Buch "Das schwarze Schaf" von Peter Teuschel

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Buch "Das schwarze Schaf" von Peter Teuschel

      Ich habe gerade dieses Buch gelesen. Der Autor ist Psychiater. Es geht darum, dass es in vielen Familien "schwarze Schafe" gibt und wie die sich daraus ergebenden Belastungen und Kränkungen den weiteren Lebensweg bestimmen können. Leider ist es wirklich sehr schlecht und umständlich geschrieben und der Autor bleibt sehr an der Oberfläche, deshalb kann ich es eigentlich nicht empfehlen.

      Da ich einige Klinikaufenthalte hinter mir habe und daher zwangsläufig mit den Mitpatienten kommuniziert habe, kann ich gleichwohl bestätigen, dass bei sehr vielen Depressiven recht schnell die Sprache auf einen schlechte Kindheit kommt und dabei ging es immer um das Thema Zurückweisung, man ist halt ausgegrenzt worden. Wer die Bedürfnispyramide von "Maslow" kennt, weiß, was da schief gelaufen ist und welche Hypothek das für den betroffenen Menschen bedeutet. Deshalb ist das Thema des Buches an sich schon gut gewählt, leider wird der Autor dem eigenen Anspruch in keiner Weise gerecht.

      Es war aber für mich Anlaß, die aufgeworfene Grundannahme zu vertiefen, ich bin davon heute nacht sogar zitternd wach geworden, es fühlte sich an wie Frieren, obwohl es im Schlafzimmer recht warm war. Da ich ein sehr analytischer Mensch bin, habe ich meine Gedanken dazu heute morgen geordnet und aufgeschrieben, das ist bei mir fast ein Zwang, denn ich kann nur nachvollziehen, was ich auch prägnant in Worte fassen kann. Damit will ich Euch aber nicht behelligen, zumal die Zurückweisung bei jedem andere Formen und Inhalte haben mag. Aber es ist halt so, dass auch ich das "schwarze Schaf" der Familie war, als Kind Bettnässer, Legastheniker und in der Schule kaum zu unterrichten, der Totalversager also. Die vollständige Befreiung davon kam erst im Studium, das mir keinerlei Schwierigkeiten bereitet hatte, und im Berufsleben habe ich dann so viel Zuspruch bekommen, dass zumindest übergangsweise der Mangel an erfahrener Wertschätzung ausgeglichen worden ist.

      Es hilft nichts, sich immer wieder einzureden, heute erwachsen zu sein und dass einen die damalige Zurückweisung nicht mehr betrifft, das emotionale Setting und die Rolle in der Familie bleibt.

      Über viele Jahre habe ich es geschafft, mich aus dieser Rolle des schwarzen Schafes herauszuholen, indem ich eine Meta-Ebene geschaffen habe und von außen auf die Problematik blicken und diese beeinflussen konnte. Jetzt hat mich das Ursprungsdilemma aber erneut voll im Griff und ich arbeite daran, wieder diese Meta-Ebene zu erreichen.

      Mal ganz provokant in die Runde der Depressiven hier gefragt: Hattet Ihr als Kind auch den Eindruck, von den Eltern nicht angenommen bzw. geliebt zu werden? Es geht weniger darum, wie es tatsächlich war, es geht darum, was ihr empfunden habt, nur das ist maßgeblich, die subjektive Wahrheit. In meiner Familie waren z.B. schon alle erstrebenswerten Rollen bereits mit meiner Geburt vergeben, es gab nur Highflyer, alle klug, alle schön, alle erfolgreich und ich als "Nesthäkchen" hatte nichts dergleichen zu bieten.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Jannis ()

    • Entgegen meiner vorherigen Ankündigung will ich Euch dann doch meine Rezension zu diesem Buch zugänglich machen:

      "Es ist keine neue Erkenntnis, dass es in vielen Familien schwarze Schafe gibt, das bedarf eigentlich keiner näheren Erklärung. Viel wichtiger aber ist, was das für den Betreffenden emotional bedeutet und wie er mit diesem Status umgehen oder diesen ändern kann, damit er möglichst wenig Schaden nimmt. Dazu enthält das Buch leider nur vage Andeutungen bzw. Allgemeinplätze.

      Zunächst einmal wäre es wichtig gewesen aufzuzeigen, dass man nicht als schwarzes Schaf geboren wird, sondern in diese Rolle hineingedrängt wird und dann - das ist das eigentlich verhängnisvolle - diese Rolle auch annimmt und sich entsprechend verhält. Es handelt sich ursprünglich um den aus Sicht des Kleinkindes einzig gangbaren Schutzmechanismus, mit dem erreicht werden soll, dass es zumindest das wesensgleiche Minus zur Liebe seiner Eltern bekommt: Die Aufmerksamkeit. Auch der Hund leckt die Hand, die ihn schlägt. Eine Verletzung ist immer noch besser als die Nichtbeachtung, der emotionale Schaden aber ist gleichwohl immens. Auf der einen Seite fürchtet der Betroffene natürlich die ihm entgegengebrachte Abwertung, auf der anderen Seite hat er nie ein anderes Konzept internalisiert, als sich darauf auch wie ein schwarzes Schaf zu gerieren. Da die Rollenverteilung von den erwachsenen Eltern festgelegt wird und diese dem Kleinkind intellektuell weit überlegen sind, kann sich das Kind, das ohne seine ihn ernährenden Eltern nicht einmal überlebensfähig wäre, gar nicht anders verhalten, als die zugewiesene Rolle zu übernehmen.

      Fataler Weise verfestigt sich dieses Reaktionsmuster und zwingt den Betreffenden in eine Opferrolle, aus der er im weiteren Lebensverlauf nur sehr schwer wieder herausfindet. Später können dann auch Außenstehende genau diese Opferrolle aktivieren, wenn sie die richtigen Auslöser finden. Das kann der Lebenspartner sein, der Lehrer, der Arbeitskollege oder der Chef. Zu Recht beschreibt der Autor, dass dieses Instrument auch als Manipulation genutzt werden kann (und häufig wird), um den Betroffenen auszubeuten, denn der wird bis zur totalen Erschöpfung alles tun, damit er endlich die ihm vorenthaltene Anerkennung bekommt. Da hilft es auch nicht, sich ständig bewusst zu machen, dass man ja nun erwachsen ist und auch die Benachteiligungen in der Familie gar nicht mehr stattfinden, oder man diese nicht mehr gegen sich gelten lassen muss. Ein andere Rolle als die des schwarzen Schafes, das einen sabotiert, hat man schließlich nicht gelernt.

      Ich hätte von dem Buch erwartet, dass der Autor zudem Wege aufzeigt, wie der Betroffene eine Meta-Ebene erreicht, von der aus er das Geschehen um ihn herum (der Rückfall in die Rolle des schwarzen Schafes dürfte bei Lebenskrisen besonders deutlich sichtbar werden) von außen betrachtet und dann nüchtern handelt. Wenn man das immer wieder schafft und dabei emotionale Erfolgserlebnisse (Lob, Anerkennung) verbuchen kann, könnte man es möglicherweise schaffen, für sich selbst ein neues Rollenverständnis zu kreieren und das schwarze Schaf in sich abzuschütteln.

      Ich halte dieses Thema für viel zu wichtig, als es in der recht oberflächlichen Weise abzuhandeln, wie es im Buch geschieht. Man unterhalte sich mal mit Depressiven, wenn man etwas näher nachfragt, kommt man oft sehr schnell auf deren Kindheit zu sprechen, speziell darauf, dass die Eltern dem Kind keine Wertschätzung entgegengebracht haben, oder dies zumindest so vom Kind wahrgenommen worden ist. - Wie es tatsächlich war, spielt eigentlich keine Rolle, es geht nur um das Empfinden. Und nicht nur das Kind lernt seine Rolle, die Eltern lernen und verfestigen ihre Rolle ebenfalls. So erklärt sich, dass es mitunter 80-jährige Elternteile schaffen, ihre 50-jährigen "Kinder" klein zu halten, indem sie diese weiter emotional schikanieren, auch wenn das wohl meist unbeabsichtigt geschieht."
    • Zum schwarzen Schaf der Familie wurde ich erst später, als die bipolare Störung richtig akut wurde und die Diagnose gestellt wurde und plötzlich der Knick im Lebenslauf kam. Vorher war ich eher der leuchtende Stern der Familie und besonders meine Großmutter hat alle Hände auf mich gehalten. Als dann nicht mehr alles glatt lief, als ich das Studium stockte und das gewohnte gradlinige Erreichen eines Ziels nach dem anderen ausblieben bzw. enorme Umwege nahm, die hab ich gemerkt, wie meine Eltern ihr Bild von mir geändert haben und auch mein Bruder.
      Es gibt nur wenige Dinge, die mir so sehr das Gefühl der Zurückweisung, ja sogar der totalen Ablehnung entgegengebracht haben, wie als meine Mutter angetrunken erzählte, wie sie versucht hat die Schwangerschaft (mit mit) selbst abzubrechen. Aber das hatte ich ja schon mal erwähnt. Hinterher kann eine Mutter 1000 mal beteuern, jetzt würde sie einen ja so lieben, wo man doch das gewünschte Mädchen ist und so, aber das die eigene Mutter versucht hat einen auf stümperhafte Weise zu töten, das zerstört alles Urvertrauen.
      Zu meinem Vater hatte ich zeitlebens eine sehr komische Beziehung. Hab ich da auch Ablehnung wenigstens passiv bemerkt? Ich weis nicht. Und das hat mich sehr verunsichert. Als ich noch klein war, da war er total vernarrt in mich, aber irgendwann wurden die Dinge anders und ich kann heute nicht mehr rekonstruieren, wieso. Ich konnte ihn zwar immer noch um den Finger wickeln, wie alle Töchter das können, wenn ihr Vater sie heimlich anbetet (darauf war meine Mutter neidisch), aber trotzdem war das Verhältnis so distanziert und ich mochte nicht von ihm angefasst werden. Ihr wisst schon, als Tocter braucht man seinen Dad nur mit dem gewissen Blick angucken und dann hat man ihn weich geklopft und er fährt einen irgendwohin oder was auch immer das Anliegen war. Frauen haben schon was manipulatives. Jetzt schäme ich mich ein bisschen...aber letztlich wollen Väter doch, dass man sie mit großen Augen anguckt und dass sie dann den Helden für einen spielen und zeigen, was sie für ihre Tochter nicht alles machen.

      Mir fällt gerade auf, dass ich mir irgendwann selbst das Kostüm des schwarzen Schafes angezogen haben und irgendwie wurde es damit auch nicht besser. Ich habe auch irgendwie bis heute das Gefühl, dass ich die Rolle genauso wenig wieder loswerden kann, wie die Diagnose. Es scheint für mein Innerstes gleichbedeutend zu sein. Sowas wie Schicksal. Es ist so doof. Es kamen immer wieder Menschen, die mich im besonderen Maße gefördert haben, aber alle wurden sie mir wieder weggenommen. Das fühlt sich dann so unfair an. Erst kommt jemand und fördert einen (man fühlt sich gut und besonders und denkt, jetzt läuft es endlich mal rund) und dann bricht derjenige weg und dann fühlt man sich noch mehr schwarz-schafiger und in dem negativen Denken natürlich wieder bestätigt.
      Keine Ahnung, wie man das loswerden soll. Da hilft bestimmt irgendeine ganz tolle kognitive Verhaltenstherapie, die ich nicht gemacht habe ^^

      Grüße, Nüssli
      Was tun nach dem Absturz?
      Aufstehen. Krönchen richten. Würdevollen Schrittes weitergehen.
    • Ich war kein schwarzes Schaf, bins auch später nicht geworden, ich habe eigentlich immer nur versucht allen Forderungen und Anforderungen gerecht zu werden und es allen Recht zu machen und alle glücklich zu machen.
      Hat auch nicht funktioniert.
      Und ganz, ganz viel Anerkennung hat mir auch gefehlt.
      Wie sagte mein Therapeut so schön?
      Meinen Eltern wurde keine Bedienungsanleitung für mich mitgegeben, also haben sie mich oft und tief verletzt und gaaaaaaaannnz viel ignoriert und sind über mich volle Kanne drübergefahren.
      Vielleicht haben sie es wirklich nicht besser gewusst.
      Also mach ichs jetzt selbst!!

      sichselbstaufdieSchulterklopfendes Müsli - gut gemacht!!
      :D
    • Deshalb bin ich schon genaz gespannt, wie die neue Psychotherapie werden wird. Angeblich soll man da ja lernen besser mit sowas umzugehen.
      Leider gab es da letzte Woche schlechte Nachrichten. Unsere Psychotherapiegruppe war voll, wir hätten also loslegen können. Aber die Freude wurde gleich wieder erstickt, wel sich der Studienleiter just hat einfallen lassen, ach casten wir doch gleich noch ne Gruppe dann können wir mehr randomisieren (bessere Zufallsverteilung, weil mehr Leute). Für die macht das sicherlich Sinn, aber für uns persönlich wars jetzt weniger erfreulich. Also heißt es weiterfiebern....es ist ja nicht gerade so, dass die ganze Stadt vor bipolaren, therapiewilligen Patienten aus allen Nähten platzt.

      LG, Nüssli
      Was tun nach dem Absturz?
      Aufstehen. Krönchen richten. Würdevollen Schrittes weitergehen.
    • Liebe Nüssli,

      Ich kanns auch nur manchmal, hoffe aber dass sich das mit der Zeit verfestigt.
      Ich wünsche Dir, dass das jetzt ganz flott geht mit der Therapie, auch wenn nicht lauter therapiewillige Bipolare bei euch rumlaufen!!
      Das klingt ja schon sehr spannend, ich bin auch schon gespannt wie es Dir damit geht und was dabei rauskommt?

      *Daumendrückdassesschnellgeht*

      Müsli, das brav gegessen hat, bald schlafen gehen wird und zum Glück wieder am Boden angekommen ist
      Huuuuiiii, das war knapp heute!!