Hallo,
seinen therapeutisch tätigen KollegInnen schreibt Thomas Bock in meinem derzeitigen Lieblingsbuch Folgendes sozusagen ins Stammbuch:
(Zitat Anfang)
Die Angst des Therapeuten vor der Manie?
Warum ... erscheint der Stoffwechsel in einschlägigen Veröffentlichungen zu Depression und Manie so merkwürdig isoliert? Warum ist mit Therapie der bipolaren Störungen immer noch nahezu ausschließlich Pharmakotherapie gemeint - und bestenfalls noch Psychoedukation mit dem schmalspurigen Ziel, Medikation zu gewährleisten? Warum wird Prophylaxe in der wissenschaftlichen Literatur weitgehend auf einen chemischen Vorgang reduziert? Warum gibt es zwar gelegentlich Veröffentlichungen zur Psychotherapie der Depression, aber kaum zur Manie? Welche heimlichen und unheimlichen ''Übertragungen'' sind am Werke, dass wir psychiatrisch tätigen Therapeuten ausgerechnet die zu Manien fähigen, zu Manien neigenden Menschen mit einseitiger Behandlung ''abstrafen'' - obwohl gerade sie doch mit dem ganzen Erscheinungsbild ihrer Symptome nach Vielseitigkeit schreien? Und warum versuchen wir nicht selbstverständlich auf jede erdenkliche Weise und vor allem in der Grundanlage der therapeutischen Beziehung das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl der bipolaren Menschen zu stärken, wo dies doch ganz offensichtlich ihr Grundthema und Anliegen ist? Und warum bieten wir ihnen nicht auch und gerade Gruppentherapie, damit sie den beiden Ausprägungen ihrer Störung, Depression und Manie, begegnen können und die Gefahr der Verabsolutierung nur einer Erfahrung und das Risiko der Isolation insgesamt geinger werden?
Vermutlich spielt Angst eine Rolle, Angst bei ums Therapeutinnen und Therapeuten. Angst vor der Gewalt der Manie, Angst vor der Begegnung mit dem gewaltigen und manchmal auch gewaltsamen menschlichen Potenzial im Allgemeinen, aber auch Angst vor der ganz konkreten Aggressivität. Vielleicht verleitet uns der aggressive Anteil der Manie zur Gegenaggression. Anders ist es kaum erklärbar, dass wir besonders in der akuten stationären Behandlungszeit vor allem bemüht sind, den manischen Menschen zu disziplinieren, wo doch dessen inneres Problem nicht die Disziplinlosigkeit, sondern eher ein Übermaß an Normierung ist, sodass der eigene innere Maßstab verloren gegangen ist und Widerstand gegen die allgegenwärtige Fremdbestimmung nur in der Manie erlaubt zu sein scheint.
(Zitat Ende)
Quelle: Thomas Bock / Andreas Koesler, a.a.O., S. 9
Ich könnte mir vorstellen, dass die Autoren mit diesen sicher auch provokanten Ansichten nicht auf Anhieb neue Freunde unter ihren ZunftkollegInnen gefunden haben.
Umso mehr zolle ich ihnen Respekt und wiederhole meinen alten Spruch: Wer etwas anstoßen will, muss Anstoß erregen.
Herzliche Grüße
Peter [Blockierte Grafik: http://www.xrtheme.com/content/emoticons/Kids/02.gif]
aka Pierrot le Fou
aka Pedro el Loco
aka Peter the Maniac
seinen therapeutisch tätigen KollegInnen schreibt Thomas Bock in meinem derzeitigen Lieblingsbuch Folgendes sozusagen ins Stammbuch:
(Zitat Anfang)
Die Angst des Therapeuten vor der Manie?
Warum ... erscheint der Stoffwechsel in einschlägigen Veröffentlichungen zu Depression und Manie so merkwürdig isoliert? Warum ist mit Therapie der bipolaren Störungen immer noch nahezu ausschließlich Pharmakotherapie gemeint - und bestenfalls noch Psychoedukation mit dem schmalspurigen Ziel, Medikation zu gewährleisten? Warum wird Prophylaxe in der wissenschaftlichen Literatur weitgehend auf einen chemischen Vorgang reduziert? Warum gibt es zwar gelegentlich Veröffentlichungen zur Psychotherapie der Depression, aber kaum zur Manie? Welche heimlichen und unheimlichen ''Übertragungen'' sind am Werke, dass wir psychiatrisch tätigen Therapeuten ausgerechnet die zu Manien fähigen, zu Manien neigenden Menschen mit einseitiger Behandlung ''abstrafen'' - obwohl gerade sie doch mit dem ganzen Erscheinungsbild ihrer Symptome nach Vielseitigkeit schreien? Und warum versuchen wir nicht selbstverständlich auf jede erdenkliche Weise und vor allem in der Grundanlage der therapeutischen Beziehung das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl der bipolaren Menschen zu stärken, wo dies doch ganz offensichtlich ihr Grundthema und Anliegen ist? Und warum bieten wir ihnen nicht auch und gerade Gruppentherapie, damit sie den beiden Ausprägungen ihrer Störung, Depression und Manie, begegnen können und die Gefahr der Verabsolutierung nur einer Erfahrung und das Risiko der Isolation insgesamt geinger werden?
Vermutlich spielt Angst eine Rolle, Angst bei ums Therapeutinnen und Therapeuten. Angst vor der Gewalt der Manie, Angst vor der Begegnung mit dem gewaltigen und manchmal auch gewaltsamen menschlichen Potenzial im Allgemeinen, aber auch Angst vor der ganz konkreten Aggressivität. Vielleicht verleitet uns der aggressive Anteil der Manie zur Gegenaggression. Anders ist es kaum erklärbar, dass wir besonders in der akuten stationären Behandlungszeit vor allem bemüht sind, den manischen Menschen zu disziplinieren, wo doch dessen inneres Problem nicht die Disziplinlosigkeit, sondern eher ein Übermaß an Normierung ist, sodass der eigene innere Maßstab verloren gegangen ist und Widerstand gegen die allgegenwärtige Fremdbestimmung nur in der Manie erlaubt zu sein scheint.
(Zitat Ende)
Quelle: Thomas Bock / Andreas Koesler, a.a.O., S. 9
Ich könnte mir vorstellen, dass die Autoren mit diesen sicher auch provokanten Ansichten nicht auf Anhieb neue Freunde unter ihren ZunftkollegInnen gefunden haben.
Umso mehr zolle ich ihnen Respekt und wiederhole meinen alten Spruch: Wer etwas anstoßen will, muss Anstoß erregen.
Herzliche Grüße
Peter [Blockierte Grafik: http://www.xrtheme.com/content/emoticons/Kids/02.gif]
aka Pierrot le Fou
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You'll never gonna change anything!
(John Rambo in Rambo IV)
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