Warum nennt man die Bipolare Störung auch eine „Stoffwechselstörung“?

Unser Gehirn besteht im Wesentlichen aus etwa einhundert Milliarden Nervenzellen, die miteinander in Verbindung stehen. Die von außen kommende Information (Wahrnehmungen über das Auge, Ohr, Haut etc.) werden von den Nervenzellen in die zuständigen Hirnregionen weitergeleitet und dort verarbeitet oder gespeichert.Die einzelnen Nervenzellen bestehen aus einem Zellkern und langen Verbindungsarmen (Axonen) zu anderen Nervenzellen. Am Ende der Verbindungsarme tritt die Nervenzelle mit anderen Nervenzellen über die Synapse in Kontakt. Zwischen dem Nervenende der einen und dem Zellkern der anderen Nervenzelle befindet sich ein kleiner Spalt, der sogenannte synaptische Spalt. Die Weiterleitung der Information erfolgt hier zum einen elektrisch, zum anderen chemisch.

An der Synapse kommt ein elektrischer Impuls an und setzt Botenstoffe (Neurotransmitter) frei. Die Information wird nun über die Botenstoffe chemisch weitergegeben. In der zweiten Nervenzelle werden die Botenstoffe durch Rezeptoren („Andockstellen) aufgenommen und es wird wieder ein elektrischer Impuls zur nächsten Nervenzelle weitergeleitet. Bei den bipolaren Erkrankungen sind einige dieser Botenstoffe im Ungleichgewicht. Man müsste also eher von einer Botenstoffwechselstörung sprechen.

Man hat Botenstoffe gefunden, die für das Denken und Fühlen zuständig sind. Das sind vor allem das Serotonin, das Noradrenalin und das Dopamin. Vereinfacht gesprochen, geht man in der Depression davon aus, dass zu wenig Botenstoffe, in der Manie zu viele Botenstoffe freigesetzt werden. Werden die Impulse durch zu wenig Botenstoffe schwächer, dann kommt es zum Beispiel zu Antriebslosigkeit und Müdigkeit, werden die Impulse durch zu viel Botenstoffe stärker, dann kommt es zum Beispiel zu Gedankenrasen und dem Gefühl, aufgedreht zu sein. Um so mehr chemische Botenstoffe übertragen werden, um so stärker wird der elektrische Impuls zur nächsten Nervenzelle und um so stärker die Symptome der Manie. Durch die Einnahme von Medikamenten wird der gestörte Nervenstoffwechsel wieder weitgehend normalisiert. Die Medikamente sorgen dafür, dass ein Überschuss bzw. ein Mangel an Botenstoffen wieder ausgeglichen wird. Dadurch können die Informationen wieder normal weitergeleitet werden. Man kann sich das so vorstellen, dass antimanisch wirkende Medikamente die Rezeptoren der Nachbarzelle blockieren, um einen Überschuss an Botenstoffen zu vermeiden.

Antidepressiv wirkende Medikamente verhindern, dass die Botenstoffe wieder in die erste Zelle zurückgenommen werden, um einem Mangel im synaptischen Spalt entgegenzuwirken. Bei einer Überdosierung kann es zu einem Switch kommen, d.h. zu einem Wechsel von einer depressiven zu einer manischen Phase. Bei einer Unterdosierung bekämpfen die Medikamente die Symptome nicht ausreichend. Wenn die Medikamente neben den zuständigen Rezeptoren auch noch weitere Rezeptoren blockieren, kann es zu Nebenwirkungen kommen. Diese klingen meist nach einer gewissen Gewöhnungszeit wieder ab.

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