Nur ganz kurz - bin gleich wieder wech...Unter
zeit.de/2009/07/N-Neuroleptika?page=1
findet Ihr einen langen Artikel, der sich zwar mainly mit dem "Ruhigstellen "älterer Patienten in Pflegeheimen
beschäftigt, der aber zahlreiche wichtige Info´s über
normale und atypische Neuroleptika nebenbei enthält...
Von Christina Gerth | © DIE ZEIT, 05.02.2009 Nr. 07
U.a. auch Informationen über die Rechtslage - Zitate:
Subtitel "Psychopharmaka schaden oft mehr als sie nützen"
" Oft wird auf anstrengende Bewohner einfach mit der Verschreibung von Psychopharmaka reagiert. Am häufigsten werden Antipsychotika verabreicht, sogenannte Neuroleptika. Doch diese Praxis ist häufig rechtswidrig, bringt den Pflegenden keineswegs immer die erhoffte Entlastung, und vor allem: Sie schadet den Menschen oft mehr, als dass sie nützt. Von Fachleuten wird der schnelle Griff zum Rezeptblock seit Jahren kritisiert."
****************
"Neuroleptika sind riskante Arzneimittel – erst recht für Alte..........
»Zu hohe Dosen und zu schnelles Aufdosieren vor allem von Psychopharmaka, ungeeignete Arzneimittel und mangelhafte Therapieüberwachung sind die häufigsten Gründe dafür«, sagt Petra Thürmann, Expertin für klinische Pharmakologie. Bei 168 Bewohnern zweier Altenheime in Frankfurt und Mainz waren für ein Drittel der Medikamentenzwischenfälle allein die Neuroleptika verantwortlich. Start low, go slow – einschleichend und niedrig dosieren und nur vorsichtig erhöhen. Diese wichtigen Prinzipien der Alterspharmakologie werden allzu oft missachtet."
***********
" Zwar gelten die neueren atypischen Neuroleptika als nebenwirkungsärmer, gar als »gut verträglich«, doch in Wahrheit, mahnen etwa die US-Psychiater Daniel Katz und Ira Weintraub, seien deren Wirkungen nicht ausreichend erforscht. Vor vier Jahren warnte die amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde FDA sogar: Atypische Neuroleptika erhöhen die Sterblichkeit älterer dementer Menschen. Vergangenes Jahr erweiterte die FDA die Warnung: Auch konventionelle Neuroleptika gelten nun als riskant. Es wurden vermehrt Schlaganfälle, Lungenentzündungen, plötzliche Herztode oder Stürze beobachtet. Schon bei Kurzzeitbehandlungen, so das Ergebnis einer kanadischen Studie, sind schwere Zwischenfälle, auch Krankenhausaufnahmen, häufiger. Ähnlich besorgniserregend ist das Ergebnis einer gerade erst im Fachblatt Lancet Neurology erschienenen Langzeitstudie."
***********
" Aber die Wirksamkeit der Antipsychotika ist fraglich. Allenfalls moderate Behandlungseffekte scheinen nachweisbar, größeren Nutzen haben sie vermutlich nur bei schwerer Symptomatik. Paradoxerweise können sie sogar gerade jene Symptome auslösen, die sie eigentlich mildern sollen: psychotisches Erleben, aggressive Impulsdurchbrüche und Unruhe. Dennoch wird bei unzureichendem Behandlungserfolg häufig und viel zu schnell einfach die Dosis erhöht. Doch Psychopharmaka brauchen länger, bis sie verlässlich wirken.
Das pharmakritische Arzneitelegramm empfahl, die Mittel »restriktiv nur bei ansonsten nicht beherrschbarer Gefährdung des Patienten selbst oder seiner Umgebung« und »nur kurzzeitig« zu verordnen. Ähnlich lauten die Empfehlungen der Fachgesellschaften."
***************
" »Eines der größten Probleme ist, dass sie ausprobiert, aber dann nie wieder abgesetzt oder auch nur hinterfragt werden«, sagt Johannes Pantel, Gerontopsychiater von der Universität Frankfurt. Es lohnt sich jedoch, die Medikamente sorgsam ausschleichend auch mal wieder abzusetzen. »Sehr häufig passiert dann gar nichts, oder man erlebt eine Verbesserung«, sagt Pantel. Für ihn sind Dauerverordnungen, Überdosierungen und schwere Nebenwirkungen vor allem die Folge fehlender fachärztlicher Präsenz und mangelnder Schulung des Personals.
"
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" Der Heidelberger Amtsrichter Jörg-Peter Menk stellte schon vor zehn Jahren klar, dass der Behandler auch »bei jedem Behandlungswechsel (Dosis, anderer Wirkstoff et cetera) der Einwilligung des aufgeklärten Betreuers bedarf«.
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" Die Gesetzeslage wird jedoch allzu oft ignoriert. »Die Rechtsposition der Betreuer wird immer noch nicht ausreichend berücksichtigt – weder von Ärzten noch von Pflegepersonen«, sagt der Gerontopsychiater Rolf Dieter Hirsch, der auch Vorsitzender der Bonner Initiative gegen Gewalt im Alter ist. Und der Freiburger Rechtsexperte Thomas Klie ist überzeugt: Der in Pflegeheimen praktizierte Gebrauch von Psychopharmaka hat häufig strafrechtliche Qualität. »Wer ohne medizinische Indikation Neuroleptika verordnet, macht sich strafbar.«
***************
" Statt des reflexhaften Griffs zur Pillenschachtel fordert der Gerontopsychiater Perrar die Antwort auf eine zentral Frage: »Verbessern wir mit Psychopharmaka die Lebensqualität des kranken Menschen? «
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und tschüss...
(°;°)
zeit.de/2009/07/N-Neuroleptika?page=1
findet Ihr einen langen Artikel, der sich zwar mainly mit dem "Ruhigstellen "älterer Patienten in Pflegeheimen
beschäftigt, der aber zahlreiche wichtige Info´s über
normale und atypische Neuroleptika nebenbei enthält...
Von Christina Gerth | © DIE ZEIT, 05.02.2009 Nr. 07
U.a. auch Informationen über die Rechtslage - Zitate:
Subtitel "Psychopharmaka schaden oft mehr als sie nützen"
" Oft wird auf anstrengende Bewohner einfach mit der Verschreibung von Psychopharmaka reagiert. Am häufigsten werden Antipsychotika verabreicht, sogenannte Neuroleptika. Doch diese Praxis ist häufig rechtswidrig, bringt den Pflegenden keineswegs immer die erhoffte Entlastung, und vor allem: Sie schadet den Menschen oft mehr, als dass sie nützt. Von Fachleuten wird der schnelle Griff zum Rezeptblock seit Jahren kritisiert."
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"Neuroleptika sind riskante Arzneimittel – erst recht für Alte..........
»Zu hohe Dosen und zu schnelles Aufdosieren vor allem von Psychopharmaka, ungeeignete Arzneimittel und mangelhafte Therapieüberwachung sind die häufigsten Gründe dafür«, sagt Petra Thürmann, Expertin für klinische Pharmakologie. Bei 168 Bewohnern zweier Altenheime in Frankfurt und Mainz waren für ein Drittel der Medikamentenzwischenfälle allein die Neuroleptika verantwortlich. Start low, go slow – einschleichend und niedrig dosieren und nur vorsichtig erhöhen. Diese wichtigen Prinzipien der Alterspharmakologie werden allzu oft missachtet."
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" Zwar gelten die neueren atypischen Neuroleptika als nebenwirkungsärmer, gar als »gut verträglich«, doch in Wahrheit, mahnen etwa die US-Psychiater Daniel Katz und Ira Weintraub, seien deren Wirkungen nicht ausreichend erforscht. Vor vier Jahren warnte die amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde FDA sogar: Atypische Neuroleptika erhöhen die Sterblichkeit älterer dementer Menschen. Vergangenes Jahr erweiterte die FDA die Warnung: Auch konventionelle Neuroleptika gelten nun als riskant. Es wurden vermehrt Schlaganfälle, Lungenentzündungen, plötzliche Herztode oder Stürze beobachtet. Schon bei Kurzzeitbehandlungen, so das Ergebnis einer kanadischen Studie, sind schwere Zwischenfälle, auch Krankenhausaufnahmen, häufiger. Ähnlich besorgniserregend ist das Ergebnis einer gerade erst im Fachblatt Lancet Neurology erschienenen Langzeitstudie."
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" Aber die Wirksamkeit der Antipsychotika ist fraglich. Allenfalls moderate Behandlungseffekte scheinen nachweisbar, größeren Nutzen haben sie vermutlich nur bei schwerer Symptomatik. Paradoxerweise können sie sogar gerade jene Symptome auslösen, die sie eigentlich mildern sollen: psychotisches Erleben, aggressive Impulsdurchbrüche und Unruhe. Dennoch wird bei unzureichendem Behandlungserfolg häufig und viel zu schnell einfach die Dosis erhöht. Doch Psychopharmaka brauchen länger, bis sie verlässlich wirken.
Das pharmakritische Arzneitelegramm empfahl, die Mittel »restriktiv nur bei ansonsten nicht beherrschbarer Gefährdung des Patienten selbst oder seiner Umgebung« und »nur kurzzeitig« zu verordnen. Ähnlich lauten die Empfehlungen der Fachgesellschaften."
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" »Eines der größten Probleme ist, dass sie ausprobiert, aber dann nie wieder abgesetzt oder auch nur hinterfragt werden«, sagt Johannes Pantel, Gerontopsychiater von der Universität Frankfurt. Es lohnt sich jedoch, die Medikamente sorgsam ausschleichend auch mal wieder abzusetzen. »Sehr häufig passiert dann gar nichts, oder man erlebt eine Verbesserung«, sagt Pantel. Für ihn sind Dauerverordnungen, Überdosierungen und schwere Nebenwirkungen vor allem die Folge fehlender fachärztlicher Präsenz und mangelnder Schulung des Personals.
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" Der Heidelberger Amtsrichter Jörg-Peter Menk stellte schon vor zehn Jahren klar, dass der Behandler auch »bei jedem Behandlungswechsel (Dosis, anderer Wirkstoff et cetera) der Einwilligung des aufgeklärten Betreuers bedarf«.
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" Die Gesetzeslage wird jedoch allzu oft ignoriert. »Die Rechtsposition der Betreuer wird immer noch nicht ausreichend berücksichtigt – weder von Ärzten noch von Pflegepersonen«, sagt der Gerontopsychiater Rolf Dieter Hirsch, der auch Vorsitzender der Bonner Initiative gegen Gewalt im Alter ist. Und der Freiburger Rechtsexperte Thomas Klie ist überzeugt: Der in Pflegeheimen praktizierte Gebrauch von Psychopharmaka hat häufig strafrechtliche Qualität. »Wer ohne medizinische Indikation Neuroleptika verordnet, macht sich strafbar.«
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" Statt des reflexhaften Griffs zur Pillenschachtel fordert der Gerontopsychiater Perrar die Antwort auf eine zentral Frage: »Verbessern wir mit Psychopharmaka die Lebensqualität des kranken Menschen? «
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und tschüss...
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"So sehr die Gegenwart sich um den Beweis ihrer Alternativlosigkeit auch bemüht, wird sie dennoch von der Zukunft abgelöst."
Felix Kriwin
Felix Kriwin
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Eule4 ()