Frage an die Profis

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Frage an die Profis

      Hallo Profis!
      Ich habe seit meinem 13.Lebensjahr Schwierigkeiten mit MDk, es hat lange gedauert, bis die Diagnose (die ich mir selbst schon mit 16 gestellt habe) endlich von Ärzten bestätigt wurde. Fast zehn Jahre bin ich zu gar keinem Arzt mehr hin, weil ich ernsthaft dacht: wenn da niemand drauf kommt, dann kann ich es auch nicht haben, also haben es alle und ich stelle mich nur an...
      Inzwischen war ich bei mehreren Ärzten und bin jedesmal wieder verblüfft, wie schnell man unterbrochen wird, wenn man ansetzt, seine psychotischen Erlebnisse etwas ausführlicher zu berichten. Ist die Diagnose gestellt, will der Arzt meistens nix mehr von einem wissen und schreibt ur noch Rezepte aus.
      Warum ist das so? Wird denn nicht realisiert, dass für viele grade im Erleben der Psychose mit Angst, Schmerz, Spannungen, peinlichen Handlungen, Ohnmacht, alles eben, was dazu gehört, das ärgste Leid steckt, das mit der Krankheit zusammenhängt? Ich muss immernoch verarbeiten, wie falsch ich mich in der Welt gefühlt habe und kann mich jetzt nicht richtig in der Welt fühlen, weil ich es nie gelernt habe. Die Psychiater, mit denen ich zu tun hatte, hat das nie interessiert, offenbar dachten sie, mit dem Abklingen der Symptome sei alles vergessen und man funktioniere wieder einwandfrei.
      Gleichzeitig wird man gerne mal auf Symptome reduziert. Ein Psychiater, der mich nie länger als 15 Minuten gesehen hatte, sagte mir mal, nachdem ich einen Scherz gewagt hatte: 'Aber gell, wenn Sie wieder so aufgekratzt sind, dann kommen Sie gleich zu mir.' lch hatte nur einen Scherz gemacht! Ein anderes Mal sagte er: 'Sie wirken gar nicht depressiv, Sie reden ja wie ein Wasserfall...' Es verhielt sich in Wirklichkeit so, dass ich abspulte, was ich mir zu Hause zurechtgelegt hatte, weil ich schon wusste, er unterbricht einen auch wenn man kurz ins Stocken gerät.
      Das einzige Mal, dass er dann ein bisschen nachhakte, was das Erleben meiner Psychose anging, war, als ich eine Beule am Kopf und blaue Handgelenke vorzuweisen hatte, weil ich zu Hause mit allem, was ich hatte, gegen die Wand gehauen hatte, um den Spannungen zu begegnen. Ich war damals schon ein halbes Jahr bei ihm und zum ersten Mal ging ihm auf, dass ich tatsächlich auch an Wahnvorstellungen litt und er nur nicht drauf gekommen war, weil ich mich immer einigermaßen zusammenreißen kann.
      Das ist natürlich ein extremes Beispiel, aber soviel anders waren meine Erfahrungen mit anderen Ärzten auch nicht.
      Was könnt ihr Profis dazu sagen: woran liegt's? Wie bring ich nen Psychiater dazu, mir zuzuhören, ihm einen Eindruck davon zu vermitteln, was meine Persönlichkeit ausmacht und was er der Psychose zuzuschreiben hat? Was antworte ich, wenn ich gesagt bekomme: 'Das ist ja nicht so schlimm, wenn Ihnen die Konzentration zum Lesen fehlt, das Wichtigste ist, Sie haben Ihren Haushalt in Ordnung und bezahlen Ihre Rechnungen pünktlich...' (Literatur ist mein Beruf!) Man kann ja nicht mit der Faust auf den Tisch hauen, es droht einem ja gleich die Diagnose irgendwelcher ins Bild passenden Symptome und Verhaltensweisen. Seufz.

      Ich will euch nicht über diesen einen Kamm scheren, aber wie bringt man seinem Psychiater bei, dass man selber ein bisschen Ahnung hat und gerade deshalb die Möglichkeit braucht, seine Psychose mit fachmännischer Hilfe einzuordnen und zu sortieren, anstatt einfach immer neue Medikamente auszuprobieren, die einem aber die durch de Psychose erfahrenen Verletzungen auch nicht mildern? NAtürlich, man könnte ja zu einem Psychologen, nur haben die, mit Verlaub, meistens gar keinen Schimmer, was bei einer Psychose passiert.
      Ich war schon lange bei keinem Psychiater mehr und ich weiß nicht, ob ich, wenn es wieder losgehen sollte, mich dazu durchringen kann, mich erneut wie eine unmündige behandeln und nach zehn Minuten mit einem Rezept verabschieden zu lassen. Seufz.
      Vielleicht könnt ihr mir das ein bisschen verständlicher machen?

      Lieben Gruß
      Schmöne
      :banghead: Glücklich ist, wer vergisst, dass er noch zu retten ist! :devil:
    • Schwieriges Thema, aber ich werde eine Antwort wagen.
      1. Den meisten fehlt einfach die Zeit. Im Krankenhaus sowieso - man würde sich ja gern mehr Zeit nehmen, dann könnte man sich aber auf die Betreuung eines einzigen Patienten beschränken, und in der Regel hat man eine halbe bis ganze Station...
      Im niedergel. Bereich, als Kassenpsychiater ist das nicht anders.
      Allerdings bieten viele neben den "normalen" Kontakten auch eine begrenzte Zahl an Psychotherapiestunden an - da ist dann natürlich länger Zeit, muß aber auch bezahlt werden.
      Ein Wahlarzt hat - meist - mehr Zeit, aber auch wieder dasselbe: der muß auch überleben und läßt sich's daher bezahlen.

      Was kann man tun?
      Versuch doch mal einfach mit: "Was mir WIRKLICH wichtig ist, Herr/Frau Doktor, ist....".
      Wenn das nach ein- , zweimal Nachhaken nicht ankommt, würde ich wechseln.

      Aber:
      Auch Patienten machen "Fehler". Die meisten rücken überhaupt nicht mit dem raus, was sie wirklich beschäftigt und erwarten irgendwie, daß man es ihnen an der Nasenspitze ansieht (ich rede jetzt nicht von Dir, sondern von einer allgemeinen Erfahrung).
      Da auch Psychiater entgegen anderslautender Gerüchte nicht mit einem Röntgenblick oder zusätzlichen Sinnesorganen ausgestattet sind, wird das so in den meisten Fällen nicht passieren.

      Dann: die Frage des richtigen Augneblicks. Wenn jemand bereits am Beginn einer Phase steht, ist es meist unmöglich, ein tatsächliches Gespräch zu führen. Die individuellen Wirklichkeiten sind dann schon oft sehr weit voneinenander entfernt. Daher wäre es unglaublich wichtig, alle diese Dinge in der STABILEN Zeit, zwischen den Phasen, zu besprechen.
      Leider ist das auch die Zeit, wo man die meisten Patienten überhaupt nicht zu Gesicht bekommt (oft, weil die, was ich bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehen kann, einfach genug von ihrer Krankheit haben, die Zeit genießen wollen und in die Verleugnung/Verdrängung flüchten).
      Daher ist eine Betreuung in Spezialambulanzen mit einem entsprechenden Konzept und Schema oft sehr sinnvoll.

      Leider stimmt es, daß viele Psychologen/Psychotherapeuten kein Wissen und keine Erfahrung mit psychiatrischen Erkrankungen haben, schon gar nciht mit schizophrenen oder bipolaren Psychosen.
      Es gibt allerdings durchaus welche, die sich in diesem Gebiet weitergebildet haben und sehr gut sind.
      Frag doch Deinen Arzt/Ärztin, mit wem er/sie zusammenarbeitet und wer diesbezüglich zu empfehlen ist!

      Zu allerletzt möchte ich sagen, daß gerade auch ein Forum wie hier sehr gtue Effekte hat, und zwar durchaus auch für Ärzte: es ist interessant, solche Erfahrungsberichte zu lesen, und hier bekommt man sie eher, als im klinischen Alltag. Das ist auch eine Art Weiterbildung und trägt sicher zum gegenseitigen Verständnis bei!

      In diesem Sinne also Danke für den Beitrag!
    • Vielen Dank! Das versöhnt mich etwas. Es stimmt schon, dasss man in einer Phase wahrscheinlich irgendwelche Sachen im Gespräch überstrapaziert und damit wertvolle Zeit verplempert, vor allem natürlich in der Manie.
      Leider passiert es auch leicht, dass man aneinander vorbeiredet. Als ein Plüschi mich nach Wahnvorstellungen fragte, sagte ich natürlich nein, weil ich einfach nicht wusste, dass meine Beziehungsgedanken erstens so unnormal und krank sind (dachte, das hat jeder!) und zweitens, weil ich bei Wahnvorstellungen eher an Halluzinationen dachte. Mein Nein hat ihm genügt und dann kam ein halbes Jahr später raus, dass ich doch dauerhaft an einem recht massiven Verfolgungswahn gelitten hatte.
      Wie wird der Psychiater eigentlich auf Patientengespräche vorbereitet? Ist das ein Thema in der Ausbildung oder übt er das in Eigenregie in seinen Praktika?
      Ehrlich gesagt trau ich mich auch nie, durchblicken zu lassen, dass ich mich inzwischen ziemlich gut auskenne, weil ich immer das Gefühl habe, der Psychiater fühlt sich dadurch auf den Schlips getreten oder er könnte auf die Idee kommen, ich hätte mir alles nur sehr geschickt angelesen.
      Wie findet es ein Psychiater im übrigen, wenn man ihm manche Sachen schriftlich vorbereitet? - Natürlich auf wenigen Seiten, kkeinen manisch sich verzettelnde Autobiogrphie - Bringt ihm das was oder hat er dazu auch zu wenig Zeit?

      Schmöne
      :banghead: Glücklich ist, wer vergisst, dass er noch zu retten ist! :devil:
    • îch würde mich über sowas freuen, denn das spart zeit.
      ich frage sogar manchmal patienten um eine "kurzzusammenfassung", v.a. über phasen (wann, wo, wie, warum, welche auslöser falls, welche medis bloss nicht, welche schon, etc).


      die meisten psychiater machen auf eigene kosten und in der freizeit eine psychotherapieausbildung, diese ist aber nicht vorgeschrieben