komplizierten Fragen des Lebens.
      Das bin ich normal überhaupt nicht!! Die Vielfalt und das Komplexe an der Welt finde ich im Normalfall gerade das Spannende daran!


      - Verfolgungswahn: in meinem Fall positiv, weil ich zB dachte, dass “sie“ die Sendung nur wegen mir ausstrahlen, damit ich sie sehe - “die“ wollen mir was Gutes, nix Böses; im Fall meiner Mutter leider immer negativ, sie wird von Dämonen heimgesucht und alle Menschen in ihrer Umgebung wollen ihr was antun, worauf sie auch mitunter sehr agressiv reagiert.


      Hab ich noch was vergessen?
      Bestimmt, aber ich kanns ja auch ein andermal ergänzen!!

      Wie ihr sehen könnt entstamme ich einer ziemlich verrückten Familie, und bildete mir bisher echt etwas darauf ein, nicht zu dem Club dazuzugehören.
      Hochmut kommt vor dem Fall.
      Demut muss man lernen.

      Bis später!!
      Müsli braucht jetzt ein Müsli!