Ich nehme Lithium und Quetiapin. Ich bin weder übergewichtig noch alkoholabhängig. Diabetiker bin ich auch nicht. Mein Blutdruck ist ohne Medikamente normal. Der Testosteronwert ist sehr hoch. Allerdings bin ich 62 Jahre alt und gegenwärtig in der depressiven Phase der Bipo. Mein Problem: Seit gut zwei Jahren interessiere ich mich überhaupt nicht mehr für Frauen und Sex, seither hatte ich auch keine Erektionen mehr. Bis dahin konnte ich an kaum etwas anderes denken und habe auch exzessiv promiskuitiv gelebt. Nicht, dass ich sehr leiden würde, denn wenn kein Trieb da ist, vermisst man ja auch nichts. Mir macht nur Sorge, dass die Medikamente physiologisch etwas unwiderbringlich kaputt machen könnten oder bereits kaputt gemacht haben. Was ist hier bloss los, oder ist es das Alter, wobei ich es mir dann aber nicht erklären kann, wie das ganz plötzlich von 100 auf 0 herunterrauscht, das müsste doch ein schleichender Prozess sein.

Ich werde das jetzt mal mit einer käuflichen Dame testen, ob sich da was regt. Aber wie es auch sei, Lithium kann ich nicht weglassen, denn kein anderes Medikament hat mich so zuverlässig vor Manien geschützt. Ich wäre dann zwar dauerspitz, aber die Kollateralschäden wären zu fürchterlich.

Mir macht zu schaffen, dass ich in den letzten zwei Jahren insgesamt stark gealtert bin. Bis dahin war ich sehr sportlich, drahtig und sehr muskulös (sehr viel Sport). Damals konnte ich noch bis morgens in der Disco abzappeln. Jetzt ist die Haut faltig und die Muskeln sind kaum noch vorhanden. Außerdem bin ich teils vergesslich und unkonzentriert. Der Sex interessiert mich eigentlich nur als Indikator für den Verfall, ich habe die Sorge immer mehr Körperfunktionen einzubüßen. Allerdings habe ich in 2019 auch ein halbes Jahr in Krankenhäusern zugebracht, mich also gar nicht bewegt. Bei meinem Vater war die Alterungsprozess sehr viel langsamer und hatte auch erst mit Mitte 80 eingesetzt und mit Anfang 90 war immer noch ziemlich fit.

Yoga, wie langweilig! Ich will wieder Tennis und Squash spielen, Skilaufen und Segeln. Im Moment ist da kein Gedanke mehr dran, ich könnte ja nicht einmal mehr die Segel hochziehen und beim Tennis würde ich nicht mal den ersten Satz überstehen.

Körperlich funktioniert doch noch alles bestens, aber etwas langweilig war´s schon. Die Koppelung von Liebe und Sex habe ich noch nie verstanden, die meisten mir bekannten Frauen aber ebenfalls nicht.

So sind wir halt unterschiedlich: Der eine mag kein Yogurt, der andere geht lieber in die Kirche.