Ich dachte ich hättes schon längst verarbeitet...

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    • Ich dachte ich hättes schon längst verarbeitet...

      Hallo,

      die Diskussion über die PsychKG, bzw. Zwangsmassnahmen ist ja überall present. Am Dienstag werde ich in Hamburg dazu ein anthropologische Vorlesung besuchen. Ich bin auch, durch meine Aktivität in einer AG für Betroffene, ebenfalls mit dem Thema konfrontiert. Jetzt kommen Flashbacks zurück, eigentlich alles 10 Jahre her und in Anbetracht dessen, was Andere an Zwangsmaßnahmen erlebt haben, ist meines eher peanuts, aber die Bilder sind da und ich fühle wieder diese Angst, aber auch Wut, weil damals niemand da war, der mit mir in diesen angstvollen Stunden mit mir gesprochen hatte, ich war allein und ich glaube, ich habe noch nie im Leben, auch später nicht, solche Ängste durchstanden.

      Ich glaube, es ist wohl vielen Ärzten und dem Pflegepersonal nicht bewußt, welche Gewalterfahrung es für uns ist. Vielleicht meinen sie, dass man es wieder vergisst, weil man in einer Ausnahmesituation war und ggf. auch durch Zwangsmedikation still gelegt wurde. Aber für viele ist es auch nach vielen Jahren immer noch eine traumatische Erinnerung. Vielleicht entstehen aber auch manche Massnahmen durch Angst. Denn nur allein die Stimme kann schon sehr eindrücklich sein und wenn dann jemand noch sehr unruhig sich verhält, da mag es ja sein, dass gerade unerfahrenes Personal nicht einschätzen können, wie sich dass entwickeln wird. Dennoch ist es nicht ok, so würdelos behandelt zu werden. Ich glaube, es ist vielen Berufspofessionellen nicht klar, welch eine Ohnmachtserfahrung das ist und welch eine Gewalterfahrung auch gerade für die, die eh schon im Leben Gewalterfahrungen hinter sich haben.

      Diese subjektive Seite der Betroffenen gilt es mal in einem Vortrag oder einer Weiterbildung für Berufsprofessionelle zu beleuchten, nicht durch Schuldzuweisung, sondern einfach nur die Gefühle, die Eindrücke, die Ängste, die Ohnmachtsgefühle aufzeigen, um ein Verständnis in diesem Sinne zu bewirken. Denn die Bilder bleiben, sie bleiben hängen, sie werden nicht vergessen, es spricht ja auch niemand mit uns darüber. Für die Berufsprofessionellen ist es beruflicher Alltag, der Patient ist irgendwann entlassen, aber wir sind in diesem Bild gefangen, diese Erfahrungen verlassen einen nicht, nicht mal nach 10 Jahren. Sollte die Psychiatrie doch als Ort des Schutzes und der Genesung gelten, aber nach so einer Erfahrung wird es als Ort des Gewaltes bleiben. Ich kann nur froh sein, dass ich auch eine andere Psychiatrie-Erfahrung machen durfte und so zumindest die Angst vor stationärem Aufenthalt sich relativiert hat. Jedoch die Psychiatrie hier vor Ort, auch wenn sich da nach 10 Jahren vielleicht einiges geändert hat, bleibt Angstbesetzt.

      Viele Grüße Heike
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).
    • Hallo, liebe Heike ....

      Was mich betrifft, habe ich meine beiden Zwangsaufenthalte 1993 und 2005 anscheinend spurlos weggesteckt.
      Zwar habe ich ab und an auch noch Träume von solchen Situationen, aber die könnten real betrachtet auch von
      meiner Zeit im Internat herrühren....

      Imho sind die höhergestellten Ärzte wie Prof. Dr. E. in Hissau gar nicht das Problem, sondern es sind die
      schwäbischen Bauernhoftrampel und die Pfleger aus Albanien oder die Stationsärzte aus Kasachstan, die nicht
      mal richtig deutsch geschweige denn schwäbisch können.

      Die KZ-Wächter/Innen unter Adolf müssen eine ähnliche Mentalität gehabt haben wie das Psychiatriepflegepersonal 2005
      im ZPL Hirsau 2005:
      Alle 2-3 Tage musste ich in ein anderes Zimmer umziehen, was meist problemlos war mit einzelnen Zimmernachbarn -
      aber nachdem die mich in ein Zimmer zusammen mit 2 hochgradig beeinträchtigten Neuroleptikaschluckern schicken wollten,
      wo Du den Fussschweiss von dem Einen bereits bei geschlossener Türe markant riechen konntest, wenn Du am Zimmer vorbei gingst :evil:
      und der andere bereits eine sehr deutlich ausgeprägte Dyskinesie sein Eigen nannte,
      habe ich schlicht und einfach gestreikt, mir Bettdecke und Kissen geschnappt und habe mich unter die Palme in der Besucherecke verzogen,
      während die Hälfte des Pflegepersonals im Nueroleptikazimmer mit Duftspray unterwegs war und das Fenster reinklappte....
      Und tatsächlich kam diese bescheuerte Bauernfotze um 24: 30 nochmal und hat mich geweckt um mir zu verkünden, dass SIE
      mir nun BEVIELT, in das avisierte Zimmer zu gehen...
      Naja - ihr Kollege hatte sie ja gewarnt und ihr gesagt " lass doch gut sein, wenn er hier auf dem Steinbodewn schlafen will..."
      Sie hat aber nicht auf ihn gehört - und am Folgetag dann aber eine Krankmeldung für 2 Wochen eingereicht -
      obwohl ich sie KÖRPERLICH nicht einmal berührt habe, die dumme Bauernkuh !

      lg
      eule4
      "So sehr die Gegenwart sich um den Beweis ihrer Alternativlosigkeit auch bemüht, wird sie dennoch von der Zukunft abgelöst."


      Felix Kriwin

      Dieser Beitrag wurde bereits 5 mal editiert, zuletzt von Eule4 ()

    • Diese Erfahrungen bleiben im Unterbewussten immer in der "Jacke" hängen. Ich meide daher Situationen, die mich daran erinnern könnten und schließe mich deshalb auch keinen Selbsthilfeorganisationen o.ä. an. Etliche Monate nach der Entlassung aus meinem Zwangsaufenthalt bin ich nachts wegen Sirenengeheuls eines NAW wach geworden und dachte, die wollten mich wieder eintüten. Also bin ich in Unterwäsche geflüchtet. Auf dem Weg ins Erdgeschoss meines Hauses (ich wollte mich im angrenzenden Wald verstecken) bin ich auf der Treppe ausgerutscht, hatte etliche Rippenbrüche und das Blut spritzte überall hin. - Da sieht man mal, wie tief das sitzt!

      Der Aufenthalt in der Klinik selbst hat mir gar nichts genutzt, man hat mich dort lediglich systematisch traumatisiert und ich konnte mich noch heftig wehren, was fast niemand meiner Mitpatienten konnte, weil sie ausnahmslos alle bis zur Halskrause voll mit verordneten Drogen waren.
    • Hallo,

      danke für Eure Antworten.

      lieber Eulerich,

      ist es bei dir wirklich schon verarbeitet? Da du früher sehr viel über diese Erfahrung geschrieben hast, hatte ich angenommen, dass es bei dir wie ein Dorn im Fleische steckte oder war genau dieses Schreiben darüber deine Art damit fertig zu werden?

      Diese regiden "Regeln", die wohl bei einige im Personal so verinnerlicht sind und keine Flexibilität zulassen und dadurch erst Druck und entsprechende Reaktionen auslösen, finde ich ebenso nachdenkenswert für das berufsprofessionelle Team. Wir lernten gerade in unserer EX-IN-Ausbildung immer wieder den Rollenwechsel, sich in den Anderen hineinversetzen, auch mal in das berufsprofessionelle Team. Umgekehrt scheint dies in deren Ausbildung keine Rolle zu spielen. Obwohl doch manches einfach aus dem gesunden Menschenverstand heraus zu sehen ist.

      Hallo Jannis,

      ja, so ein ähnliches Erlebnis hatte ich auch, allerdings nicht mit solchen Folgen. Ich weiß nicht, welcher Zeitraum zwischen dem Klinikaufenthalt und der Begebenheit lagen, es waren aber schon einige Monate dazwischen. Ich war gerade bei meinem Hausarzt für einen üblichen Check und saß im Wartezimmer. Dieser Arzt ist auch Internist und so werden dort auch Magenspiegelungen durchgeführt, dabei kann man wählen, ob man eine Beruhigungsspritze haben möchte. Als ich dort wartete kam eine Mutter mir ihrer schon erwachsenen Tochter herein, die wohl gerade von der Magenspiegelung kam, diese lief wie ein Roboter, war noch nicht ganz wieder hergestellt. In mir zog sich alles zusammen, ich bekam nasse Hände und mein Herz ging schneller, allein nur durch die Beobachtung des Ganges der Patientin flammte diese Erinnerung heftig wieder auf.

      Ist es denn den Ärzten und Behandlern nie in den Sinn gekommen, mal wirklich nachzufragen, mal mit den Patienten darüber zu sprechen? Können sie sich nicht vorstellen, was es mit einem macht? Ist die Routine schon so drinn, dass man diese Empathie nicht mehr aufbringen kann? Hat es wirklich nur mit der Zeit und mit dem nichtvorhandenem Geld zu tun, um genügend richtig ausgebildetes Personal zu haben?

      Immer wieder kommt in mir die Frage auf, warum sprecht Ihr nicht mit uns?

      Viele Grüße Heike
      Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können (Patricia Deegan 1996).
    • Tja, gute Fragen, die Du da aufwirfst. Empathie ist wohl Mangelware... Mich wollte der Chefarzt eben dieser Einrichtung später ambulant weiter behandeln, das ist immer so, wenn man Privatpatient ist. Die Behandlung sollte in den Räumlichkeiten stattfinden, in die ich damals zwangsweise eingewiesen worden war. Ich habe dankend abgelehnt, diese Erinnerung brauchte ich nun tatsächlich nicht mehr.

      Im übrigen war der Chefarzt ein ungepflegter Messie, wie ich bemerken durfte. Ich glaube, meine damaligen Probleme waren im Gegensatz zu seinen, wirklich mehr als überschaubar. Heute grüßt er mich nicht einmal, wenn ich ihm in der Fussgängerzone begegne, soviel zu seiner Souvernität! Ich habe seine Pillen nicht gefressen und ich habe mich nicht behandeln lassen, sowas grenzt ja an Meuterei.

      Mir geht es im Moment richtig gut, habe eine längere Tour durch Deutschland mit meinem wunderschönen und bärenstarken Volvo C 70 Cabriolet hinter mir und hatte heute meinen ersten Arbeitstag in unserer neuen Filiale und in der Mittagspause habe ich auf der Sonnenterasse bei einem Edel-Italiener gegessen. - Herrlich!!!
    • Liebe Heike

      Ja, ich denke nur noch extrem selten an meine beiden Aufenthalte in Hirsau....
      Nach dem 1. wegen der VPM-Geschichte gab es ja eine Verhandlung wg. der Kosten, weil die behauptet hatten ich hätte sie nicht darauf hingewiesen, dass ich damals vorübergehend gar nicht krankenversichert war...
      Die wollten dann so um die 3500.- DM von mir für die "Woche Beobachtung"....
      War aber nix : Die Richter vom VG Karlsruhe waren der Meinung, dass da Aussage gegen Aussage stehe und mithin das ZPL Hirsau in der Nachweispflicht stehe - also sie mir zumindest eine entsprechende Unterschrift hätten abnötigen müssen ...
      Immerhin hat mir der damalige Oberarzt in der Verhandlungspause gesagt, dass ihm die ganze Sache leid tue, er aber damals einfach noch nie was von der "VPM" gehört hatte...
      Tja und die Sache 2005 mit dem hochdosierten Cortisol aus der Inneren in Langensteinbach - Shit happens eben - oder wie der Oberarzt von Langensteinbach später grinsend sagte " Seien sie doch froh, dass es eine Manie war und keine Depression !"

      So what ?

      Ich schlucke keinerlei Psychopharmaka mehr und mir geht es den sonstigen Umständen entsprechend ( 1/2 Dutzend chronischer körperlicher Krankheiten), aber ansonsten eigentlich ganz o.k.
      Diabetes Typ2, Arteriosklerose T'yp 2 nach Fontane, Hiasternhnie (Zwerchfellnruch), Ullnerisrinnensydrom beidseitig, Polyneuropathie in den Füsschen, die aber vermutlich eher auf eine BAYER--Appöikation in meinem damaligen Pfirsichbämchen zurüchging als auf irgenwas anderes wie Diebates osder so...
      Jedenfalls erzeugt eine Diabetes- Enzephalopathie an den Füssen ja wohl keine braunen Flecken, die über Jahrzehnte bestehen bleiben , oder ?
      Aber dann beweise mal, dass es vom BAYER- Spungizid kommt - hoffnungslos !
      Die Pharmaindustrie verdient sich dumme und dämlich in jederlei Hinsicht, indem sie immer mehr hochgiftige Chemiestoffe in den Lebenskreislauf ALLER Menschen bringt...
      Die paar Psychopharmaka machen nur einen geringen Teil aus, fürchte ich...

      lg
      eule4
      "So sehr die Gegenwart sich um den Beweis ihrer Alternativlosigkeit auch bemüht, wird sie dennoch von der Zukunft abgelöst."


      Felix Kriwin

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