Was habt Ihr in der Manie erlebt?

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    • Was habt Ihr in der Manie erlebt?

      Während der Manie war ich über Wochen wie auf einer Flucht alleine fast ausnahmslos im Ausland unterwegs (und zwar mit einem Boot in Holland, Belgien, Frankreich und vorwiegend in England) weil ich die sicher wohlgemeinten Hinweise meiner Familie und Freunde als Nachstellungen empfunden hatte. Ich habe witziger Weise keinerlei Erinnerungslücken. - Ihr?

      Neben den schon beschriebenen wenig sozialverträglichen erotischen Eskapaden war es bei mir:

      * hatte mein Auto als gestohlen gemeldet, weil ich vergessen hatte, wo es geparkt war. Musste ich dann einige Zeit später auslösen, weil es abgeschleppt worden war.- Ich hatte im Halteverbot geparkt.

      * bin einhand bei einem ausgewachsenen Sturm mit 9 Windstärken über den Ärmelkanal gesegelt, wobei mir die Segel zerrissen sind

      * habe mich in England studentischen Aktivisten angeschlossen und für Amnesty International demonstriert und mich dabei in eine ganz süße Studentin verliebt, mit der ich alter Sack dann auch ein Verhältnis hatte. Als sie gemerkt hat, dass ich sie vorsätzlich schwängern (mir war gerade danach, Vater zu sein) wollte, hat sie reißaus genommen.

      * hatte lange Diskussionen in Canterbury (tolle Stadt) mit Zeugen Jehovas, die mich bekehren wollten. Gegen den Redefluss eines Manikers haben die selbstmurmelnd keine Chance und so habe ich versucht, sie zum Atheismus zu bekehren :) Da muss ich echt heute noch schmunzeln, wenn ich an den wechselseitig ausgetauschten Schwachsinn zurückdenke

      * ebenfalls in England einen Penner in ein Sternerestaurant eingeladen (they were not amused), um mich über dessen Lebensweise zu informieren und diesem Tips zu geben, wie er als Straßenmusiker mehr Geld (Standortwahl, bessere Ausrüstung) verdienen kann

      * habe auf meinem Boot ein Keyboard installieren lassen, um nachts die Häfen zu beschallen

      * dann wollte ich einen Musikverlag kaufen und habe auch ausgiebigst mit denen verhandelt, nicht erkennend, dass ich das dafür nötige Geld gar nicht hatte. Ich war zur der Zeit im Ausland und ein einziges Telefonat (Rooming) hatte mich 1.300 EUR gekostet

      * in Klageschriften Richter beleidigt (das war nicht ganz einfach im nachhinein zu korregieren)

      Witzig war auch: Ich kann zwar auch im Normalzustand recht gut englisch reden, weil das mein Beruf halt erfordert, aber eben auch nicht ausgezeichnet. In der Manie war das so fließend und akzentfrei, dass mich niemand für einen Ausländer gehalten hat.

      Diese Perfektion in Teilbereichen, auch in der Kunst, kann ich mir überhaupt gar nicht erklären.

      War schon ne bunte Zeit und ich habe wirklich Schwein gehabt, dass ich mich dabei nicht wirtschaftlich ruiniert habe.

      Wir war es bei Euch?
    • manisches erleben

      hallo jannis,

      ich habe mal versucht einen kirchlichen arbeitgeber zu reformieren.
      meine konzepte zur steigerung der effizienz wurden angenommen, allerdings wurden meine wünsche nicht vollständig erfüllt.
      daraufhin habe ich all meine energie eingesetzt, meine wünsche unbedingt erfüllt zu bekommen. es war nicht möglich - leider.
      die anschließende rekonvaleszenzzeit hatte sehr lange gedauert.

      nun vermeide ich es nach möglichkeit, kirchliche organisationen reformieren zu wollen. ist einfach zu schwer.

      oki
      Osakidersanftmütige .......... 8o .......... 8) .......... :thumbup: .......... :rolleyes: .......... :love:

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von oki ()

    • Der religiöse Wahn ist (weitgehend) therapie-resistent

      Hi Oki,
      kein Wunder, Schlaumeier, dass du dir an diesem Reformwerk die Zähne ausgebissen hast. Gegen den religiösen Wahn ist (kaum) ein Kraut gewachsen. Da hatte der alte Meister schon recht: "Religion ist Opium des [sic! genetivus subjectivus, nicht objectivus 'für'] Volkes." Trefflich auch Heines Antwort auf die Gretchen-Frage:
      Dabei muß ich ihnen auch gestehen...

      "Dabei muß ich ihnen auch gestehen, Herr Doktor, daß mir die katholische Religion nicht einmal Vergnügen macht, und als ein vernünftiger Mann müssen Sie mir recht geben. Ich sehe das Plaisir nicht ein, es ist eine Religion, als wenn der liebe Gott, gottbewahre, eben gestorben wäre, und es riecht dabei nach Weihrauch wie bei einem Leichenbegängnis, und dabei brummt eine so traurige Begräbnismusik, daß man die Melancholik bekömmt ? ich sage ihnen, es ist keine Religion für einen Hamburger."

      "Aber, Herr Hyazinth, wie gefällt Ihnen denn die protestantische Religion?"

      "Die ist mir wieder zu vernünftig, Herr Doktor, und gäbe es in der protestantischen Kirche keine Orgel, so wäre sie gar keine Religion. Unter uns gesagt, diese Religion schadet nichts und ist so rein wie ein Glas Wasser, aber sie hilft auch nichts. Ich habe sie probiert, und diese Probe kostet mich vier Mark vierzehn Schilling "

      "Wieso, mein lieber Herr Hyazinth?"

      "Sehen, Herr Doktor, ich habe gedacht: das ist freilich eine sehr aufgeklärte Religion, und es fehlt ihr an Schwärmerei und Wunder; indessen, ein bißchen Schwärmerei muß sie doch haben, ein ganz klein Wunderchen muß sie doch tun können, wenn sie sich für eine honette Religion ausgeben will. Aber wer soll da Wunder tun, dacht ich, als ich mal in Hamburg eine protestantische Kirche besah, die zu der ganz kahlen Sorte gehörte, wo nichts als braune Bänke und weiße Wände sind und an der Wand nichts als ein schwarz Täfelchen hängt, worauf ein halb Dutzend weiße Zahlen stehen. Du tust dieser Religion vielleicht unrecht, dacht ich wieder, vielleicht können diese Zahlen ebensogut ein Wunder tun wie ein Bild von der Mutter Gottes oder wie ein Knochen von ihrem Mann, dem heiligen Joseph, und um der Sache auf den Grund zu kommen, ging ich gleich nach Altona, und besetzte eben diese Zahlen in der Altonaer Lotterie, die Ambe besetzte ich mit acht Schilling, die Terne mit sechs, die Quaterne mit vier und die Quinterne mit zwei Schilling Aber, ich versichere Sie auf meine Ehre, keine einzige von den protestantischen Nummern ist herausgekommen. Jetzt wußte ich, was ich zu denken hatte, jetzt dacht ich, bleibt mir weg mit einer Religion, die gar nichts kann, bei der nicht einmal eine Ambe herauskömmt - werde ich so ein Narr sein, auf diese Religion, worauf ich schon vier Mark und vierzehn Schilling gesetzt und verloren habe, noch meine ganze Glückseligkeit zu setzen?"
      (Aus: Reisebilder, Die Bäder von Lucca, 1829)

      Voilà!
      Gruß
      Laci
      "Tief im Herzen haß ich den Troß der Despoten und Pfaffen, Aber noch mehr das Genie, macht es gemein sich damit." (Hölderlin)

      "Nun müssen diejenigen, welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch möglich sein?" (Aristoteles)
    • Bei anderen Betroffenen habe ich es öfters erlebt, dass die plötzlich einen religiösen Eifer entwickelt haben, obwohl sie vorher mit Religion nicht das mindeste an der Mütze hatten. Komischer Effekt, das hatte ich gar nicht. Aber auf anderen Gebieten war ich schon weltverbessernd unterwegs, s.o. "Amnesty" und habe in Canterbury Passanten davon überzeugt, für diese Einrichtung zu spenden. In der Manie kann man durchaus sehr charismatisch sein und Hemmungen, wildfremde Personen anzusprechen, hat man dann ja sowieso nicht.

      Irgendwie fokussiert man sich in diesem Zustand auf ein Thema und blendet alles andere aus, das habe ich besonders deutlich in Erinnerung, wenn ich Musik gemacht habe. Es gab dann keine Zeit und keinen Raum mehr, ich habe dann in der Musik "gelebt", war völlig eins mit ihr. Dabei sind Kompositionen entstanden, die ich heute leider technisch nicht mehr so gut spielen kann, weil ich mich ablenken lasse, bei denen aber manche Zuhörer gerührt anfangen zu weinen, wenn wir vor Publikum spielen.
    • ...und ..... was passierte danach?

      Hi Leute,
      Okay, ich erzähle euch mal von den Erfahrungen die ich gemacht hab. Es klingt ja lustig und interessant, was ihr da alles für Dinge "erreicht" habt bzw. wie hoch das Risikoverhalten in solchen Phasen eigentlich sein kann/oder wirklich ist ?! Ohne Rücksicht auf Verluste scheint es..... Diejenigen "Vollblut-Maniker", die ich kennen gelernt hab, haben häufig davon berichtet, dass sie danach ein finanzielles und persönliches Fiasko vorgefunden hatten. Sie waren nicht mehr sie selbst. Wie ist es euch nach so einer Phase dann ergangen? Der große FAll in die Depression? Welche Nachwirkungen hattet ihr?

      Mir persönlich haben generell diese Stimmungsschwankungen einmal so..... und einmal wieder ganz anders..... wahnsinnig viel an Energien gekostet. Durch meine Impulsivität, den Rededrang und die Vorstellung von mir selbst, dass "ich der Superstar bin, worauf die Welt schon lange gewartet hat" zeigte ich Facetten von mir, worüber ich jetzt im Nachhinein nur schmunzeln kann.
      Für mich war die Erfahrung wie ein Rausch, ohne Moral und keine Zeit zum Schlafen, damit ich das Beste aus den Stunden/Tagen raushole bzw. ja nichts verpasse! Ich will nämlich dann nur Party - Party - Party!!!! Ich komme mir da vor, wie im Film "Bruce Allmächtig", besonders in der Szene, wo er die Superkräfte so richtig schön austestet...... die Musik dabei ist sensationell.

      ..... und dann.... im Spital fühlte ich mich die erste Zeit so, als ob --ich, die "Beste" auf der Welt wäre -- und dann den Ärzten was erzähle, weil sie ja --keine geringste Ahnung- davon haben wie toll das ist. Sie müssten mich nur ernst nehmen..... Das taten sie dann auf ihre Weise mit Medis und die Party war dann vorbei.............. es war die erste Zeit danach sehr schlimm, so langweilig und öde........

      :zungezeig: Katy
    • Kann ich bestätigen erst nur Party, komme, was da wolle und dann der tiefe Absturz.

      Auch dieses Überlegenheitsgefühl kenne ich. Ich habe einmal mitten in der Nacht eine befreundete Neurochirurgin angerufen und sie gefragt, ob es einen Hirntumor gebe, der die Intelligenz unnatürlich steigern lässt. Mir waren alle Zusammenhänge dieser Welt so glasklar geworden (meinte ich), dass ich mir das nur als Folge einer degenerativen Veränderung erklären konnte.
    • Meine hypomanen Erlebnisse

      Hallo,

      in einer jahrelang andauernden Hypomanie habe ich innert 12 Jahren 12 Autos gekauft (eines nach dem anderen)

      und bin ohne Fahrausweis jahrelang herumgefahren.Keine Busse,kein Unfall,nichts.Heute würde ich das so nie

      mehr machen.Dazu hätte ich zuviel Angst vor der Polizeikontrolle,oder jemanden ungewollt gar zu verletzen.

      Das ist mir erst viel später in den Sinn gekommen:einen Unfall zu bauen und dabei jemandem zu schaden.In der

      Hypomanie war ich extrem gelöst und sicher im Fahren;habe mich an die Strassengesetze strikt gehalten. Im

      Nachhinein finde ich das wirklich verrückt,weil ich keine einzige Fahrstunde absolviert habe. Ich (und Andere)

      hatten mehr als Glück!Ich würde noch heute fahren können,-tue es aber niemals mehr.

      LG Aleksandra
      Wo Schatten ist,da ist auch Licht!