Dauer und Verlauf bei bipolaren Störungen

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    • Dauer und Verlauf bei bipolaren Störungen

      Hallo,

      ich hoffe, mein therapeutischer 'Lieblings-Querkopf' Thomas Bock kommt euch noch nicht zu den Ohren bzw. Augen heraus, er schreibt zu Dauer und Verlauf bipolarer Störungen:

      (Zitat Anfang)

      Wie lange dauern Depressionen und Manien? Gibt es einen typischen Verlauf? Auch hier lautet die erste Antwort:

      Es gibt so viele Verläufe wie Menschen, die daran erkranken.

      Dennoch lassen sich einige Erfahrungen verallgemeinern. Von den etwa 500.000 Menschen, die in Deutschland in engerem Sinne depressiv oder manisch werden, kennen sechs von zehn nur Depressionen, höchstens einer von zehn nur Manien und etwa drei von zehn beide Phasen. Depressionen sind nicht nur häufiger, sondern dauern in der Regel auch länger, und zwar sowohl, wenn sie behandelt werden, als auch, wenn sie nicht behandelt werden.

      Der Verlauf der affektiven Psychosen - als Oberbegriff für schwere Depressionen und Manien - wird insgesamt als günstiger eingeschätzt als bei schizophrenen Psychosen. Zwar müssen insgesamt etwa 80% der Betroffenen mit mehr als einer Phase rechnen. Doch lässt sich die Wahrscheinlichkeit, wieder zu erkranken, durch Behandlung und Prophylaxe auf etwa 30% senken. Die Erfolgsrate durch Behandlung schließt allerdings die Rate der so genannten Spontanheilungen ein, d.h.: Wenn jemand gesund wird, ist der Anteil der äußeren Behandlung und der inneren, 'eigenen' Entwicklung ohnehin nie zu klären. Auch bei langfristigem Verlauf gibt es Spontanheilungen. Verschiedene wissenschaftliche Studien belegen außerdem, dass die Medikamenten-Wirkung zu 25-40% auch als 'Placebo-Effekt' erklärbar ist, d.h. sie kommt sie kommt auch durch Medikamente ohne Wirkstoff zustande, ist also einer psychologischen Wirkkomponente zuzuschreiben.

      Auch bei langfristigem Verlauf macht die durch Krankheit geprägte Lebenszeit nur etwa 10% aus.
      (Zitat Ende)

      Quelle: Thomas Bock, 'Achterbahn der Gefühle - Mit Manie und Depression leben lernen', Psychiatrie-Verlag Bonn, 2.Auflage 2005, S. 64/65

      Ich kürze mal die weiteren Ausführungen zu individuellen Manie- und Depressions-Entwicklungen hier ab, weil ich denke, die zentrale Botschaft ist rübergekommen:

      Es gibt nicht 'die (typische) bipolare Störung', jeder individuelle Verlauf besteht aus einer Vielzahl ganz eigener Symptomatiken, die sich auch noch über die Zeitachse hinweg verändern.

      Mit Blick auf die von psmmg berichteten Ergebnisse vom ISBD-Kongress in Edinburgh stelle ich mit Freuden fest, dass dieses Denken auch in der internationalen Psychiatrie Fuß fasst - und noch über die Ansätze von Thomas Bock hinausgehend auch alte 'Diagnose-Grenzen' hinsichtlich der beobachteten Symptome über Bord wirft.

      Bleibt zu hoffen, dass der Prophet (Thomas Bock) auch mal im eigenen Lande gehört wird.

      Gruß an alle

      Peter[Blockierte Grafik: http://www.xrtheme.com/content/emoticons/Kids/02.gif]
      aka Pierrot le Fou
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      aka Peter the Maniac

      PS. Kleiner Scherz dazu an die Könichin: Ganz aktuell erreichte mich das Gerücht, dass nach der Umfirmierung der DGBS nun auch deren Forum von MD-Forum in MeDi-Forum umbenannt werden soll... *ggg*
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      (John Rambo in Rambo IV)

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Snoopydad ()

    • RE: manieverlauf

      Hallo Pharao,

      ich denke, auch dies ist ein allgemeiner (und wohl auch mehr geschätzter) Durchschnittswert, der nicht unbesehen auf einen Einzelfall anwendbar ist.

      Ich verstehe die Message hinter der Zahl etwa so:

      1. Der weitaus überwiegende Lebenszeit-Anteil ist eben nicht von Krankheits-Schüben geprägt, sondern 'stinknormales' Leben.

      2. Es ist wirklich für mich die Frage, ob wir uns durch ängstliches Schielen auf die vergleichsweise kürzere Gesamt-LKrankheitszeit die restliche Lebenszeit versauen müssen (bzw. für mich ist das nur eine rhetorische Frage mit einem deutlichen 'Nein' als Antwort.)

      Ich persönlich hätte auch hier (ohne jede statistische Basis) die in der Natur oft vorkommende und auch im Management bewährte 80:20-Regel angewandt, aber der Einzelwert erscheint mir nicht so wichtig wie die Positionierung der Aussage.

      Abendliche Grüße

      Peter[Blockierte Grafik: http://www.xrtheme.com/content/emoticons/Kids/02.gif]

      aka Pierrot le Fou(che)
      aka Pedro el Loco
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      (John Rambo in Rambo IV)
    • Diese Krankheit läßt sich gut behandeln - aber nicht jeder wird gut behandelt.
      Gut behandelte Menschen in einem guten sozialen Umfeld werden kaum noch einmal krank.

      Ein gutes soziales Umfeld gibt es nicht.
      LG Linda
      _________________________________________
      Sonst sollen NUR mit Gift alle Krankheiten bekämpfen, bringt mehr, ist mehr in Akutfällen richtig.
      RattenGiftSekte: http://de.youtube.com/watch?v=PkxkpemtqG0

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Linda ()