Hallo ihr da!
Leider musste ich schon häufiger hören/erfahren, dass in den USA auffallend viele Kinder als bipolar diagnostiziert werden, die auf den ersten Blick einfach starke Emotionen haben. Auch wird dort viel intensiver geforscht auf dem Gebiet BS bei Kindern und auch früher und anders interveniert, wenn der Verdacht einer beginnenden BS aufkommt. Teilweise haarsträubend übrigens. Allerdings sollte man nicht unterschätzen, was sich in deutschsprachigen Psychiatrien diesbezüglich abspielt. Auch hier werden Kinder, bei denen Verdacht auf BS besteht, mit Antipsychotika u.a. behandelt in nicht unerheblichen Umfang. Leider ist mir das schon vor Jahren während mehrerer Einsätze in der KJP aufgefallen.
Als ich vorhin ein bisschen googelte, was denn unser Chef zum Thema neues DSM sagt (unser Dozent Prof. Rief war einer der Wissenschaftler, der das DSM-V aus dem Amerikanischen ins Deutsche übersetzt hat). Wie gesagt, er hats übersetzt, aber es ist nicht auf seinem Mist gewachsen. Ihn selbst finde ich sehr kompetent, hält gute Vorlesungen. Ich fand, dass auch er sehr kritisch ist.
Was ich aber noch fand war, dass im neuen DSM eine neue Diagnose hinzugefügt wurde, mit der die Amerikaner anscheinend versuchen zu vertuschen, dass sie einfach zu viele Kinder mit Bipolarer Störung überdiagnostizieren und auch pharmakologisch übertherapieren. Betroffen sind wohl vor allem Jungs, die Wutanfälle bekommen.
Ich stell mal den Text rein als Zitat:
Unser Prof meinte zu dem Thema:
Bei der vorletzten Überarbeitung des DSM (also von DSM 3 zu 4) hat man gerade mal 2 Diagnosen neu mit reingenommen: das war die Bipolat-II-Störung und das Asperger-Syndrom. Prof. Dr. Allan Frances, der das damals das Entwicklungskremium für das DSM-IV geleitet hat, sagte heute, dass er das später anhand der steigenden Verschreibungszahlen an Psychopharmaka bereut hat. Das finde ich eine blöde Begründung. Die Bipolar-II-Störung hat es doch trotzdem schon vorher gegeben, auch wenn man das Kind vielleicht anders genannt hat. Nur, weil man etwas nicht separat bezeichnet und aufführt heißt es doch nicht, dass es damit nicht existiert.
LG, Nüssli
PS: Die Textstellen stamen von der Seite der Bundes Psychotherapeuten Kammer
google.de/imgres?imgurl=http%3…0&ndsp=25&ved=0CC0QrQMwBA
Leider musste ich schon häufiger hören/erfahren, dass in den USA auffallend viele Kinder als bipolar diagnostiziert werden, die auf den ersten Blick einfach starke Emotionen haben. Auch wird dort viel intensiver geforscht auf dem Gebiet BS bei Kindern und auch früher und anders interveniert, wenn der Verdacht einer beginnenden BS aufkommt. Teilweise haarsträubend übrigens. Allerdings sollte man nicht unterschätzen, was sich in deutschsprachigen Psychiatrien diesbezüglich abspielt. Auch hier werden Kinder, bei denen Verdacht auf BS besteht, mit Antipsychotika u.a. behandelt in nicht unerheblichen Umfang. Leider ist mir das schon vor Jahren während mehrerer Einsätze in der KJP aufgefallen.
Als ich vorhin ein bisschen googelte, was denn unser Chef zum Thema neues DSM sagt (unser Dozent Prof. Rief war einer der Wissenschaftler, der das DSM-V aus dem Amerikanischen ins Deutsche übersetzt hat). Wie gesagt, er hats übersetzt, aber es ist nicht auf seinem Mist gewachsen. Ihn selbst finde ich sehr kompetent, hält gute Vorlesungen. Ich fand, dass auch er sehr kritisch ist.
Was ich aber noch fand war, dass im neuen DSM eine neue Diagnose hinzugefügt wurde, mit der die Amerikaner anscheinend versuchen zu vertuschen, dass sie einfach zu viele Kinder mit Bipolarer Störung überdiagnostizieren und auch pharmakologisch übertherapieren. Betroffen sind wohl vor allem Jungs, die Wutanfälle bekommen.
Ich stell mal den Text rein als Zitat:
Ich bin genauso im Übrigen überrascht, wie sehr diagnostische Kriterien aufgeweicht wurden. Jemand, der über 2 Wochen über den Tod eines gelibeten Menschen trauert, ist demnach schon krankheitswertig. Vorher war das Zeitkriterium 2 Monate.Prof. Dr. Rainer Richter
Auch die neue Diagnose „Disruptive Mood Dysregulation Disorder“ sei
kritisch zu bewerten. Hierbei handele es sich um einen hilflosen
Versuch, die US-spezifische Überdiagnostik von bipolaren Störungen bei
Kindern in den Griff zu bekommen. Dieses Phänomen der Überdiagnostik
bipolarer Störungen und der damit verbundenen Übertherapie mit
Psychopharmaka bei Kindern habe es in Deutschland glücklicherweise nicht
gegeben. Würde die neue Erkrankung aber in das geplante ICD-11
übernommen, bestehe die Gefahr, dass künftig auch in Deutschland
alterstypische Wutausbrüche von Kindern und Jugendlichen als psychische
Krankheit diagnostiziert und entsprechend behandelt werden könnten.
Grundsätzlich sei die Forschung zu überdurchschnittlich häufigen und
starken Wutausbrüchen vor allem bei Jungen viel zu dürftig, um damit
eine neue psychische Erkrankung zu begründen. Das Risiko sei groß, dass
künftig heftige emotionale Reaktionen von Kindern und Jugendlichen in
Reifungskrisen als krank abgestempelt würden. Dabei drohten dann andere
Gründe für wiederholte Temperamentsausbrüche wie Konflikte mit Eltern,
Lehrern oder Gleichaltrigen aus dem Blick zu geraten.
Unser Prof meinte zu dem Thema:
Ich habe das Gefühl, dass man einfach eine neue Diagnose für die Kiddis ins Leben gerufen hat, damit man nicht ständig mehr kritisiert wird, dass in den USA zu viele Kinder als bipolar diagnostiziert werden. Sie bekommen einfach eine andere Diagnose, wahrscheinlich aber die gleichen Medis, fallen so aus der Bipolar-Statistik raus, bleiben aber im System genrell und damit guter Kunde der Pharmaindustrie. Ist das nicht erschreckend? Warum übernehmen wir so ein Diagnosehandbuch? Hierzulande wird man sicher aus Protest einfach die Diagnose nicht benutzen, aber reicht das?Prof. Dr. Winfried Rief, Universität Marburg, kritisierte die einseitige
Zusammensetzung der einzelnen Arbeitsgruppen bei der Neufassung des
DSM-V. So seien die Arbeitsgruppen und die koordinierende Leitungsgruppe
(„Taskforce“) ganz überwiegend mit US-Psychiatern besetzt gewesen.
Kritiker der bestehenden Überversorgung hätten dagegen ebenso gefehlt
wie generalistische Experten für diagnostische Klassifikation und solche
für normale psychische Funktionen. Die Arbeitsgruppen seien geprägt
worden von Experten mit sehr krankheitsspezifischen
Forschungsschwerpunkten, denen vielfach der Blick für die Folgen von
Überdiagnostik und -therapie fehlte. Angesichts der Ergebnisse der
Placeboforschung sei deutlich, dass gerade bei psychischen Erkrankungen
mit leichten bis mittleren Beeinträchtigungen nur ein kleiner Teil der
Patienten von einer Pharmakotherapie substanziell profitiere. Der
natürliche Verlauf, unterstützt durch Information und Beratung, sei für
manche dieser Patienten das Beste. Darüber hinaus brauche es für diese
Patientengruppe mehr Kurzzeittherapien, die von einer fortlaufenden
Diagnostik, psychotherapeutischen Kurzinterventionen und dem Prinzip des
beobachtenden Abwartens geprägt seien. Das hippokratische Prinzip des
„Primum non nocere“ („Zuerst einmal nicht schaden“) sollte hier in der
Versorgung stärker verankert werden.
Bei der vorletzten Überarbeitung des DSM (also von DSM 3 zu 4) hat man gerade mal 2 Diagnosen neu mit reingenommen: das war die Bipolat-II-Störung und das Asperger-Syndrom. Prof. Dr. Allan Frances, der das damals das Entwicklungskremium für das DSM-IV geleitet hat, sagte heute, dass er das später anhand der steigenden Verschreibungszahlen an Psychopharmaka bereut hat. Das finde ich eine blöde Begründung. Die Bipolar-II-Störung hat es doch trotzdem schon vorher gegeben, auch wenn man das Kind vielleicht anders genannt hat. Nur, weil man etwas nicht separat bezeichnet und aufführt heißt es doch nicht, dass es damit nicht existiert.
LG, Nüssli
PS: Die Textstellen stamen von der Seite der Bundes Psychotherapeuten Kammer
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Was tun nach dem Absturz?
Aufstehen. Krönchen richten. Würdevollen Schrittes weitergehen.
Aufstehen. Krönchen richten. Würdevollen Schrittes weitergehen.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Zaubernuss ()